Was für ein Fest eine Woche vor dem Fest: "Wir wollen Euch kämpfen sehen", skandierten die 150 aus dem Rheinland angereisten Anhänger schon Mitte des zweiten Viertels. Dabei war ihren Lieblingen das Bemühen gar nicht abzusprechen – sie hatten halt nur einfach nicht die geringste Chance gegen ihren unterfränkischen Namensvetter. "Die Angelegenheit war eigentlich schon nach sechs, sieben Minuten beendet", sagte Roel Moors, der sicher schon freudigere Geburtstage als seinen 45. am Samstag feierte, hernach: "Wir waren heute defensiv nicht wirklich anwesend." Das freilich ist nur die halbe Wahrheit dieses erstaunlichen Abends, den Basketball-Bundesligist Würzburg Baskets für sich zu einem Feier-Abend machte.
Mit 97:78 (46:27) deklassierten die unterfränkischen Baskets den deutschen Vizemeister und aktuellen Champions-League-Sieger Telekom Baskets Bonn, bei dem der ehemalige Würzburger Florian Koch sich nach einer Rücken-Operation wieder an die Mannschaft heranarbeitet und auf ein Comeback im Januar hofft. Bonns Anhang sang kurz vor dem Sprungball noch "Happy Birthday to you" für den Trainer. Als die Mannschaft dann nach Ertönen der Schlusssirene in die Kabine schlich, sangen sie nicht mehr wirklich, sie schrien, ziemlich erzürnt: "Wir wollen Euch kämpfen sehen."
Erstmals in dieser Spielzeit war die tectake Arena mal wieder rappelvoll und ausverkauft, und nicht nur aufgrund der langjährigen Freundschaft der Anhänger der rheinischen Baskets und der unterfränkischen war die Atmosphäre auch schon lange vor dem Sprungball außergewöhnlich stimmungsvoll. Was die 3140 Obolus zahlenden Augen- und Ohrenzeugen dann geboten bekamen, war, ja, man darf es ungestraft so behaupten, vielleicht muss man es sogar: ein richtiges Basketball-Fest. Zumindest die Gastgeber durften das so empfinden, die Gäste reisten logischerweise eher mit einem ordentlichen Stimmungskater wieder nach Hause.
Die vermutlich beste Saisonleistung
"Wir müssen jetzt natürlich auf dem Boden bleiben und hart weiterarbeiten", sagte Würzburgs Cheftrainer Sasa Filipovski, der freilich vollends "happy" war über diesen Sieg. Den hatten sich seine Mannen nicht nur erarbeitet, wie manchen Erfolg in dieser Runde, sondern mit der vielleicht besten Saisonleistung vor allem herausgespielt. Was für ungläubiges Augenreiben bei den allermeisten der Ohrenzeugen sorgen durfte. Fundament für den unerwartbar hohen Sieg war einmal mehr die giftige Defensive – aber diesmal fanden die Unterfranken schnell auch in der Offensive ihren Rhythmus und trafen hochprozentig: Sie legten los, als gäbe es kein Morgen. Nach gerade einmal gut vier Minuten führten sie erstmals zweistellig (13:3).
Die Bonner, die üblicherweise harte Gegenwehr nicht mögen, vor allem von ihrer Offensivstärke leben und in dieser Runde im Schnitt gut 89 Punkte pro Spiel machten, fanden keinerlei Rhythmus und bissen sich an der Würzburger Verteidigung über die gesamte Spielzeit die Zähne aus. So gelang es den Gastgebern, die einen 13:0-Lauf zum 16:3 hingelegt hatten, relativ einfach und hübsch anzusehen, die Führung kontinuierlich auszubauen.
Mit 19 Zählern Vorsprung gingen die Würzburger in die Halbzeit, und es schallte von der Tribüne: "Bonner geben niemals auf." Womöglich mag das ja sogar stimmen – aber es half den Rheinländern an diesem Abend auch nicht weiter, so sehr sie sich auch mühten. Vor allem, weil die Unterfranken gar nicht daran dachten, den Fuß vom Gaspedal zu nehmen und hochkonzentriert ihrem Abendwerk nachgingen. Im Stile einer Spitzenmannschaft demontierten die Würzburger den Vizemeister mit zunehmender Spieldauer immer mehr, näher als auf 14 Zähler ließen sie die Gäste nicht mehr herankommen, erhöhten im Schlussabschnitt ihre Führung zwischenzeitlich sogar mehrfach auf 25 Punkte und schaukelten die Partie völlig souverän nach Hause.
Sechs Würzburger trafen zweistellig
Moors bezeichnete den Auftritt seiner Mannen hernach als "absolut inakzeptabel" und bat die 150 angereisten Fans um Entschuldigung – aber im Grunde schmälert diese Aussage eine beeindruckende Vorstellung der Hausherren, wohl die beste in dieser Runde. Gleich sechs Würzburger Akteure trafen zweistellig, die Gastgeber verteilten 20 Vorlagen und profitierten diesmal nicht nur von ihrer hervorragenden Verteidigung, sondern auch von außergewöhnlich guten Wurfquoten.
Nach dem sechsten Sieg im zehnten Spiel können die Würzburger nächsten Samstag ziemlich gelassen zum Schlusslicht nach Crailsheim fahren (Sprungball ist um 20 Uhr). Das Fest begehen sie dann in jedem Fall mit einer positiven Bilanz, ehe am Mittwoch nach Weihnachten (27. Dezember, 20 Uhr) das Frankenderby in Bamberg ansteht und zwei Tage später der Jahresabschluss gegen Oldenburg (29. Dezember, 18.30 Uhr). Mit einer wie gegen Bonn gezeigten Leistung sind die Baskets jedenfalls ein ernstzunehmender Kandidat, um die Play-offs auch direkt zu erreichen – dazu müssten sie am Ende mindestens auf Rang sechs landen. Utopisch erscheint dies gerade nicht. Und was für ein Fest wäre das dann?