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Würzburg
Samstagsbrief: Herr Konrad, warum nur läuft beim Würzburger Nautiland denn so viel schief?
Fliesen, die von der Schwimmbad-Wand fallen, abgetauchte Dienstleister, mangelnde Barrierefreiheit: Unsere Autorin hat viele Fragen an den Geschäftsführer der Würzburger Bäder GmbH.
Zuständig fürs Würzburger Nautiland und die Probleme des teuren neuen Bades: Robert Konrad, Geschäftsführer der WVV-Tochter Würzburger Bäder GmbH, der WVV-Tochter. 
Foto: Silvia Gralla | Zuständig fürs Würzburger Nautiland und die Probleme des teuren neuen Bades: Robert Konrad, Geschäftsführer der WVV-Tochter Würzburger Bäder GmbH, der WVV-Tochter. 
Lara Meißner
 |  aktualisiert: 08.02.2024 12:40 Uhr

Sehr geehrter Herr Konrad,

wissen Sie, worauf ich mich so richtig gefreut habe? Auf den Moment, in dem ich endlich wieder im handwarmen Wasser im Außenbecken dümpeln kann. Ich bin eine leidenschaftliche Schwimmbadgängerin: auf der Sprudel-Liege den Gedanken nachhängen, mit Blick auf die aufziehende Abenddämmerung - perfekt!

Doch wenn ich jetzt endlich wieder im Wasser liege, habe ich gemischte Gefühle. Warum, um Himmels Willen, lief so viel schief bei diesem eigentlich so schönen Schwimmbad in Würzburg? Können Sie als Geschäftsführer der Würzburger Bäder GmbH (WBG), einer hundertprozentigen Tochter der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV), mir das sagen?

Dabei ging's gut los: Ende 2019 öffnete das Nautiland nach Rekord-Bauzeit. Zwei Jahre - wow! Sagen Sie das mal am Mainfranken Theater! Die Badegäste waren begeistert. Dann kam Covid: Lockdowns, Maskenpflicht, Saunaverbot - Sie kennen die Leier. So "richtig offen" war das Nautiland jedenfalls erst nach dem zweiten Pandemiewinter. Und prompt krachten am 1. April 2022 die Fliesen von der Wand.

Sie haben mir erzählt, dass Sie erst dachten, man schicke Sie in den April, als Sie davon erfuhren. Für mich hörte sich auch das, was dann kam, nach einem schlechten Scherz an.

Zunächst schaute Ihre interne Bauabteilung den Schaden an - aber nicht die 80 Meter lange Wand direkt daneben, an der die gleichen Fliesen klebten. Erst ein externer Gutachter schlug später Alarm: Nicht nur an der Stirnseite der Schwimmhalle, sondern auch an der Längsseite waren fast alle Fliesen locker. Tagelang liefen Badegäste dort entlang, während daneben hinter einer Absperrung immer mehr Fliesen runterkrachten. Hätten sich auch hier die Fliesen jederzeit lösen können? Warum haben Ihre Leute nicht alle Wände angeschaut?

Zweites Gutachten nötig: Ermittlung der Schadensursache verschleppt

Dann das Hick-Hack um die Gutachten: Das für die eine Wand war schnell erstellt. Die genaue Schadensursache konnten Sie aber nicht nennen: "Kann ich aus den 35 Seiten nicht rauslesen", haben Sie mir gesagt. Wirklich? Auch keiner der 1500 WVV-Angestellten war dazu im Stande? Ein dringend benötigtes zweites Gutachten für die Längswand wurde monatelang gar nicht erst beauftragt. Warum?

Auch bei der Gewährleistungsüberwachung gab es Probleme: Über Monate ging nichts voran - weil der Zuständige beim externen Dienstleister laut Ihrer Aussage krank war. Ich verstehe das nicht: Ein 34-Milionen-Schwimmbad als Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, in dem Kinder das Schwimmen lernen könnten, fängt nach drei Jahren an zu bröckeln - und der Reparaturstart hängt monatelang an einer externen Person? Planung, Projektsteuerung, Überwachung - alles lief über Externe. Wurde zu viel Verantwortung nach außen gegeben?

Im August brachten Sie endlich alle an einen Tisch - besser: an den Beckenrand. Man war sich einig, eine Schließung von zwei, maximal drei Wochen würde für die Reparatur reichen. Und dann? Sagt der Fliesenleger sechs Tage vor Termin ab. Kurz darauf steht ein neuer Termin. Bloß: Statt zwei, drei Wochen werden auf einmal acht veranschlagt. Der Schaden sei doch größer als erwartet, der Putz müsse auch noch ab. Warum wurde das erst da klar?

Das neue Bad: Ein "inklusives Projekt" ohne Barrierefreiheit

Und jetzt? Kurz vor Wiedereröffnung kam raus, dass es an der Barrierefreiheit krankt: fehlende Behindertenparkplätze, hohe Bodenschwellen, keine Orientierungshilfe für Sehbehinderte und ein Duschrollstuhl, den sich das Nautiland im Sommer mit dem Dallenbergbad teilen muss. Und die Liste geht weiter. Dabei war einst der Plan, ein "inklusives Leuchtturmprojekt" zu bauen.

Gab es niemanden bei Ihnen im Haus, der tief genug in der Materie war, um an entscheidenden Stellen gegenzusteuern? Behindertenvertreter sind sich einig: Man hat die Menschen, um die es geht, viel zu spät mit ins Boot geholt - nämlich als das Bad schon fertig gebaut war.

Warum? Dazu habe ich bei Ihrem Mutterkonzern WVV nachgefragt. Die Antwort: "Von den Beteiligten im Zeitraum des Baus ist leider keiner mehr im Unternehmen beschäftigt, sodass wir diese Fragen nicht beantworten können." Mit Verlaub, das liest sich wie eine Ausrede. Haben Sie keine Protokolle, um nachzuvollziehen, was ehemalige Mitarbeiter entschieden haben?

Sie selbst haben den WBG-Geschäftsführerposten auch erst kurz nach der Eröffnung von Jürgen Athmer übernommen. Haben Sie das einmal bereut?

Es sind viele Fragen offen, Herr Konrad. Und dabei will ich - wie so viele andere Würzburgerinnen und Würzburger - doch einfach nur ein bisschen im warmen Wasser dümpeln. Denn eigentlich kann das ziemlich perfekt sein.

Mit freundlichen Grüßen,

Lara Meißner, Redakteurin

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  • M. H.
    Ein neues Bad zu bauen, bei dem die grundlegenden Merkmale für Behindertenfreundlichkeit fehlen, zeigt meiner Meinung nach ein deutliches Desinteresse der / des Verantwortlichen an dieser Bevölkerungsgruppe. Gestützt wird diese Einschätzung durch die geradezu absurde Äußerung, es gebe zwar einen Duschrollstuhl, aber der sei gerade in einem anderen Bad.
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  • J. B.
    Das ist leider symptomatisch für Herrn Konrad.
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  • H. S.
    Typisch Würzburg,
    Keiner verantwortlich weil alles in fremde Hände vergeben wurde,
    Keiner hat was falsch gemacht (weil vermutlich keiner etwas gemacht hat)
    Keiner kann sich erinnern, weil alle weg sind.
    Keine Unterlagen, aus denen man was erfahren könnte.

    Aber immer neue Ideen und unbezahlbare Pläne.
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  • A. H.
    Ich empfehle TV Mainfranken Mediathek - Interview mit u.a. Herrn Konrad vom 04.11.22 (nach ca. 11 min). Dabei äußert Herr Konrad, dass man durch angespasste Fahrweise im Heizkraftwerk seit 8 bis 10 Wochen nunmehr 20% Gas einspare, was ca. 200 Mio. kWH p.a. entspricht. Wenn man das aufmerksam hört, bedeutet dies doch, dass wir als Verbraucher in den vergangenen Jahren 20% zu viel bezahlt haben, da hier jemand seinen Aufgaben nicht nachgekommen ist. Die Nachlässigkeit im Nautiland scheint also kein Einzelfall zu sein.
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  • H. E.
    Ein Samstagsbrief für die Tonne! So interessant wie es Sack Reis in China!
    Ok - außer man ist Würzburger oder Würzburgerin die da regelmäßig rein wollen.
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  • D. H.
    Liebe Frau Meißner,
    gehen Sie doch bitte einfach ins Bad und genießen Sie Ihren Aufenthalt.
    Das öffentliche Bashing des geschädigten Bauherren braucht keiner.
    In anderen Fällen von Baumängeln streiten sich Gutachter der Versicherungen von Planern, Handwerkern und Lieferanten jahrelang und der Bauherr ist der Dumme. Hier ist das Bad trotz weiterer Querelen mit dem Fliesenleger innerhalb vergleichsweise kurzer Zeit wieder offen.

    Vielleicht hängen Sie diesem Gedanken einmal auf der Sprudelliege nach.

    Grüße
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  • A. M.
    Danke für diesen Samstagsbrief! Bin genau Ihrer Meinung, Frau Meißner. Ergänzen möchte ich noch die vergebene Chance, bei einem Neubau die Produktion erneuerbarer Energien zu berücksichtigen. So, wie es sich für jeden öffentlichen Neubau/Sanierung gehören soll(te).
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