Seit sich der ehemalige Handball-Dorfverein DJK Rimpar Anfang der 2010er Jahre mit zunehmendem sportlichem Erfolg aufmachte, ein professioneller Klub zu werden, ist Roland Sauer (68) Chef der GmbH, die inzwischen als Wölfe Würzburg firmiert. Zehn Jahre nach dem Aufstieg in die Zweite Bundesliga steigt der Klub nun wieder ab.
Vor dem letzten Heimspiel spricht der geschäftsführende Gesellschafter über die Gründe für die rückschrittliche Entwicklung, eigene Fehler und Verdienste sowie den Neuanfang und Ziele in Liga drei. Sauer verrät, warum er trotz angespannter Finanzlage und Publikumsschwund zuversichtlich bleibt, womit die Wölfe im schwierigen Werben um Sponsoren in Würzburg gegenüber den Kickers und Baskets punkten können und wieso der Klub nicht nach Rimpar zurückgeht.
Roland Sauer: Er kam nicht überraschend, dennoch tut er weh. Schon im November, Dezember haben wir uns als Gesellschafter aber darauf vorbereitet und zweigleisig gedacht. Dadurch, dass es so ein langer, fließender Übergang in die Dritte Liga war, ist da jetzt keine tiefe Traurigkeit, sondern ein nüchternes, sachliches Betrachten und Analysieren.
Sauer: Jeder trägt bei so einer Entwicklung mit an der Verantwortung. Mit besseren finanziellen Möglichkeiten hätte ich sicherlich noch einen Rückraumlinken geholt, auf der Position konnten wir nicht liefern. Allerdings war um Weihnachten herum auch kein Spieler auf dem Markt, der uns geholfen hätte.
Sauer: Das mache ich. Früher, als Christian Graber noch da war (im Herbst 2022 aus wirtschaftlichen Gründen gekündigter Geschäftsstellenleiter, Anmerkung der Redaktion), hat er mir geholfen.
Sauer: Warum arbeite ich noch? (Pause) Damit ich den Wölfen helfen kann.
Sauer: Nein. Aber meine Firma (eine Unternehmensberatung, Anm. d. Red.) unterstützt die Wölfe mit Werbung auf der LED-Bande.
Sauer: Wie immer sind wir am Kämpfen. Aber welcher Verein ist schon gesund? Gesund heißt, man verfügt über einen hohen positiven Deckungsbeitrag. Das hat kein Verein. Dass ich die Wölfe als Sponsor unterstütze, ist nichts Neues, das mache ich seit Jahren und selbstverständlich auch in der laufenden Saison.
Sauer: Die Frage stellt sich nicht für mich. Natürlich könnte ich den Laden zusperren, wenn ich kein Verantwortungsgefühl und kein Gewissen hätte. Aber ich habe eine Verpflichtung dem Verein und den Spielern gegenüber. Das ist einer der wesentlichen Beweggründe, warum ich das mache.
Sauer: Eine Übergangsregelung zu finden, ist schon länger in den Köpfen von meiner Frau und mir. Aber in dieser Phase kann ich die Verantwortung nicht in andere Hände geben. Wir haben hier etwas aufgebaut und wollen wieder eine bessere Basis schaffen, bevor irgendwann andere übernehmen. Dennoch müssen wir in den nächsten Jahren eine Nachfolgeregelung aufbauen.
Sauer: Dass ich nicht selbst gespielt hab'! (lacht)
Sauer: (überlegt lange) Ich hab' immer versucht, mit den Herausforderungen umzugehen und Strukturen aufzubauen. Und ich finde, wir haben als Team vieles bewegt, lange auch dank der glücklichen Umstände einer Goldenen Generation. Selbst danach waren wir noch auf einem guten Weg. Dann kam Corona. Das hat uns ziemliche Probleme bereitet. Trotz konservativer Kalkulation hatten wir seither einen heftigen Zuschauerrückgang.
Sauer: Das ist vielleicht der einzige Vorwurf, den wir uns machen können: Dass wir mit dem Namen und Firmensitz nicht früher nach Würzburg gegangen sind, das wäre wahrscheinlich sinnvoller gewesen in einer Phase des sportlichen Erfolgs. Aber damals hatten wir noch viele Spieler und Fans aus Rimpar. Ich erinnere mich noch gut daran, als wir in der Dritten Liga unser erstes Spiel in Würzburg ausgetragen haben, um gegen den HSC Bad Neustadt einen Zuschauerrekord aufzustellen. Was ich mir damals hier anhören musste im Verein! Das hat keiner verstanden! Daher wäre eine frühere Umbenennung intern einerseits noch schwieriger gewesen. Andererseits hatten wir schon deutlich vor der Namensänderung nur noch weniger als 20 Prozent an Dauerkartenbesitzern aus Rimpar. Das ist für mich ein Indiz dafür, dass sie nicht der falsche Weg gewesen sein kann. Im Nachhinein betrachtet kam sie aber zu spät.
Sauer: Weil ich hoffe und glaube, dass wieder mehr Zuschauerinnen und Zuschauer kommen.
Sauer: Zum einen rechne ich damit, dass wir wieder erfolgreichen Handball spielen und die Region mit einer jungen, ambitionierten Mannschaft begeistern können. Zum anderen haben wir ausgerechnet, dass allein bis zu 200 Fans während Corona ans Fernsehen abgewandert sind. Für die Livestream-Spiele in der Dritten Liga müssten sie bezahlen. Ich hoffe, dass ein Teil von ihnen daher in die Halle zurückkommt. Unsere Eintrittspreise senken wir um etwa 20 Prozent.
Sauer: Finanziell ist es schwierig, auch nur annähernd an die Baskets und die Kickers ranzukommen.
Sauer: Sagen wir mal so: Das Geld kann nur einmal ausgegeben werden. Wenn man das sachlich betrachtet, haben wir auf der einen Seite Fußball. Das ist allein schon eine Hausnummer, mit der wir uns nicht vergleichen können, wollen und werden. Der Basketball mit den Baskets auf der anderen Seite hat hier eine lange Tradition und derzeit auch Erfolg. Die haben das gut gemacht – und sind genau wie die Kickers eben ein Würzburger Verein. Sponsoren abwerben ist nicht unser Stil. Wir wollen miteinander und nicht gegeneinander arbeiten. Aber es ist schwierig, sich als Dritter hintenanzustellen. Dazu kommt, dass Würzburg keine Industriestadt ist, in der man beliebig viele potenzielle Partner hat.
Sauer: Ja, wenn wir wieder nach Rimpar zurückgingen, würden wir einige Partner verlieren, vor allem wegen der fehlenden Rahmenbedingungen wie VIP-Räumlichkeiten und Werbeflächen. Zur neuen Saison konnten wir bereits zusätzliche Sponsoren gewinnen, die in Würzburg ansässig sind. Ein Dorfverein mag sympathisch und nett sein, aber er ist schlecht zu vermarkten. Deswegen müssen wir uns nach Würzburg orientieren. Weil Handball ein regionaler Sport ist, kann man sich auch keinen Großsponsor von weiter weg holen.
Sauer: Erst mal spricht unser Sport als solches für sich: Handball ist wild, dynamisch und attraktiv. Vor allem aber können wir Langfristigkeit und Nachhaltigkeit bieten. Unsere Spieler bleiben in der Regel mehrere Jahre bei uns. Im Fußball und Basketball ist es normal, dass die Mannschaften häufig ausgetauscht werden. In Sachen Zukunftsplanung schauen wir auch erst mal in unserem eigenen Verein. In dieser Saison kamen einige Spieler aus der zweiten Mannschaft wie Luis Franke, Jonas Krenz oder Paul Siegl nach oben. Das überzeugt unsere Sponsoren. Wir denken breiter, weiter, integrierter und familiärer. Darüber hinaus bringen wir unsere Spieler in die Firmen – Stichwort Recruiting und duale Karriere. Das ist ein wesentlicher Punkt, mit dem wir glänzen können.
Sauer: Zu dem Betrag wären es Welten. Ich habe aber den Eindruck, dass die HBL an den Realitäten vorbeischaut, wenn das wohlgemerkt der Durchschnitt sein soll. Denn das würde ja bedeuten, dass es Vereine gibt, die dreieinhalb Millionen und mehr haben. Wo sollen die sein? Natürlich gibt es einzelne Klubs, die viel Geld haben. Doch damit allein ist es nicht getan. Geld ist nicht das Entscheidende für Erfolg – wie man zum Beispiel am HC Elbflorenz sieht.
Sauer: Ja, man kann mit Geld Qualität dazu holen und den Kader breiter ausstatten. Die Frage ist aber auch, ob man das will. Zur nächsten Saison werden wir ziemlich viele neue Spieler bekommen. Wir kümmern uns intensiv um sie, besorgen ihnen Wohnungen, unterstützen sie bei ihrer Suche nach Studien- oder Arbeitsplätzen – das werden sie honorieren. Das sind junge, hungrige Typen, die sich unserem Projekt verschrieben haben und mit denen Johannes Heufelder schnellen, athletischen Handball entwickeln will.
Sauer: Ja, er hat uns Anfang Dezember ein fundiertes Konzept vorgestellt – von vornherein zweigleisig für Zweite und Dritte Liga mit einer langfristigen Perspektive. Da waren alle Gesellschafter dabei, das hat uns überzeugt. Daher vertrauen wir ihm und haben ihn im Januar schon als Sportlichen Leiter eingestellt. Nachdem klar war, dass Johannes auch unser neuer Trainer wird, hat er die Spieler mit ausgewählt. Dass er mit Talenten arbeiten will, passt zu uns. Und dass er das kann, hat er schon in Coburg und Erlangen unter Beweis gestellt. Er hat einen anderen Führungsstil als Julian Thomann, fordert viel ein. Ich habe ein gutes Gefühl, dass sein Konzept aufgeht. Klar, das eine ist Papier, das andere die Realität, das wissen wir alle. Garantieren kann man Erfolg nie.
Sauer: Natürlich möchten wir über kurz oder lang wieder hoch. Es wäre aber vermessen, wenn wir mit einer Jahreszahl rausgehen. Unser erstes Ziel ist die Aufstiegsrunde, dafür müssen wir unter die ersten beiden Mannschaften nach der regulären Saison in unserer Staffel kommen. Das wollen wir definitiv erreichen, aber auch niemanden unter Druck setzen. Es ist anders als beim letzten Mal, als wir zahlreiche Spieler aus dem eigenen Nachwuchs im Einsatz hatten, die kannten wir von klein auf. Die Spieler von außen sind schwieriger zu bewerten.
Sauer: Ja, vergleichen wir beides doch mal miteinander. Damals sind wir mit insgesamt 13 eigenen Jugendspielern von der Landes- über die Bayern- bis in die Dritte Liga aufgestiegen. Heiko Karrer als Trainer war da ein Glücksfall. Unter ihm konnten sich die Spieler entwickeln. Sie hatten eine Qualität, die sie wegen der fehlenden Trainingsmöglichkeiten nur nie komplett abrufen konnten. Aber es waren Typen, die als Team agiert haben. Damals hieß es: Wenn’s nicht läuft, schmeißt du einfach die sieben Rimparer aufs Feld, dann läuft es schon. Die haben alles für sich und den Verein gegeben. In gewisser Weise war es damals aber auch leichter, nach oben zu kommen. In den letzten zehn Zweitliga-Jahren war das für unsere Eigengewächse schwierig bis unmöglich. Deshalb haben sich einige zu anderen Vereinen gesellt, die entweder Dritte Liga spielen oder hier in der Region sind. Unsere eigenen Perspektivspieler können jetzt langsamer bei den Wölfen reinwachsen. Der Sprung ist nicht mehr so extrem.
Sauer: Da sehe ich keines. Das kann man nicht miteinander vergleichen. Der HSC Bad Neustadt hat sich immer sehr viel von außerhalb bedient, da war praktisch kein einheimischer Spieler dabei. Das ist für mich der Hauptunterschied. Und dann muss man sehen, dass Würzburg eine deutlich größere Stadt ist, mit entsprechend mehr Potenzial, vor allem in Sachen Spieler.