Schwimmen hat für Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen eine besondere Bedeutung, da es zu den wenigen Sportarten zählt, die sie auch ohne Hilfsmittel ausüben können. Bisher bekamen behinderte Menschen im Würzburger Dallenbergbad einen Rabatt: Statt regulär 75 Euro für eine 30er-Karte zahlten sie mit dem Schwerbehindertenausweis (ab 50 Prozent) nur 45 Euro. Das ist jetzt passé. Denn: Seit 13. Mai, dem diesjährigen Eröffnungstermin des Freibades, ist der Rabatt für behinderte Menschen gestrichen.
Verärgert haben sich mehrere beeinträchtigte und nicht beeinträchtigte Menschen deshalb an diese Redaktion gewandt, um ihr Unverständnis über diese Aktion auszudrücken. "Ich ärgere mich sehr darüber, dass der Rabatt so still und leise gestrichen wurde und nach außen kommuniziert wird, dass die Preise gleich geblieben sind. Das stimmt eben nicht", sagt eine 66-jährige Rentnerin aus Würzburg.
Sie ist selbst körperbehindert und kommt schon seit vielen Jahren in den Sommermonaten "ins Dalle" zum Schwimmen. Vor allem das Frühschwimmen, "das jetzt auch weggefallen ist", habe sie immer gerne genutzt. Morgens um halb 7 sei das Bad zu ihrer zweiten Heimat geworden. Nun soll die Seniorin ins Nautiland ausweichen, auch dort gibt es keine Ermäßigung für Behinderte. "Das Außenbecken ist im Vergleich zum Dallenbergbad winzig und immer sehr überfüllt. Da habe ich regelrecht Angst, dass jemand an mein Knie knallt."
Weiterhin Ermäßigungen in anderen Freibädern der Region Würzburg
In anderen Bädern der Region Würzburg, berichtet die 66-Jährige, wie beispielsweise dem Würzburger Adami-Bad, dem Ochsenfurter Schwimmbad oder dem Geisbergbad in Veitshöchheim, würden weiterhin Rabatte angeboten. "Als behinderter Mensch bekommt man doch in vielen Einrichtungen Ermäßigungen. Warum wird so etwas zurückgenommen, wenn es doch schon mehrere Jahrzehnte lang bestand?"
Lediglich die beeinträchtigte Person, der laut Ausweis eine Begleitperson (B) zusteht, könne diese kostenfrei ins Schwimmbad mitnehmen, so besagt es die neue Regelung der WVV. Unverständlich für die 66-Jährige, "da es einfach so viele Menschen gibt, die zwar beeinträchtigt sind, aber bei denen keine Begleitperson eingetragen ist".
Auch die Würzburgerin Edeltraud Ziegler geht seit 40 Jahren ins Dallenbergbad zum Schwimmen, "seit 30 Jahren mit einem Schwerbehindertenausweis 50 Prozent". "Ich finde es eine Unverschämtheit, was da gemacht wurde, dabei ist doch gerade das Schwimmen besonders gut für die Muskulatur", sagt sie und zählt weiterhin auf, dass neuerdings auch Kinder unter sechs Jahren im Dallenbergbad einen Euro Eintritt zahlen müssen. Das Preissystem sei so ausgerichtet, dass vor allem behinderte Menschen und Familien mit kleinen Kindern darunter zu leiden hätten.
Das findet auch der Würzburger Martin Fenske: "Fürs Mainfranken Theater werden Millionen ausgegeben, während der Rabatt für behinderte Menschen im Dallenbergbad gestrichen wird. Was ist das für ein Zeichen?" Seit seiner Jugend gehe er zum Schwimmen ins "Dalle", die vergangenen Jahre habe er gerne das Frühschwimmen genutzt. Seine Enttäuschung ist groß: "Irgendwo hört es auch mal auf."
Auf Nachfrage der Redaktion bei der Würzburger Versorgungs- und Verkehrs-GmbH (WVV), die sowohl das Dallenbergbad als auch das Nautiland betreibt (sowie das gerade für die Öffentlichkeit geschlossene Sandermare), heißt es, dass es Ziel gewesen sei, mit der Eröffnung des Nautilands im November 2019 "die Eintrittspreise der Würzburger Bäder GmbH zu harmonisieren". Dieses Vorhaben sei in den vergangenen zwei Jahren aufgrund der Corona-Pandemie nicht umgesetzt worden. "Die Vereinheitlichung der Preise ist auch eine Vorbereitung auf eine Automatisierung der Eintrittssituation."
Diese sei mit Beginn der Freibadsaison am 13. Mai durchgeführt worden, heißt es weiter aus der Pressestelle der WVV. Aktuell bekämen Kinder und Jugendliche vom 6. bis zum vollendeten 15. Lebensjahr, Schüler, Studierende und Auszubildende Rabatt im Dallenbergbad. Weitere Ermäßigungen seien über die Mehrfachkarten und Komfortkarten möglich.
Was den Wegfall des Frühschwimmens angeht, heißt es von Seiten der WVV: "Wie wir schon mehrmals mitgeteilt haben, hat die Würzburger Bäder GmbH genauso wie alle anderen Bäder extremen Personalmangel. Es fehlen derzeit vier Fachangestellte für Bäderbetriebe, vier Rettungsschwimmer und fünf Saunakräfte." Insofern sei ein Frühschwimmen nicht möglich. "Falls sich die Personalsituation in kürzester Zeit nicht grundlegend ändert, müssen wir uns eine weitere Reduzierung der Öffnungszeiten vorbehalten."
Schwimmsport ist für Menschen mit Beeinträchtigungen wichtig
Das hoffen die begeisterten Schwimmer und Schwimmerinnen nicht. Und auch der Vorsitzende der Würzburger Lebenshilfe, Wolfgang Trosbach, hält die Wichtigkeit des Schwimmsports für die beeinträchtigten Menschen hoch: Zum Beispiel seien unter den kognitiv eingeschränkten Menschen überproportional viele mit Übergewicht, "gerade da ist Schwimmen eine zentrale Sportart, weil das Körpergewicht vom Wasser getragen wird".
Trosbach sieht die Ermäßigung als einen wichtigen Bestandteil der Teilhabe und Inklusion an. Gerade viele geistig beeinträchtigte Menschen, erklärt er, seien Empfänger der Grundsicherung, weil mit ihrem Lohn der Lebensunterhalt oft nicht ganz bestritten werden könne. Da sei ein regelmäßiger Schwimmbadbesuch nicht bezahlbar. "Ich verstehe nicht, dass es einem Bad, das zur Stadt gehört, nicht gelingt, über die entsprechenden Rechtsverhältnisse die Ermäßigung weiter anzubieten", sagt der Vorsitzende der Lebenshilfe. Zumal es doch um einen überschaubaren Personenkreis gehe.
Diskussion über Eintrittspreise ist auch im Stadtrat angekommen
Auch im Würzburger Stadtrat ist die Diskussion angekommen. Neben dem Unmut über die Öffnungszeiten und die Kosten für Kleinkinder ärgern sich Linken-Stadträtin Barbara Meyer und SPD-Stadtrat Udo Feldinger über den Wegfall des Rabatts für Behinderte und auch für Renter. "Gerade in diesen Zeiten sozialer Einschnitte, in denen zum Beispiel beim Energie-Entlastungspaket RentnerInnen leer ausgehen, gilt es doch auf möglichst vielen Ebenen Teilhabe möglich zu machen", formuliert Meyer in einer Stellungnahme an die WVV. Und Feldinger fragt sich, warum zum Beispiel im Freibad Rosenau in Fulda dieses Jahr ein Frühschwimmen eingeführt wird, "und es bei uns leider wegfällt".
Der Frage, wie man wieder mehr Besucherinnen und Besucher für das Dallenbergbad begeistern könne und von den Mainwiesen "herüber" hole, müsse man sich kritisch stellen, so Barbara Meyer weiter in ihrer Stellungnahme. Sie zitiert außerdem aus dem Vorwort des deutschen Städte- und Gemeindebundes: "Über 80 Prozent der Bevölkerung halten Schwimmbäder für unverzichtbar. Schwimmen ist nach Radfahren und Laufen die beliebteste Sportart." Vor diesem Hintergrund müsse dem Erhalt der vielfältigen Bäderkultur in Deutschland dringend mehr Aufmerksamkeit zuteil werden. "Es wäre die Frage, wo die größeren Verluste auf Dauer entstehen – über schwindende Gäste – oder bessere Preisgestaltung."
Um welchen Betrag geht es da eigentlich, der den behinderten Mitmenschen durch die Ermäßigung (RICHTIGERWEISE) zugedacht wird bzw. der der WVV als Einnahme VIELLEICHT verloren geht? Mainpost bitte recherchieren! Es könnte ja durchaus auch so sein, dass ein großer Teil der behinderten Badegäste nun gar nicht mehr kommt bzw. kommen kann und somit durch den Wegfall der Ermäßigung diese Einnahmen ganz wegfallen.
Da werden über 100 Millionen ausgegeben ohne mit der Wimper zu zucken (ja ja, viel davon vom Freistaat gefördert, ist aber trotzdem Steuergeld) für einige wenige.
Auf der anderen Seite kriegt die überschaubare Gruppe der Behinderten nun ihren Rabatt fürs Schwimmbad gestrichen? Habt Ihr in der Verwaltung überhaupt keinen Anstand mehr? Am besten auch die Behindertenparkplätze kostenpflichtig machen...
...mit solchen ironischen Ideen: "Behindertenparkplätze kostenpflichtig machen..." 😉
Es könnten Einnahmen-Sucher in der Verwaltung dies als Guten Vorschlag aufgreifen...
WVV und der Stadt Würzburg .
Man muss ja mit keinem mehr reden und der brave Bürger schluckt sowieso alles.
Das wird sich irgendwann bitterlich rächen , weil auch diese Verantwortlichen mal älter werden und dann sehen und spüren wie sie auch selber mit anderen Menschen umgegangen
sind.