Als die fleißigen Helfer die Elektrik der Korbanlage demontierten und die vielen Kabel rund ums Spielfeld aufrollten, saß Joshua Obiesie neben dem sich dehnenden Perry Jones auf einer dieser Gymnastikrollen und schaute mit ziemlich leerem Blick ins Nirgendwo. Gesprochen haben die beiden nicht viel. Ein paar Meter weiter dehnten sich die siegreichen Gäste aus, und es war viel Gelächter und Geplauder zu hören, wie es üblich ist, wenn mehrere Menschen durcheinander sprechen. Die Spieler von medi Bayreuth hatten auch allen Grund zum Frohsinn, weil ihnen bestimmt bewusst war, dass ihnen eine relativ durchschnittliche Leistung genügte, um Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg letztlich auch in dieser Höhe verdient mit 90:75 (40:40) zu bezwingen. Als "Mannschaft, die über 40 Minuten betrachtet deutlich erwachsener und mit mehr Qualität im Zusammenspiel und in der Entscheidungsfindung agiert hat", bezeichnete Baskets-Trainer Denis Wucherer die Sieger.
Nach zuletzt zwei jeweils deutlichen Erfolgen hintereinander (einem 91:76 in Bonn und gar einem 97:78 gegen Crailsheim) durften die Bayreuther mit durch kräftig getanktem Selbstbewusstsein angeschwollener Brust an den Main reisen. Das war in der ersten Hälfte zwar so nicht wirklich zu erkennen - aber dass sie die reifere Mannschaft sind, bewiesen sie dann in den zweiten 20 Minuten.
Und wie sehr einzelne Spieler Wucherer und der Mannschaft derzeit fehlen, wurde am Montagabend überdeutlich. Denn die Verletzungsserie der Baskets nimmt offenbar kein Ende: Neben den Langzeitausfällen Zach Smith (Schulter) und Justin Sears (Kreuzband), Brekkott Chapman (Achillessehne) und Neu-Spielmacher Robert Lowery, der als ordnende Hand hinten wie vorne schmerzlichst vermisst wurde und bei dem nach wie vor noch nicht abzusehen ist, wie lange der 33-jährige US-Amerikaner wegen seiner Ellenbogenverletzung ausfallen wird, hat das Baskets-Lazarett einen weiteren aktuellen Neuzugang: Kapitän Felix Hoffmann riss sich bei der Niederlage beim MBC ein Muskelbündel im Oberschenkel. Voraussichtliche Dauer der Pause: zwischen drei und sechs Wochen.
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Deshalb musste Wucherer auch seine Startformation erneut ändern und schickte neben Cameron Hunt, Tyson Ward, Murphy Holloway und Alex King erstmals Julian Albus zum Sprungball. Den beaugenzeugte auch Bernd Freier vor Ort. Der ehemalige Alleingesellschafter und Nach-wie-vor-Eigentümer des namensspendenden Hauptsponsors war das erste Mal in der Arena, die den Namen seiner Firma trägt, seit er Ende Oktober vergangenen Jahres den Klub an drei neue Gesellschafter abgegeben hatte.
Und weil Lowery sich wie Freier (zumindest die erste Halbzeit, dann ging er schon wieder) und Kapitän Hoffmann - mit der Rolle des leidenschaftlichen und lautstarken Anfeuerers begnügen musste, übten sich auch diesmal wieder Cameron Hunt und Tyson Ward und zwischendurch auch mal Joshua Obiesie, der vor allem im zweiten Viertel nach einigen Durststrecken zuletzt einen ziemlich engagierten und erfolgreichen Auftritt hatte (acht Punkte in sieben Minuten), in Arbeitsteilung, um die Angriffe der Hausherren zu initiieren.
Im ersten Abschnitt entwickelte sich eine von zwei Läufen geprägte Partie, die insgesamt zwar eher selten wirklich hochklassig war, dafür aber nicht mit Spannung geizte. Einen 11:0-Lauf der Baskets zum frühen 13:7 konterten die Wagner-Städter mit einem 12:0 zum 13:19. Das zweite Viertel war genauso ausgeglichen, weshalb es folgerichtig mit einem Remis (40:40) in die Pause ging.
Wie bereits beim 93:87-Erfolg der Baskets im Hinspiel bereitete vor allem ein alter Bekannter den Würzburgern die meisten Bauchschmerzen: Der Litauer Osvaldas Olisevicius war zu Beginn der Saison 2017/18 zehn Mal im Einsatz für die Unterfranken - und damals in keinem einzigen so durchschlagskräftig und gefährlich, so engagiert und treffsicher, wie er sich in dieser Saison in Bayreuth präsentiert, wo der Flügelspieler im Schnitt mit gut 14 Punkten pro Spiel zweitbester Werfer ist. In seiner Würzburger Zeit kam er gerade einmal auf gut vier pro Partie in seinen knapp zehn Minuten. Am Montagabend erzielte der 28-Jährige gegen seinen ehemaligen Arbeitgeber in 31 Minuten auf dem Parkett 19 Punkte (einen weniger als im Hinspiel) und tat den Gastgebern immer wieder weh. Am meisten wohl dann drei Minuten und 23 Sekunden vor Schluss, als er seinen dritten Dreier zum 82: 67 versenkte und die Begegnung damit endgültig entschied.
Den Grundstein für ihren neunten Saisonerfolg und dem Gewinn des direkten Vergleichs gegen die Baskets legten die Bayreuther im dritten Viertel, das sie mit 24:12 für sich entschieden, auch, weil bei den Hausherren so gut wie gar keine Würfe mehr fallen wollten. Die Gäste erhöhten hinten wie vorne den Druck und damit - auch ohne einen großen Lauf - ihre Führung kontinuierlich übers 50:44 und 57:46 bis zum 62:47. "Wir haben das Spiel zum zweiten Mal in Folge im dritten Viertel aus der Hand gegeben", kritisierte Wucherer: "Da haben wir Fehler gemacht, die Rookies machen."
Laut Wucherers Klassenerhaltsrechnung fehlen also nun immer noch drei Siege, um auf "die magischen zehn" zu kommen, wie er die Marke unlängst nannte, von der er glaubt, wenn sie erreicht ist, nichts mehr mit dem Abstieg zu tun zu haben. Eine schöne Möglichkeit, diesem vor der Spielzeit ausgerufenen Ziel einen weiteren großen Schritt näherzukommen, haben die Würzburger am nächsten Samstag (18 Uhr) - wenn sie beim aktuellen Schlusslicht Gießen 46ers antreten und den Abstand auf die erst vier Mal siegreichen Mittelhessen weiter ausbauen können.
Und wie meinte Obiesie, der mit insgesamt 16 Punkten einen persönlichen Bundesligarekord aufstellte und eine starke Vorstellung ablieferte, so schön: "In Gießen, das ist nun ein Must-Sieg für uns."