zurück
Fußball: Regionalliga
Vor dem Regionalliga-Start: Sind die Würzburger Kickers ein potenzieller Aufstiegskandidat?
Nach zwei Abstiegen infolge gibt es bei den Würzburger Kickers in der Regionalliga einen kompletten Neustart. Am Dallenberg herrscht sanfte Aufbruchstimmung.
Weil die neuen Trikots wegen Lieferproblemen vermutlich erst kurz vor dem Auftaktspiel eintreffen, haben sich die Würzburger Kickers noch nicht für ein offizielles Mannschaftsbild aufgestellt. Das Foto zeigt die Akteure bei der Team-Präsentation (hinten von links): Co-Trainer Dominik Lang, Athletiktrainer Dominic Palmer, Cheftrainer Marco Wildersinn, Torwarttrainer Daniel Bernhardt, Geremi Perera, Maximilian Perez Hintermeier, Maximilian Zaiser, Marc Richter sowie (Mitte von links) Fabrice Montcheu, Ivan Franjic, Daniel Hägele, Lukas Müller, Tim Littmann, Marius Wegmann, Aron Unrath, Linus Eiselein, Vincent Friedsam und (vorne von links) Taha Aksu, Dardan Karimani, Peter Kurzweg, Dominik Meisel, Franz Helmer, Benyas Junge-Abiol, Saliou Sané, Samuel Röthlein, Thomas Haas und Benjika Caciel.
Foto: Silvia Gralla | Weil die neuen Trikots wegen Lieferproblemen vermutlich erst kurz vor dem Auftaktspiel eintreffen, haben sich die Würzburger Kickers noch nicht für ein offizielles Mannschaftsbild aufgestellt.
Frank Kranewitter
 |  aktualisiert: 09.02.2024 12:43 Uhr

Die Würzburger Kickers sind zurück in der Regionalliga Bayern. Sieben Jahre auf der bundesweiten Fußball-Bühne hätte dem Klub nach dem Drittliga-Aufstieg 2015 nicht jeder zugetraut. Doch die Rückkehr in die Spielklasse, deren Gründungsmitglied die Kickers im Jahr 2012 waren, fühlt sich für den Verein, der noch in der vorletzten Saison in der 2. Bundesliga kickte, zweifelsohne wie ein Absturz an. "Den freien Fall stoppen" und "wieder Boden unter den Füßen bekommen", das waren die Ziele, die der neue Vorstandsvorsitzende Benjamin Hirsch schon im Frühjahr formulierte. Inzwischen macht sich sanfte Aufbruchstimmung am Dallenberg breit. Rund 1500 Dauerkarten hat der Klub abgesetzt, die Anhänger scheinen dem runderneuten Team eine Chance geben zu wollen.

Kaum ein Stein ist in den vergangenen Monaten auf dem anderen geblieben. Spieler, Trainerteam, Physiotherapeuten, Teammanager - fast überall gab es einschneidende personelle Veränderungen. Der im vergangenen Herbst installierte Sportdirektor Sebastian Neumann hat den Umbruch frühzeitig vorbereitet und maßgeblich gestaltet. Seine Zusammenarbeit mit Sportvorstand Jürgen Kost und dem neuen Chefcoach Marco Wildersinn wirkt dieser Tage ebenso unkompliziert wie die gesamte Stimmung rund um den Klub. Da war man in den vergangenen Jahren anderes gewohnt. Ob es so bleibt? Viel wird vom Start in die neue Saison abhängen. Los geht es am Freitag (18.30 Uhr) zu Hause gegen Aufsteiger SpVgg Hankofen-Hailing.

Die Vorbereitung

Die großen Gegner-Namen wie in den Vorjahren gab es nicht. Zum Trainingslager ging es nicht mehr in die Alpen, sondern in die Oberpfalz. Alles ist nun eine Kategorie kleiner. Dass in den Spielen gegen die Süd-West-Regionalligisten Kickers Offenbach (1:2) und FSV Frankfurt (1:1) kein Sieg heraussprang, war ein Makel in einer aus sportlicher Sicht unterm Strich zweifelsfrei guten, aber eben nicht sehr guten Vorbereitung mit drei deutlichen Erfolgen gegen Bayernligisten. Viele Rädchen greifen schon ineinander, das Team präsentierte sich kompakt in der Defensive, spielfreudig in der Offensive und ließ sich auch durch Rückschläge wie das frühe Gegentor bei der Generalprobe gegen Frankfurt nicht aus der Ruhe bringen.

Die Mannschaft

Sportdirektor Sebastian Neumann und Cheftrainer Marco Wildersinn haben eine runderneuerte Mannschaft aufgestellt.
Foto: Silvia Gralla | Sportdirektor Sebastian Neumann und Cheftrainer Marco Wildersinn haben eine runderneuerte Mannschaft aufgestellt.

13 externe Neuzugänge, sechs Akteure aus dem Abstiegskader der Vorsaison und vier Spieler aus dem eigenen Nachwuchsstall – es ist ein völlig neu zusammengewürfeltes Team, das mit einem Altersdurchschnitt von 22,3 Jahren jünger ist als das der vermeintlichen Rivalen aus Unterhaching (23,2 Jahre) und Schweinfurt (23,9 Jahre), die bekanntlich auch unter Profibedingungen trainieren. Neben den U-23-Vertretungen der Profiklubs ist in der Regionalliga Bayern der Altersschnitt nur bei Wacker Burghausen noch niedriger. Mit Abwehrroutinier Daniel Hägele, Kapitän Peter Kurzweg auf der linken Außenbahn, Dominik Meisel im zentralen Mittelfeld und Saliou Sané in der Spitze könnte aber eine Achse von altbekannten, zweitligaerfahrenen Akteuren, die auch nach dem Abstieg am Dallenberg geblieben sind, dem Team Halt geben. Drumherum setzen die Kickers auf entwicklungsfähige Spieler. Einige davon habe man schon seit Februar im Auge gehabt, sagt Neumann. Was auffällt: Auch wenn der Kader zahlenmäßig klein ist, gibt es auf jeder Position mehrere Alternativen, auch weil fast alle Akteure vielseitig einsetzbar sind. Noch freilich wäre Platz im Kader für den Fall, dass auf einer Position Handlungsbedarf entsteht oder sich kurz vor Transferschluss noch die Möglichkeit ergibt, sich zielgerichtet zu verstärken.

Das System

Die Kickers stellen sich darauf ein, in fast allen Spielen, die Initiative ergreifen zu müssen. Dabei setzt Wildersinn entweder auf eine 4-3-3-Formation mit einem lauffreudigen, kompakten Mittelfeld und zwei klassischen Flügelangreifern oder ein 3-5-2 mit zwei echten Sturmspitzen. Das Team hat beide Varianten in den Testspielen in verschiedenen Aufstellungen geprobt. 

Der Torwart

Derzeit die Nummer 1: Torhüter Marc Richter gehört das Vertrauen von Cheftrainer Marco Wildersinn.
Foto: Foto2press/Frank Scheuring | Derzeit die Nummer 1: Torhüter Marc Richter gehört das Vertrauen von Cheftrainer Marco Wildersinn.

Hört man auf die Zwischenstimmen am Dallenberg, ist die Besetzung des Postens zwischen den Pfosten die wohl meistdiskutierte Personalie vor Saisonstart. Dabei gibt es für Trainer Wildersinn derzeit gar keinen Grund dafür: Er hat sich auf Marc Richter als Nummer eins festgelegt. Der 22-Jährige leistete sich bei der Generalprobe gegen Frankfurt einen Patzer, der zum Gegentor führte. Bislang hatte Richter, der vor seinem Engagement in Würzburg in der Saison 2020/21 ein Jahr beim damaligen Premier-League-Klub FC Burnley unter Vertrag stand, noch keine echte Chance, sich als Stammkeeper zu beweisen. Die Nervosität in der neuen Rolle muss er nun rasch ablegen. Mit Vincent Friedsam (20) haben die Kickers etwas verspätet einen ernsthaften Herausforderer verpflichtet. Maximilian Perez Hintermeier und Linus Eiselein konnten, nachdem sie verletzt in der Vorbereitung ausgefallen waren, diese Rolle nicht einnehmen.

Die Abwehr

Sie könnte ein Prunkstück werden. Mit Daniel Hägele und Neuzugang Marius Wegmann (FV Illertissen) in der Zentrale sowie dem vom FC 05 Schweinfurt gekommenen Thomas Haas auf rechts und Kapitän Peter Kurzweg auf links ist die Viererkette auf allen Positionen für diese Spielklasse überdurchschnittlich besetzt. Mit dem robusten Lukas Müller (zuletzt Sonnenhof Großaspach) und Aron Unrath (Karlsruher SC U19) stehen zwei weitere Innenverteidiger bereit, die sich auch schon für einen Stammplatz empfohlen haben, das Gleiche gilt für Tim Littmann (Viktoria Aschaffenburg) auf den Außenbahnen.

Das Mittelfeld

Der neue Taktgeber im Mittelfeld der Würzburger Kickers: Maximilian Zaiser (in Gelb).
Foto: Silvia Gralla | Der neue Taktgeber im Mittelfeld der Würzburger Kickers: Maximilian Zaiser (in Gelb).

In den Überlegungen von Trainer Wildersinn geht es bei der Besetzung des Mittelfelds in erster Linie um drei Plätze im Zentrum des Spiels. An den Rändern des Felds ist Platz für Außenverteidiger und Flügelstürmer. Dreh- und Angelpunkt könnte Maximilian Zaiser werden. Der 23-Jährige wurde 2020 mit der U23 des FC Bayern Drittliga-Meister, gehörte damals unter Cheftrainer Hansi Flick auch mehrfach zum Aufgebot bei Bundesliga- oder Champions-League-Spielen. Zum Einsatz kam er dabei aber nicht. Danach wollte er bei der TSG Hoffenheim durchstarten, kam dort aber nur im Regionalliga-Team zum Zug. Nun also will Zaiser bei den Kickers einen neuen Anlauf nehmen. Spektakuläres kann man von ihm aber nicht unbedingt erwarten. Er ist ein ruhiger Lenker des Spiels, der mit einfachen Mitteln das Tempo vorgibt, einer, der oft den drittletzten Pass spielt, ehe es im Strafraum gefährlich wird. Sollte er einmal ausfallen, könnten die Innenverteidiger Hägele oder Wegmann ohne Probleme in der defensiven Mittelfeldrolle einspringen. Neben Zaiser spielten zuletzt Dominik Meisel und der technisch beschlagene Neuzugang Ivan Franjic (FSV Frankfurt), Dardan Karimani (zuletzt SV Lippstadt) musste sich hinten anstellen. 

Der Angriff

Kickers-Angreifer Saliou Sané (in Gelb) soll in der kommenden Regionalliga-Saison mit all seiner Routine für Torgefahr sorgen.
Foto: Silvia Gralla | Kickers-Angreifer Saliou Sané (in Gelb) soll in der kommenden Regionalliga-Saison mit all seiner Routine für Torgefahr sorgen.

Würzburgs Mittel gegen mauernde Gegner soll Tempo auf den Flügeln sein. Dafür sollen die von Tennis Borussia Berlin gekommenen Fabrice Montcheu und Benyas Junge-Abiol sowie nicht zuletzt Benjika Caciel (Chemnitzer FC) sorgen. Saliou Sané oder Franz Helmer (FC Eintracht Bamberg) könnten im Idealfall als Torjäger davon profitieren. Ob beide Mittelstürmer gleichzeitig auf dem Platz stehen oder sich Wildersinn für einen der beiden entscheiden muss, wird von Partie zu Partie unterschiedlich sein. Sané, der erst rund zwei Wochen nach Trainingsstart seinen mit dem Abstieg ausgelaufenen Vertrag verlängerte und nun noch etwas Rückstand aufholen muss, ist schon alleine aufgrund seiner Erfahrung und körperlichen Stärke für Wildersinn ein Schlüsselspieler. Doch Helmer könnte mit seiner Unbekümmertheit und dem in der Vorbereitung unter Beweis gestellten Torriecher die Entdeckung der Saison werden.

Das Ziel

So richtig aus der Deckung wagt sich niemand. Nach der Bauchlandung der letzten beiden Jahre und in Erinnerung an die an größenwahnsinnig anmutende Zielsetzung unter Ex-Berater Felix Magath („Europapokal“) ist nun erst einmal Bescheidenheit angesagt. Dass Neuzugang Zaiser in einem vereinseigenen Videoblog die Worte "Aufstieg" und "Aufstiegsspiele" in den Mund nahm, zeigt aber, dass es innerhalb des Teams durchaus Ambitionen gibt. Oberstes Ziel ist es, weiterhin Fußball unter Profibedingungen in Würzburg zu spielen. Das ist für eine Übergangszeit auch in der Regionalliga möglich, wenn das Publikum durch attraktive Partien und Erfolge bei der Stange gehalten wird. Mittelfristig muss aber die Rückkehr in die 3. Liga klappen, wenn das Projekt nicht scheitern soll.

Vor dem Regionalliga-Start: Sind die Würzburger Kickers ein potenzieller Aufstiegskandidat?
 
Themen & Autoren / Autorinnen
Würzburg
Frank Kranewitter
1. Fußballclub Schweinfurt 1905
FC Wipfeld
FC Würzburger Kickers
FSV Frankfurt
FV Illertissen
Felix Magath
Fußball-Regionalliga Bayern
Hans-Dieter Flick
Kapitäne
Karlsruher SC
Kickers Offenbach
Lukas Müller
Peter Kurzweg
SV Veitshöchheim
SV Wacker Burghausen
Sebastian Neumann
Strafraum
TSG Hoffenheim
Thomas Haas
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top