Liebe Leserinnen und Leser, aus aktuellem Anlass, nach entsprechenden Anfragen und Beschwerden, halte ich die folgenden Erklärungen für wichtig. Gerade für die Leute, die ihre Rechte wahrnehmen.
Wer an unangemeldeten "Spaziergängen" oder an angemeldeten Demonstrationen auf öffentlichen Wegen und Plätzen anzutreffen ist, um seine Haltung gegen oder für Corona-Maßnahmen, Impfpflicht oder andere Vorgänge kundzutun, sollte schon zuvor darüber im Bilde sein, dass sie oder er hinterher in Zeitungen auf Fotos oder gefilmt in Medien erkennbar werden kann. Sehr wahrscheinlich ist es jedenfalls, dass zu solchen Ereignissen immer auch Journalistinnen und Journalisten erscheinen, um zu berichten - geht es doch mindestens um lokale Zeitgeschichte. Das sollten Teilnehmende wissen.
Rechte und ihre Wirksamkeit bei Demonstrationen
Ungehindertes Berichten von öffentlichen Vorgängen sichert die Pressefreiheit ohnehin. Aber speziell der Paragraph 23 des Urheberrechts an Werken der bildenden Künste und der Photographie (kurz KUG) gestattet danach auch das zur Schau stellen von Aufnahmen, die dort entstanden sind und den Vorgang darstellen. Diese Rechte sind schon dann wirksam, wenn eine gemeinsame Intention, ein Wille oder ein Ziel von Personen, egal wie viele, an ihrem Auftreten erkennbar wird. Es spielt dabei keine Rolle, ob eine vorherige Absprache der Teilnehmerinnen und Teilnehmer vorliegt oder nicht.
Führt jemand ein Transparent oder eine Tafel sichtbar mit, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, damit auf Fotos erkennbar zu erscheinen. Solche für ein Ereignis typischen Szenen ergänzen die Nachricht visuell. Sie werden deshalb von Redaktionen gerne verwendet. Das ist erlaubt. Persönlichkeitsrechte verletzen würde es, Personen individuell, ohne jeden Bezug zur Veranstaltung zu zeigen.
Corona-Schutzmasken sind bei Demos erlaubt
Einer Erkennbarkeit ist bei solchen Veranstaltungen nur schwer zu entgehen. Denn das sogenannte Vermummungsverbot untersagt, in einer Aufmachung an derartigen Veranstaltungen teilzunehmen, die geeignet und darauf gerichtet ist, die Feststellung der Identität zu verhindern. Geregelt wird dies im Versammlungsgesetz, genauer in Paragraph 17a. Erlaubt bleibt es selbstverständlich, die derzeit gebotenen Mund- und Nasenschutzmasken zu tragen.
Untersagt ist es natürlich auch, Pressevertreter bei ihrer Arbeit zu behindern, sodass ihnen Fotografieren oder Filmen unmöglich gemacht wird. Die Polizei muss ihnen dabei Schutz gewähren. Für Medien verboten bleibt aber die Nennung der Namen einzelner Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Anders sieht das bei bekannten Persönlichkeiten aus Politik und Gesellschaft aus - gerade solchen, die zum Thema der Demo schon zuvor öffentlich aufgetreten sind. Deren Identifizierung darf zum erklärten Teil der Veranstaltungsnachricht werden.
Diese Worte sollen erklären, aber keine demokratischen Freiheiten (etwa Grundgesetz Artikel 8) einschränken oder behindern. Im Gegenteil. Aber wer sich seine Freiheiten nimmt, für den ist es hilfreich, alle Rechte zu kennen, die ebenfalls eine Rolle spielen müssen. Diese gelten natürlich ebenso für jene, die dabei gegen geltende Gesetze verstoßen.
Anton Sahlender, Leseranwalt
Siehe auch Vereinigung der Medien-Ombudsleute e.V.
Dazu auch frühere Leseranwalt-Kolumnen:
2015: "Warum Polizeibeamte von der Redaktion unkenntlich gemacht wurden"
2016: "Menschen können auch mit verpixelten Gesichtern noch erkennbar bleiben"
2017: "Kenntlich und unkenntlich, unwissend und wissend"
2017: "Auch Unfall-Gaffer haben ein Recht am eigenen Bild"
2018: "Erkennbar bei öffentlicher Parteiveranstaltung"
2020: "Über einen Anspruch der Presse an die Polizei"