Warum Polizeibeamte von der Redaktion unkenntlich gemacht wurden
Ein
Foto mit zwei Polizisten in der Montagausgabe (1. Juni) der Zeitung löste in der vergangenen Woche in der Redaktion eine Diskussion aus. Sie führte aber auch zu Anfragen von Lesern. Die wunderten sich darüber, dass die Gesichter der beiden, die dem Polizei-Aufgebot angehörten, welches die Fans des FC Saarbrücken vor dem Relegationsspiel zur dritten Liga sicher zum Stadion der Kickers an den Dallenberg geleitete, verpixelt waren. Das heißt, sie waren unkenntlich gemacht.
Siehe auch: mainpost.de/8756524
Recht am eigenen Bild
Warum wurde das nicht auch mit den Gesichtern der Saarbrücker Fans gemacht, von denen ebenfalls viele in der Menge gut erkennbar sind, haen Leser gefragt. Das ist ein logischer Umkehrschluss aus der gesetzlichen Tatsache, dass Polizisten sich in gleicher Weise auf das Recht am eigenen Bild berufen können, wie andere Personen auch (§ 22 S. 1 KUG). Das bedeutet, auch Bilder von ihnen dürfen grundsätzlich nur mit ihrer Einwilligung veröffentlicht werden.
Die Ausnahmen
Wie immer, wenn Juristen von "grundsätzlich" sprechen, gibt es Ausnahmen. Fotos von Polizisten, die an Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen teilnehmen, dürfen nämlich ebenso veröffentlicht werden, wie die aller anderen Teilnehmer (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG). Und um einen ähnlichen Vorgang hat es sich bei der Begleitung der Fans zum Stadion gehandelt. Daraus lässt sich auch folgern: Die Bildberichterstattung über Polizeieinsätze auf Demonstrationen ist Teil der Kontrolle öffentlich-rechtlicher Machtausübung (vgl. Engels, in: Möhring/Nicolini, 3. Aufl.). Sie darf der Öffentlichkeit nicht verborgen bleiben.
Zeitgeschichtliches Ereignis
Außerdem ist die Begleitung der Saarbrücker Anhänger zum Stadion durch die Polizei zumindest als bedeutendes lokales zeitgeschichtliches Ereignis in Würzburg einzuordnen (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG). Und daran besteht gesteigertes öffentliches Interesse. Auch das rechtfertigt die Veröffentlichung des Bildes mit erkennbaren Gesichtern. Umso mehr, weil die Polizisten nicht Mittelpunkt, sondern bestenfalls Personen am Rande darstellen.
Es geht um den richtigen Umgang
Da fragen sich Leser zurecht, warum hat dann die Redaktion die Gesichter der Polizeibeamten unkenntlich gemacht? - Meine Erklärung dazu: Redaktionen führen in solchen Fällen meist ethische Diskussionen. Sie überlegen sich, wie die Rechtsprechung korrekt auszulegen ist. Und weil die Entscheidung am Sonntag gefallen ist, gab es keine Möglichkeit zur ausführlichen Beratung. Also hat man es für besser gehalten, die Identität der Beamten durch Verpixeln zu schützen. Zumal sie auch nicht um ihre Einwilligung zur Veröffentlichung gefragt werden konnten.
Erfüllung hoheitlicher Aufgaben
Aber auch diese sonntägliche Entscheidung lässt sich begründen: Polizisten nehmen nicht aus eigenem Antrieb an dem Marsch der Fans teil, sondern in Erfüllung hoheitlicher Aufgaben. Sie sind also zur Herstellung von Sicherheit abgeordnet worden. Das unterscheidet sie von den Fans, die freiwillig in der medialen Öffentlichkeit erschienen sind. Deshalb entschlossen sich die verantwortlichen Redakteure, die Gesichter der Beamten zu verpixeln. Das war eine faire Entscheidung, die meine Sympathie findet. Sie ist umso verständlicher, weil sich auch nicht alle Juristen in diesem Zusammenhang so richtig einig sind.
Verpixelung war unnötig
Fest steht für die Redaktion der Main-Post, nachdem Juristen aus der Berliner Medienrechts-Kanzlei Weberling das erschienene Foto im beurteilt haben: Es besteht auf Basis der aktuellen Rechtsprechung bei einem solchen Sicherheits-Einsatz keine Notwendigkeit die Identität der Polizisten zu verbergen. Anders wäre das bei einem SEK-Einsatz. Dabei sind die Polizisten vor Enttarnung zu schützen. Das heißt, sie dürfen auf veröffentlichten Bildern nicht erkennbar sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 2012, Az.: 6 C 12/11 zu der Veröffentlichung von Aufnahmen eines SEK-Einsatzes).
Entscheidung der Redaktion
Noch etwas ist in diesem Zusammenhang wichtig: Am Fotografieren dürfen Journalisten durch die Polizei nicht gehindert werden. Einen solchen unzulässigen Versuch meldete ein Bildberichter, der ebenfalls bei dem entscheidenden Fußballspiel im Einsatz gewesen ist. Die Freiheit der Medien gilt auch für ungehindertes Sammeln von Informationen. Die Entscheidung über deren Veröffentlichung treffen die Redaktionen. Sie stehen in ihrer Verantwortung vor dem Gesetz dafür gerade. Das darf ihr die Polizei nicht abnehmen. Versucht sie das durch Fotografier-Verbot, kommt einer nicht erlaubten Vorzensur gleich.
Grundsätzlich liegt es innerhalb der gesetzlichen Regelungen alleine in der Verantwortung der Redaktionen, ob sie Polizisten erkennbar machen oder nicht. Wichtig ist, dass sie ihre Entscheidung im Einzelfall auch gegenüber Lesern nachvollziehbar begründen können.
Zustimmung bei Dienstausübung
Der Ordnung halber ist hinzuzufügen: Polizisten können alleine durch Dienstausübung nicht zu Personen der Zeitgeschichte werden (i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG - vgl. OLG Celle, Urteil vom 25. August 2010, Az.: 31 Ss 30/10). Daraus lässt sich ableiten, dass Beamte bei Radarkontrollen oder Ausstellung von Verwarnungen für Falschparker, vor der Veröffentlichung ihrer Bilder um Zustimmung gefragt werden sollten.
Anton Sahlender, Leseranwalt,
unterstützt durch Rechtshinweise der Medienrechtkanzlei Weberling, RA Nieschalk
Siehe auch: mainpost.de/8756524
Recht am eigenen Bild
Warum wurde das nicht auch mit den Gesichtern der Saarbrücker Fans gemacht, von denen ebenfalls viele in der Menge gut erkennbar sind, haen Leser gefragt. Das ist ein logischer Umkehrschluss aus der gesetzlichen Tatsache, dass Polizisten sich in gleicher Weise auf das Recht am eigenen Bild berufen können, wie andere Personen auch (§ 22 S. 1 KUG). Das bedeutet, auch Bilder von ihnen dürfen grundsätzlich nur mit ihrer Einwilligung veröffentlicht werden.
Die Ausnahmen
Wie immer, wenn Juristen von "grundsätzlich" sprechen, gibt es Ausnahmen. Fotos von Polizisten, die an Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen teilnehmen, dürfen nämlich ebenso veröffentlicht werden, wie die aller anderen Teilnehmer (§ 23 Abs. 1 Nr. 3 KUG). Und um einen ähnlichen Vorgang hat es sich bei der Begleitung der Fans zum Stadion gehandelt. Daraus lässt sich auch folgern: Die Bildberichterstattung über Polizeieinsätze auf Demonstrationen ist Teil der Kontrolle öffentlich-rechtlicher Machtausübung (vgl. Engels, in: Möhring/Nicolini, 3. Aufl.). Sie darf der Öffentlichkeit nicht verborgen bleiben.
Zeitgeschichtliches Ereignis
Außerdem ist die Begleitung der Saarbrücker Anhänger zum Stadion durch die Polizei zumindest als bedeutendes lokales zeitgeschichtliches Ereignis in Würzburg einzuordnen (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG). Und daran besteht gesteigertes öffentliches Interesse. Auch das rechtfertigt die Veröffentlichung des Bildes mit erkennbaren Gesichtern. Umso mehr, weil die Polizisten nicht Mittelpunkt, sondern bestenfalls Personen am Rande darstellen.
Es geht um den richtigen Umgang
Da fragen sich Leser zurecht, warum hat dann die Redaktion die Gesichter der Polizeibeamten unkenntlich gemacht? - Meine Erklärung dazu: Redaktionen führen in solchen Fällen meist ethische Diskussionen. Sie überlegen sich, wie die Rechtsprechung korrekt auszulegen ist. Und weil die Entscheidung am Sonntag gefallen ist, gab es keine Möglichkeit zur ausführlichen Beratung. Also hat man es für besser gehalten, die Identität der Beamten durch Verpixeln zu schützen. Zumal sie auch nicht um ihre Einwilligung zur Veröffentlichung gefragt werden konnten.
Erfüllung hoheitlicher Aufgaben
Aber auch diese sonntägliche Entscheidung lässt sich begründen: Polizisten nehmen nicht aus eigenem Antrieb an dem Marsch der Fans teil, sondern in Erfüllung hoheitlicher Aufgaben. Sie sind also zur Herstellung von Sicherheit abgeordnet worden. Das unterscheidet sie von den Fans, die freiwillig in der medialen Öffentlichkeit erschienen sind. Deshalb entschlossen sich die verantwortlichen Redakteure, die Gesichter der Beamten zu verpixeln. Das war eine faire Entscheidung, die meine Sympathie findet. Sie ist umso verständlicher, weil sich auch nicht alle Juristen in diesem Zusammenhang so richtig einig sind.
Verpixelung war unnötig
Fest steht für die Redaktion der Main-Post, nachdem Juristen aus der Berliner Medienrechts-Kanzlei Weberling das erschienene Foto im beurteilt haben: Es besteht auf Basis der aktuellen Rechtsprechung bei einem solchen Sicherheits-Einsatz keine Notwendigkeit die Identität der Polizisten zu verbergen. Anders wäre das bei einem SEK-Einsatz. Dabei sind die Polizisten vor Enttarnung zu schützen. Das heißt, sie dürfen auf veröffentlichten Bildern nicht erkennbar sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. März 2012, Az.: 6 C 12/11 zu der Veröffentlichung von Aufnahmen eines SEK-Einsatzes).
Entscheidung der Redaktion
Noch etwas ist in diesem Zusammenhang wichtig: Am Fotografieren dürfen Journalisten durch die Polizei nicht gehindert werden. Einen solchen unzulässigen Versuch meldete ein Bildberichter, der ebenfalls bei dem entscheidenden Fußballspiel im Einsatz gewesen ist. Die Freiheit der Medien gilt auch für ungehindertes Sammeln von Informationen. Die Entscheidung über deren Veröffentlichung treffen die Redaktionen. Sie stehen in ihrer Verantwortung vor dem Gesetz dafür gerade. Das darf ihr die Polizei nicht abnehmen. Versucht sie das durch Fotografier-Verbot, kommt einer nicht erlaubten Vorzensur gleich.
Grundsätzlich liegt es innerhalb der gesetzlichen Regelungen alleine in der Verantwortung der Redaktionen, ob sie Polizisten erkennbar machen oder nicht. Wichtig ist, dass sie ihre Entscheidung im Einzelfall auch gegenüber Lesern nachvollziehbar begründen können.
Zustimmung bei Dienstausübung
Der Ordnung halber ist hinzuzufügen: Polizisten können alleine durch Dienstausübung nicht zu Personen der Zeitgeschichte werden (i.S.d. § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG - vgl. OLG Celle, Urteil vom 25. August 2010, Az.: 31 Ss 30/10). Daraus lässt sich ableiten, dass Beamte bei Radarkontrollen oder Ausstellung von Verwarnungen für Falschparker, vor der Veröffentlichung ihrer Bilder um Zustimmung gefragt werden sollten.
Anton Sahlender, Leseranwalt,
unterstützt durch Rechtshinweise der Medienrechtkanzlei Weberling, RA Nieschalk
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