Marco Wildersinn hat sich einen Kaffee bestellt. Beim Treffen auf der Terrasse des Teamhotels im Trainingslager der Würzburger Kickers in Amberg ist dem 41-Jährigen der Tatendrang deutlich anzumerken. Der Badener, der bis Oktober 2020 Trainer der U-23-Mannschaft der TSG Hoffenheim war, redet gerne über Fußball und seinen neuen Job beim Fußball-Regionalligisten, der nach zwei Abstiegen in zwei Jahren mit Wildersinn die Trendwende schaffen will.
Marco Wildersinn: Ich habe natürlich beobachtet, was in den letzten Jahren bei den Kickers passiert ist. Aber das hat für mich am Ende keine Rolle gespielt. Für mich zählt nur das Hier und Jetzt. Und da hatte ich nach den Gesprächen mit den jetzt Verantwortlichen ein gutes Gefühl. Die Aufgabe bei den Kickers, der Neuaufbau, das hat mich gleich interessiert. Ich finde das sehr, sehr spannend, weil ich hier viel Einfluss nehmen kann. Es ist eine reizvolle Aufgabe.
Wildersinn: Den zu stoppen, ist ein Ansporn. Die letzten zwei Jahre lief es nicht gut, jetzt will ich meinen Teil dazu beitragen, dass es wieder besser wird.
Wildersinn: Es ist schwierig, sich selbst zu beschreiben. Ich denke, da kann sich jeder Zuschauer im Stadion demnächst ein eigenes Bild machen. Jeder weiß, wo ich herkomme, wo ich in der Vergangenheit gearbeitet habe. Dementsprechend ist auch klar, was dort von mir gefordert war: Spieler entwickeln, eine Mannschaft formen. Technisch, taktisch will ich einen ordentlichen Fußball sehen.
Wildersinn: Ich kann auch mal laut werden, wenn es sein muss. Wichtig ist, dass ich den Spielern eine Hilfestellung gebe. Wenn Spieler mich verstehen, wenn ich im ruhigen Ton mit Ihnen spreche, reicht das völlig aus. Als Trainer muss man mal laut oder auch hart sein und dann auch wieder ruhig und verständnisvoll. Dafür sollte man als Trainer ein gutes Gespür haben.
Wildersinn: Menschenführung ist in dieser Position auf jeden Fall sehr, sehr wichtig. Dabei geht es nicht nur um die Spieler, sondern auch um das Team drumherum. Man muss da alles im Blick haben. Das Entscheidende passiert immer noch auf dem Platz. Dafür sind die Spieler zuständig. Aber die sind besser, wenn das Umfeld stimmt.
Wildersinn: Auf die erste Mannschaft eines Vereins ist der ganze Fokus gerichtet. In Hoffenheim habe ich immer im Schatten des Profitrainers gearbeitet. In der U23 geht es zunächst einmal um die Ausbildung von Talenten und weniger um ein Tabellenziel. Der Fokus ist größer, wenn mehr Zuschauer da sind. Das sind bei einem U-23-Team in der Regel weniger. Hier in Würzburg erwartet mich eine ganz andere Aufgabenstellung. Darüber bin ich mir bewusst. Trotzdem geht es hier wie dort darum, Menschen zu führen, Spieler zu begeistern und sie als Team auf dem Platz anzuleiten.
Wildersinn: Am Ende werden wir so spielen, dass wir den maximalen Erfolg haben. Grundsätzlich wünsche ich mir schon einen offensiven Fußball, der die Leute wieder für die Kickers begeistert.
Wildersinn: Das dürfen andere beurteilen. Mir ist der Lehrgang damals eher leicht als schwergefallen. Es war aber eine sehr intensive Zeit, weil ich zeitgleich ja auch noch in Hoffenheim tätig war. Aber die Note ist bei diesem Lehrgang nicht das Wichtigste. Vielmehr sind das die Erfahrungen, die man sammelt, der Austausch unter den Kollegen. Die Note sagt nichts darüber aus, ob man am Ende erfolgreich ist oder nicht.
Wildersinn: Hoffenheim war sieben, acht Jahre mein Arbeitgeber. Dort gibt es eine Spielidee, die damals noch von Ralf Rangnick als Trainer nach Hoffenheim gebracht wurde, als der Klub als Aufsteiger in die Bundesliga sehr erfolgreich war. Das hat diesen Verein und die Trainer, die zu dieser Zeit dort waren, geprägt. An dieser Spielidee hat sich jeder orientiert. Trotzdem ist jeder Trainer anders. Ein Julian Nagelsmann macht Dinge natürlich anders als ein Markus Gisdol. Ich habe mich in der U23 immer ein bisschen daran orientiert, was der Cheftrainer getan hat. Dabei ging es auch darum, es meinen Spielern einfacher zu machen, wenn sie oben dabei sind. Natürlich konnte ich da auch vielen Trainern über die Schulter schauen, Dinge für mich dabei rausziehen und mich persönlich weiterentwickeln.
Wildersinn: Man kann von jedem Trainer etwas mitnehmen. Im Positiven wie im Negativen. Da gibt es auch Dinge, die man auf keinen Fall genauso machen will. Am längsten habe ich mit Julian Nagelsmann zusammengearbeitet und es war schon interessant, ihn zu sehen, wie er mit der Mannschaft umgeht und arbeitet. Sein Blick auf den Fußball ist spannend. Da kann ich jetzt keine einzelne Sache herausdeuten. Julian ist einfach ein Trainer, der sehr viel draufhat. Trotzdem eifere ich ihm jetzt nicht in allen Dingen nach. Er hat auch Ideen, bei denen ich sage: Das sehe ich ein bisschen anders. Da geht es um Teamführung oder Trainingsgestaltung. Da muss jeder seinen eigenen Weg finden, der verändert sich aber auch immer wieder. Auch Julian wird Dinge schon in Leipzig anders gemacht haben und jetzt bei Bayern noch einmal anders machen. Man muss sich immer an Spieler, Termine, Bedingungen anpassen.
Wildersinn: Ich habe immer gesagt: Wenn ich mal Zeit habe, mache ich das und das und das. Am Ende ist es dann ganz anders gekommen. Ich habe viel gelesen, meine eigenen Aufzeichnungen noch einmal durchgearbeitet und ergänzt und habe mir Gedanken gemacht, wie es für mich persönlich weitergehen soll. Der Trainerjob ist ja ein sehr spezieller Beruf – auch für die Familie. Es gab natürlich immer wieder mal ein Gespräch mit einem Verein. Als dann der Anruf von den Kickers kam, war mir schnell klar: Das will ich machen und ich bin zuversichtlich, dass das hier ein längeres Engagement wird.
Wildersinn: Wegen der Gespräche mit den Verantwortlichen. Weil ich sehe, was für ein Team wir nun zusammenhaben und wegen der täglichen Arbeit auf dem Platz.
Wildersinn: Die Spieler, die wir jetzt beisammenhaben, wollten wir alle unbedingt haben. Es lässt sich gut an.
Wildersinn: Nein. Es werden noch Spieler kommen. In der Quantität fehlt noch etwas. Wir sind noch etwas dünn besetzt und manchmal passieren eben auch unvorhersehbare Dinge. Auf der Torwartposition zum Beispiel haben wir uns eigentlich bereits festgelegt. Jetzt haben wir zwei Verletzte und müssen schauen, ob wir doch noch etwas tun müssen. Mit 19 Feldspielern, darunter zwei A-Jugendlichen, ist der Kader noch etwas dünn besetzt, wenn man bedenkt, dass es viele englische Wochen gibt. Wir müssen genau hinschauen, was wir noch brauchen. Aber wir machen nun keine übereilten Aktionen.
Wildersinn: Das Miteinander! Für den einzelnen Spieler werden noch schwerere Momente kommen, wenn er mal nicht spielt, wenn manche denken, sie seien außen vor. Dann zeigt sich, ob wir wirklich ein gutes Team sind. Aber bis jetzt habe ich ein gutes Gefühl. Auch weil wir Tore schießen. Wir haben mit Saliou Sané und Franz Helmer Spieler, die schon bewiesen haben, dass sie treffen.
Wildersinn: Das ist mit Sicherheit kein Nachteil. Es ist wichtig, Erfahrungen zu sammeln. Die Spieler, die es schnell vom Profi zum Trainer schaffen, haben sich sicherlich schon während ihrer Karriere damit beschäftigt, was ein Trainer wann tut.
Wildersinn: Es ist schwer, weit vorauszuplanen. Ich wollte Cheftrainer werden. Deshalb freue ich mich jetzt auf diese Aufgabe bei den Kickers. Ich kann mir in der Zukunft aber auch andere Dinge vorstellen.
Wildersinn: Ich würde auch gerne in die 3. Liga kommen.
Wildersinn: Es gibt nun mal keinen direkten Aufstiegsplatz, sondern für den Ersten ein Aufstiegsspiel gegen den Meister aus dem Nordosten. Dann haben wir eine 20er-Liga mit vielen Spielen und guten Mannschaften, die ich noch nicht alle im Detail so gut kenne. Aber es ist kein Geheimnis, dass Bayern München II gut sein wird und dass Unterhaching gut sein wird. Schweinfurt stellt immer eine gute Mannschaft. Auch Klubs wie Burghausen, Aschaffenburg oder Illertissen muss man immer auf dem Schirm haben. Die zweiten Mannschaften sind immer schwer auszurechnen. Man muss ein paar Spieltage abwarten, um zu sehen, wie gut die jeweiligen Teams in die Saison kommen. Am Ende kommt es aber vor allem auf uns an, darauf, wie gut wir sein werden. Man braucht ein gewisses Momentum in der Saison. Man muss in einen Lauf hineinkommen und auch einmal schlechtere Spiele gewinnen. Da spielen viele Faktoren eine Rolle, wie Verletzungen oder Corona. Eine Prognose ist schwierig. Aber wir trauen uns einiges zu.
Wildersinn: Natürlich spürt man noch eine gewisse Skepsis - es lief ja nicht gut in letzter Zeit. Aber man spürt auch den Optimismus, dass es besser wird. Die Stimmung ist insgesamt positiv. Wir wollen die, die für die Kickers sind, mit unserer Spielweise wieder begeistern. Die sollen sagen: Wir haben wieder Bock auf Kickers. In den letzten zwei Jahren hat der ein oder andere sicherlich gesagt: Darauf habe ich keine Lust mehr. Die wollen wir wieder für uns gewinnen und an den Dallenberg zurückholen.
Schaut erstmal das ihr nicht noch eins runter geht.
Wann kommt dann das analoge Interview mit Christian Gmünder? Morgen oder dann im Laufe der Woche?
aber im ernst: Noch sin die Kickers als Absteiger aus der 3. Liga halt noch die formale Nr 1 im Verbreitungsgebiet der MP; ob das so bleibt wird die Saison zeigen. Ich befürchte aber, dass beide nicht mit den (obb.) Profis mithalten werden können, was der FC05 ja schon seit Jahren immer wieder recht deutlich erfahren muss.