Marc Richter gehört bei den Würzburger Kickers erst einmal das Vertrauen. Der 22-Jährige wird sehr wahrscheinlich beim Saisonstart am Freitag, 15. Juli, gegen die SpVgg Hankofen-Hailing das Tor des Fußball-Regionalligisten hüten. Eine Entwicklung, die manch einen Beobachter überraschte. Denn Richter war in der vergangenen Saison die klare Nummer zwei. Und als er dann einmal zum Einsatz kam, agierte er auch nicht immer glücklich. Dass er zum Drittliga-Saison-Abschluss in Zwickau gleich sieben Gegentreffer kassierte, ist für den Keeper aber inzwischen kein Thema mehr. "Es war blöd, so im Stich gelassen zu werden. Aber ich glaube nicht, dass das irgendjemand mit Absicht gemacht hat", sagt er rückblickend.
Richter wird sich in einer völlig neuen Rolle zurechtfinden müssen. "Als junger Torwart ist es wichtig, dass man spielt", sagt er. Und die Aussicht auf viele Einsätze sei für ihn "der Hauptgrund" gewesen, als einer von insgesamt sechs Akteuren aus dem Kader der Vorsaison zu bleiben. Er hat sich am freien Nachmittag Zeit genommen für ein kurzes Gespräch während des Trainingslagers im Teamhotel der Kickers in Amberg. Richter ist ein Typ, der in sich zu ruhen scheint. Kein Lautsprecher. Keiner, der ins Torwart-Klischee passt. Die Zeit, als die Torhüter als verrückte Charakter galten, sei vorbei, vermutet er, denn der Charakter des Spiels habe sich eben verändert.
Zwei verletzte Kontrahenten
Ein echtes Duell um den Stammplatz im Kasten muss sich der in München geborene Keeper, dessen Mutter aus Katalonien stammt und der einen deutschen und auch einen spanischen Pass besitzt, derzeit nicht liefern. Die eigentlichen Vertreter Linus Eiselein und Maximilian Perez Hintermeier sind angeschlagen. Während Eiselein wegen einer gerissenen Sehne in der Hand bei den meisten Übungen aussetzen muss, ist Perez Hinermeier gar nicht erst ins Trainingslager mitgereist.
Testspieler Vincent Friedsam mit einer guten Vorstellung
Eine Situation, die durchaus für Probleme sorgen könnte. Bei den Kickers hat man reagiert, indem man mit Vincent Friedsam, der in der vergangenen Saison bei der zweiten Mannschaft des 1. FC Köln ohne Einsatz geblieben war, einen Testspieler mit in die Oberpfalz genommen hat. Beim 4:0-Sieg über Bayernligist DJK Ammerthal konnte Friedsam durchaus überzeugen, bewahrte die Kickers gleich mit mehreren starken Paraden vor einem Gegentor. Im dritten Testspiel stand mit Friedsam im Kasten erstmals die Null. Eine Verpflichtung wäre aber wohl nur ein Thema, wenn sich die Personalsituation auf der Torwartposition bis Saisonstart nicht entschärft. Man plane mit dem ursprünglichen Trio mit Richter, Perez Hintermeier und Eiselein, betont Kickers-Cheftrainer Marco Wildersinn.
Richter, der vor seine Wechsel nach Würzburg vor einem Jahr beim FC Burnley in England unter Vertrag stand und dort an der Seite von Nationaltorhüter Nick Pope trainierte, freut sich auf die neue Aufgabe. Er sei ein Keeper, der gerne ins Aufbauspiel seines Teams einbezogen werde. "Das passt mit unserem Stil, glaube ich, ganz gut", findet er.
Seit vergangener Woche ist mit Daniel Bernhardt, zuletzt noch selbst als Keeper beim VfR Aalen unter Vertrag, ein neuer Torwarttrainer an Bord. Bis dahin hatte Richter in dieser Vorbereitung ungewöhnlich viel mit den Feldspielern zusammen üben müssen. "Wir sind fit, weil wir die ganzen Läufe machen mussten. Aber das Torwart-Training ist eine andere Art von Belastung. Da holen wir jetzt gerade ein bisschen etwas auf", berichtet er. Dass die Augen in den kommenden Wochen besonders auf ihn und seine Leistungen gerichtet sein werden, damit komme er klar, glaubt Richter: "Mit Druck kann ich gut umgehen", sagt der 1,98 Meter große Keeper und wirkt dabei tatsächlich, als würde er in sich ruhen.