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Basketball: Bundesliga
Baskets: Wann Florian Koch Pipi in den Augen steht
Warum nur noch ein Sieg? Der Fan-Liebling von s.Oliver Würzburg spricht vor dem Endspurt über die wechselhafte Saison, seine neue Rolle und besonders emotionale Momente.
Momente, in denen Pipi in den Augen steht: Florian Koch nach dem verlorenen Europapokalfinale gegen Sassari vor dem Fanblock der Baskets.
Foto: Heiko Becker | Momente, in denen Pipi in den Augen steht: Florian Koch nach dem verlorenen Europapokalfinale gegen Sassari vor dem Fanblock der Baskets.
Thomas Brandstetter
 |  aktualisiert: 14.02.2024 01:53 Uhr

Mit einem Sieg beim Zehnten Braunschweig (zwölf Saisonsiege) kann Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg (neun Erfolge) am Donnerstag (19 Uhr) auch die letzten theoretischen Zweifel am Klassenerhalt beerdigen. Ein Gespräch mit Fan-Liebling Florian Koch (29) über die wechselhafte Saison und seine veränderte Rolle, über besonders emotionale Momente in der Domstadt und seine Hühner.

Frage: Auch auf die Gefahr hin, dass man Menschen, die neben korrektem Schulenglisch auch ein bisschen amerikanische Umgangssprache kennen, etwas verwirren könnte, wenn man dies einen liierten Mann fragt – lassen Sie es uns dennoch wagen: Wie geht's Ihren Chicks?

Florian Koch (lacht herzlich): Meine acht Chicks lieben mich und meine Freundin. Sie sind alle eingesperrt im Käfig. Trotzdem: Alles entspannt bei denen. Es ist ja gerade Stallpflicht in Würzburg. Also warten wir alle darauf, dass die wieder aufgehoben wird.

Gell für die Hühner gelten auch die aktuellen Inzidenzwerte?

Koch: Ja, klar! Aber nicht die Corona-Inzidenzwerte, sondern die für die Vogelgrippe.

Apropos: Diese Saison war bisweilen vogelwild, und Sie können im Grunde ziemlich sinnbildlich stehen für den Auftritt der Mannschaft, abgesehen davon, dass Sie sich nicht verletzt haben . . .

Koch: Wieso?

Na ja, ein ziemlich holpriger Start in die Runde, dann ein ordentliches Auf und Ab, gefolgt von einem Tief und zuletzt wieder ein ordentlicher Aufschwung . . .

Koch: Okay! Also, man kann sich natürlich die Statistiken angucken, und selbstverständlich gehen die hoch und runter, auch bei mir, aber auch bei anderen in der Mannschaft, weil wir absolut keine Konstanz hatten in dieser Runde. Es fühlt sich so an, als ob ich in drei Teams gespielt habe in einer Saison. Hinzu kommt: Ich wusste, es wird eine schwierigere Saison, weil einfach weniger Geld da ist. Da musste der Klub kreativ sein, auch beim Zusammenstellen des Kaders. Und am Anfang der Runde war ich tatsächlich auch ein bisschen gefrustet, weil die Rolle, die ich dachte spielen zu sollen, so eigentlich gar nicht mehr existierte.

Florian Koch nach dem jüngsten Sieg gegen Bamberg.
Foto: HMB Media/Julien Becker | Florian Koch nach dem jüngsten Sieg gegen Bamberg.
Wie meinen Sie das?

Koch: In den letzten beiden Jahren habe ich ja ganz gut funktioniert, auch als Schütze. Ich wusste, ich bekomme meine Würfe. Ich wusste auch genau, wenn ich in einem Spiel mal weniger Würfe bekommen habe, dass es im nächsten wieder besser und sozusagen normal wird. Wir hatten in den beiden Jahren zuvor eine andere Konstante, und daran konnte auch ich mich festhalten. Da war es auch für mich einfacher, und ich hatte so eine Art Komfortzone.

Die mussten Sie in der aktuellen Saison verlassen, weil auch Sie mehr Verantwortung übernehmen sollten und mussten. Dadurch hat sich doch bestimmt auch Ihre Rolle innerhalb der Mannschaft verändert.

Koch: Stimmt. Es war nicht so, dass ich durch die Halle gelaufen bin mit dem Kopf unten und keinen Bock mehr hatte. Das auf keinen Fall. Aber ich habe auch gemerkt nach drei, vier Spielen: Wenn ich das so weitermache, dann kommen wir auf keinen grünen Zweig. Dann habe ich das für mich etwas analysiert und gesehen: Ich muss meine Rolle und mein Spiel in diesem Team anders definieren. Neu definieren heißt nicht, die alte Rolle komplett wegzuwerfen. Mein Wurf ist immer noch wichtig und hie und da werde ich auch immer noch gefunden, aber es ist halt nicht mehr das Volumen an auch einfacheren Würfen . . .

. . . die Chancen müssen Sie sich inzwischen vermehrt selbst kreieren, und sie profitieren weniger davon, freigespielt zu werden.

Koch: Genau! Das habe ich auch verstanden, dass bei mir nicht mehr alles nur an der Dreierlinie passieren kann. Ich musste mein Spiel variabler machen.

Nach allem, was man so hört, auch aus der Mannschaft, haben Sie Ihre neue, verantwortungsvollere Rolle schnell und gut angenommen.

Koch: Ich habe im Laufe der Zeit gemerkt, dass ich Kollegen auch helfen kann, wenn ich offen über Sachen spreche und mehr kommuniziere. Im Positiven wie auch im Negativen, wenn ich sehe, dass einer gerade etwas aus der Spur kommt. Ich glaube, dass mir die Leute mittlerweile gut zuhören und das im Zweifel auch dankend annehmen.

Ziemlich gute Kumpels: Baskets-Kapitän Felix Hoffmann (links) und Florian Koch.
Foto: HMB Media/Julien Becker | Ziemlich gute Kumpels: Baskets-Kapitän Felix Hoffmann (links) und Florian Koch.
Sie haben vor der Runde als letzter Deutscher unterschrieben. Ein Fanklub der Baskets hatte ein Transparent an den Treppenaufgang zur Trainingshalle aufgehängt: "Flo halten!" forderte der Anhang. Bedeutet das einem Profi in diesem Söldnersport, in dem häufige Vereinswechsel mehr an der Tagesordnung sind als in anderen Sportarten – auch wenn Sie in Ihrer Karriere das Gegenteil bewiesen haben – irgendetwas?

Koch: Wenn mich jemand fragt, was zum Beispiel von der Saison in Ludwigsburg hängengeblieben ist – ganz klar: der sportliche Erfolg. Wir sind in den Bundesliga-Play-offs ins Halbfinale gekommen und waren im Final Four der Champions League. Das war eine geile Zeit. Wenn ich gefragt werde, was von Würzburg hängenbleibt: genau diese Aktion. Hier gibt es eine Fanbase, die für mich nahezu unvergleichbar ist. Die Fans hängen sich unglaublich rein und sind derart emotional bei der Sache.

Es gab nach dem verlorenen Europapokalfinale gegen Sassari diesen Moment, als Sie mit einem Schal über Ihrem Kopf vor dem Fanblock standen . . . Der Anhang hatte in diesem Final-Rückspiel tatsächlich für eine atemberaubende und endspielwürdige Atmosphäre gesorgt, noch ein bisschen gänsehautfördernder als in normalen Bundesligaspielen.

Koch: Ja, das sind Situationen, die bleiben im Gedächtnis haften. Da stand ich auch mit Pipi in den Augen auf dem Feld, weil ich wusste: Das bedeutet gerade für alle so viel, dass wir diesen Moment gemeinsam erlebt haben. Und dazu zählt auch das Banner am Trainingsgelände. Darum geht's doch. Deswegen stehen wir doch teilweise von morgens bis abends in der Halle und machen diesen ganzen Sch . . .

Und wie bescheuert ist es dann, wenn nun die Runde zu Ende geht, ohne dass außer einer jeweils Handvoll Eingeladener ein einziger Fan in der Halle war?

Koch: Das ist eine Katastrophe. Ich habe mir das so oft gedacht nach den Heimspielen: Was wäre heute gewesen, wenn die Fans dabei gewesen wären? Wenn wir noch diesen zusätzlichen Push gehabt hätten? Was wäre das für eine Atmosphäre gewesen, wenn zuletzt gegen Bamberg unsere Fans in der Halle gewesen wären! Was hätten wir da noch für Emotionen teilen können! Das tut auch weh.

'Warum denn nur noch ein Sieg?'
Foto: HMB Media/Julien Becker | "Warum denn nur noch ein Sieg?"
Sie haben vor der Runde für eine Saison unterschrieben. Wie sieht Ihre Zukunftsplanung aus?

Koch: Noch keine Ahnung. Ich würde jederzeit wieder für Denis (Anmerk. d. Red.: Trainer Wucherer) spielen, weil ich sehr überzeugt von ihm und seinem Coaching bin, und ich denke, auch ganz gut in sein System zu passen. Aber ob Würzburg mich noch einmal will oder nicht, kann ich derzeit nicht sagen. Ich lasse das auf mich zukommen, wie auch im letzten Sommer.

Und warum gewinnt Ihr nun noch jene eine Partie auch vor dem letzten Spiel gegen Schlusslicht Vechta, die derzeit noch nötig ist, um den Klassenerhalt einzutüten?

Koch: Warum denn nur ein Sieg?

Zur Person

Florian Michael Koch, geboren am 26. März 1992 in Bonn, spielte ab seiner Jugend für den Bonner Erstligisten Telekom Baskets. In seiner Kindheit hatte er zuvor auch das Fußballtor gehütet. 2017 wechselte der 1,97 Meter große Flügelspieler, der inzwischen 266 Bundesligaspiele absolvierte, für ein Jahr nach Ludwigsburg, ehe er sich s.Oliver Würzburg anschloss. Mit seiner Lebensgefährtin hält der gelernte Industriekaufmann über den Dächern Würzburgs Hühner. 
Quelle: tbr
 
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Kommentare
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  • S. C.
    "Pipi in den Augen"?

    Das sind Formulierungen, die ich in meiner Tageszeitung nicht lesen möchte. Wer so etwas mag, soll sich die BILD oder Super-Illu kaufen....

    Pfui.
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