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Fußball: Aufstiegsspiel zur Dritten Liga
Ein Nachmittag zwischen Himmel und Hölle
Das Rückspiel gegen Saarbrücken ist nichts für schwache Nerven. Es gibt Verlängerung. Es gibt Elfmeterschießen. Am Ende triumphieren die Rothosen. Das Spiel im Zeitraffer
Würzburger Sängerknaben: Die Kickers (von links Nico Gutjahr, Nico Herzig, Torwart Robert Wulnikowski, Trainer Bernd Hollerbach, Kapitän Amir Shapourzadeh, Christopher Bieber und Adam Jabiri) feiern ausgelassen den Triumph im Elfmeterschießen gegen den 1. FC Saarbrücken – damit ist der Aufstieg in die Dritte Liga für das Team vom Dallenberg perfekt.
Foto: Fabian Frühwirth | Würzburger Sängerknaben: Die Kickers (von links Nico Gutjahr, Nico Herzig, Torwart Robert Wulnikowski, Trainer Bernd Hollerbach, Kapitän Amir Shapourzadeh, Christopher Bieber und Adam Jabiri) feiern ausgelassen den ...
redsp
 |  aktualisiert: 10.02.2021 12:51 Uhr

Würzburgs Reise in den siebten Fußball-Himmel. Der Weg in die Dritte Liga ist für die Rothosen trotz des 1:0 (1:0)-Hinspielsieges gegen den 1. FC Saarbrücken ein schwerer. Die drei Stunden und 49 Minuten der alles entscheidenden Partie im Protokoll:

13.50 Uhr: Es liegt was in der Luft an diesem Sonntagnachmittag am Dallenberg. Die Ränge sind picke-packe-voll. Die Fans der Kickers haben eine riesige Choreographie vorbereitet. 2500 Euro hat das gekostet. Noch hängen die rot-weißen Farbbänder dafür schlapp am Zaun. Die Aufstellungen werden bekannt gegeben. Bei den Kickers gibt es keine Änderung im Vergleich zum Hinspiel. Bei Saarbrücken rücken im Vergleich zum Hinspiel Kapitän Sven Fießer und Angreifer Felix Luz in die Startelf. US-Stürmer Matthew Taylor sitzt erst einmal draußen.

13.54 Uhr: Rot und weiß wohin man schaut. Die Mannschaften kommen aufs Feld. Die ganze Haupttribüne hüllt sich in die Kickers-Vereinsfarben. „Heute Geschichte schreiben. Heute Legende werden“: so steht es auf dem riesigen Banner.

13.58 Uhr: Zwei Minuten früher als geplant pfeift Schiedsrichter Patrick Ittrich die Partie an. Rund 2000 Saarbrücker Fans haben eine Karte bekommen. Es herrscht knisternde Fußballatmosphäre.

7. Minute: Schon in den ersten Minuten wird klar: Hier und heute gilt es. Was vorher in dieser Saison passiert ist, ist vergessen. Beide Teams schenken sich nichts. In den Zweikämpfen im Mittelfeld geht es zur Sache. Die erste Chance des Spiels resultiert aus einer Standardsituation. Lewerenz tritt den Ball in Richtung Saarbrücker Tor. Lukas Billick zieht direkt – knapp daneben.

11. Minute: Ein Schock für Würzburg. Kickers-Kapitän Amir Shapourzadeh muss früh in dieser Partie verletzt vom Feld. Er reicht die Binde weiter an Christian Demirtas. Liridon Vocaj kommt in di Partie.

20. Minute: Vor den Toren passiert wenig. Beide Teams reiben sich in bissigen Zweikämpfen im Mittelfeld auf. Den Kickers gelingt es zumindest, den Gegner vom eigenen Tor fernzuhalten. Die Gäste sind gefordert. Sie brauchen einen Sieg.

25. Minute: Jetzt hat Kicker-Keeper Robert Wulnikowski, der Torwart-Opa, wie die „Bild“-Zeitung in Saarbrücken den 37-Jährigen getauft hat, etwas zu halten. Er zeigt gegen Dennis Wegner einen tollen Reflex. Nötig war das nicht – der Schiedsrichter hatte den Ball vor der vorangegangen Flanke bereits im Aus gesehen.

40. Minute: Nicht nur die Würzburger Abwehr, auch die Hintermannschaft der Saarländer wirkt an diesem Tag sehr konzentriert und sicher. Vielleicht geht für die Kickers etwas über Standards. Lewerenz tritt einen Freistoß von rechts. Saarbrückens Luz klärt haarscharf vor Bieber per Kopf.

42. Minute: Das war knapp! Schrecksekunde für die Gastgeber. FCS-Abwehrspieler Peter Chrappan kommt nach einem Freistoß von Sven Söckler aus fünf Metern zum Kopfball. Der Ball geht knapp über den Kickers-Kasten. Der 1:0-Vorsprung aus dem Hinspiel wackelt zum ersten Mal richtig.

14.45 Uhr: Halbzeit. Viele Torraumszenen gab es nicht. Trotzdem prasselt warmer Applaus von den Rängen. Es bleibt spannend.

14.58 Der Ball rollt wieder. Noch 45 mindestens Minuten zwischen Himmel und Hölle!

Fotoserie

49. Minute: Too... – nein, doch nicht. Rund 8000 Würzburger haben den Torschrei schon auf den Lippen. Lewerenz hat aus 18 Metern abgezogen, FCS-Keeper David Hohs ist machtlos. Doch das Leder klatscht an den linken Pfosten.

58. Minuten: Kleinigkeiten würden in Relegationsspielen den Ausschlag geben. Das hatten die Kickers stets betont und dass nach dem 1:0-Sieg im Hinspiel längst nicht alles entschieden ist. Der Saarbrücker Dennis Wegner schüttelt im Mittelfeld gleich mehrere Gegenspieler ab, passt in den Strafraum zu Sökler. Demirtas geht in den Zweikampf, stellt sich ungeschickt an. Sökler erkennt die Situation blitzschnell, stolpert über das ausgestreckte Bein – Elfmeter!

60. Minute: Die Kickers-Fans rufen: „Wulnikowski, Wulnikowsi!“ Felix Luz lässt sich nicht beeindrucken, verlädt den Torhüter und trifft. 0:1. Der Vorteil ist weg.

66. Minute: Die Kickers wackeln. Hollerbach zieht seinen Joker. Adam Jabiri kommt für Lukas Bilick.

72. Minute: Jetzt ist Saarbrücken am Drücker und wie: Luz knallt den Ball mit einem spektakulären Fallrückzieher in Richtung Tor. Knapp drüber. Die 2000 Blauen im Stadion toben.

79. Minute: Endlich mal wieder etwas von den Kickers. Christopher Bieber zieht ab. Knapp vorbei.

80. Minute: Das war der Weckruf. Die Hausherren, nach dem Gegentreffer ziemlich geschockt, übernehmen wieder das Kommando. Jabiri schießt – Hohs hält.

82. Minute: Der Dallenbeg solle beben, hatte sich Kickers-Trainer Bernd Hollerbach gewünscht. So fühlt sich das dann wohl an. In der Schlussphase steht das Publikum wie eine Wand hinter den Kickers: „Werdet zur Legende, kämpfen bis zum Ende für die Dritte Liga“, schallt es von den Rängen.

85. Minute: Die Kickers mobilisieren alle Kräfte, schnüren die Gäste förmlich in deren Hälfte ein.

87. Minute: Der Dallenberg steht Kopf. Der Ball liegt im Saarbrücker Tor. Lewerenz hat getroffen. Aber der Treffer zählt nicht – Abseits!

88. Minute: Die Emotionen schlagen hoch. An der Seitenlinie gehen Ersatzspieler und Offizielle aufeinander los. Es dauert bis die Schiedsrichter die beiden Parteien getrennt haben. Die bereits ausgewechselten Amir Shapourzadeh und Sven Söckler bekommen Gelb.

15.48 Uhr: Nach vier Minuten Nachspielzeit pfeift Schiedsrichter Ittrich ab. Verlängerung. Kickers-Vorstandsvorsitzender Michael Schlagbauer kann längst nicht mehr zusehen. Er tigert hinter den Zuschauerreihen auf der Haupttribüne auf und ab.

94. Minute: Die vierte Minute der Verlängerung und über den Dallenberg schallt es wie aus einer Kehle: Haaaand! Mendy ist im Strafraum vor Haller mit der Hand am Ball, aber Schiedsrichter Ittrich entscheidet: Kein Elfmeter!

98. Minute: Die große Chance für die Gäste: Luz wühlt sich durch, flankt in die Mitte, Marius Willsch verpasst. Das war knapp!

105. Minute: Da hätte der Kickers-Joker fast gestochen. Jabiri windet sich um seinen Gegenspieler herum, zieht im Fallen ab. FCS-Keeper Hohs lenkt den Ball mit den Fingerspitzen um den Pfosten

16.10 Uhr: Noch einmal Seitenwechsel. Weiter geht?s irgendwo zwischen Himmel und Hölle.

108. Minute: Uff! Wulnikowski kann einen Knaller von Wegner nur mit Mühe parieren. Mendy setzt den Abpraller drüber.

113. Minute: Jabiri legt ab, Vocaj schießt, Hohs hält. Wer hier noch keine feuchten Hände hat, hat kein Herz für den Fußball.

120. Minute: Noch immer rennen, grätschen, ackern beide Teams, was das Zeug hält.

16.25 Uhr: Abpfiff. Die Spannung lässt sich tatsächlich noch steigern: Elfmeterschießen.

16.30 Uhr: Los geht?s. Haller ist der erste Schütze.

16.32 Uhr: Entsetzen. Jabiri schießt halbhoch, Saarbrückens Keeper Hohs hält. Die 80 Punkte in der Liga, die Meisterschaft, der Hinspielsieg – soll umsonst gewesen sein?

16.35 Uhr: Ein Raunen wird zum Jubelschrei. Angreifer Luz war einer der besten Saarbrücker gewesen, im Spiel hatte er einen Elfmeter eiskalt verwandelt, nun an den Pfosten. Jetzt herrscht wieder Gleichstand.

16.39 Uhr: Will dieses Elfmeterschießen denn kein Ende nehmen? Mit Dominik Nothnagel hat gerade der siebte Schütze der Kickers getroffen. Jetzt ist Daniel Döringer an der Reihe. Der Saarbrücker trägt bereits seit einem Zusammenprall in der ersten Hälfte einen blauen Kopfverband. Er wählt die rechte Ecke – vom Schützen aus gesehen. Wulnikowski springt ins von ihm aus gesehen linke Eckt – passt! Der Keeper hält den Ball. Die Anspannung entlädt sich. Jubel und Trubel im ganzen Stadion. Die Kickers sind am Ziel. Der Aufstieg in die dritte Liga ist geschafft. „Ich hatte ein gutes Gefühl. Im Elfmeterschießen habe ich das immer“, sagt Wulnikowski: „Diesmal hat es etwas länger gedauert. Wichtig ist, dass man den letzten Elfer hält.“ Würzburg schwelgt an diesem Tag im Fußballhimmel.

Die Statistik des Spiels

FC Würzburger Kickers –

1. FC Saarbrücken 6:5 i.E. (0:0, 0:1)

Würzburg: Wulnikowski – Demirtas, Herzig (90. Weißenberger), Schoppenhauer, Nothnagel – Karsanidis, Billick (66. Jabiri) – Lewerenz, Haller, Shapourzadeh (11. Vocaj) – Bieber.

Saarbrücken: Hohs – Kunert (76. Sauter), Chrapan, Hahn, Meyerhöfer (58. Willsch) – Döringer, Fießer – Mendy, Sökler (85. Taylor), Wegner – Luz.

Tor: 0:1 Luz (60., Foulelfmeter).

Elfmeterschießen: 1:0 Haller, 1:1 Mendy, Hohs hält gegen Jabiri, 1:2 Wegner, 2:2 Bieber, 2:3 Fießer, 3:3 Demirtas, Luz trifft an den Pfosten, 4:3 Weißenberger, 4:4 Hahn, 5:4 Schoppenhauer, 5:5 Sauter, 6:5 Nothnagel, Wulnikowski hält gegen Döringer.

Gelb: Billick, Demirtas, Shapourzadeh – Döringer, Fießer, Sökler. Schiedsrichter: Ittrich (Hamburg).

Zuschauer: 10 504 (ausverkauft).

 
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  • Laeufer61
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    Zitat von gkastner
    Kann mir jemand erklären, warum das wichtige Spiel für Würzburg nicht live im BR übertragen wurde...
    sollte an den BR gestellt werden.
    Wie schauts aus, liebe MP-Redaktion? Schon mal nachgefragt? Es wurde ja bereits beim Hinspiel in Saarbrücken gewünscht und nicht verwirklicht.
    Nicht jeder hat schließlich schnelles Internet um den Online Live-Stream problemlos gucken zu können traurig

    Na, ab der 3. Liga wird sicher ab und an ein Spiel auch im BR übertragen werden... grinsen

    MfG
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  • gkastner
    Kann mir jemand erklären, warum das wichtige Spiel für Würzburg nicht live im BR übertragen wurde. Das Spiel Offenbach - Magdeburg wurden sowohl im HR bzw. MDR live übertragen. Die Mannschaft aus Unterfranken sind dem BR nicht so wichtig.
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