Vielleicht hat Steffen Liebler bald ruhigere Abende, wenn seine Basketballer spielen. Womöglich muss er nicht mehr andauernd auf dem Handy rumtippen und SMS und WhatsApp-Nachrichten beantworten. Im besten Fall kann der Geschäftsführer von Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg die Partien weitgehend unbelästigt beobachten und seine Schlüsse ziehen.
Das konnte der 36-jährige Liebler in den letzten Jahren nicht immer - weil sein Chef gerne Nachrichten schickt. Bernd Freier, Eigentümer des namensspendenden Hauptsponsors und bis diese Woche Alleingesellschafter der Würzburger Basketballer, schrieb nicht nur Liebler, auch Trainer hat er gerne betextet nach (verlorenen) Spielen. Freier schrieb sogar, wenn er - was freilich nicht allzu häufig vorkam - in der Halle in Würzburg war.
Seit 2016 war Bernd Freier Alleingesellschafter der "Sport und Event Würzburg Baskets GmbH", dem wirtschaftlichen Träger des Klubs. Bis vergangenen Mittwoch. Da hat er den Klub übergeben und dies notariell beurkunden lassen. Bis zuletzt hatten alle, die in die Pläne eingeweiht waren, stets betont: Warten wir mal ab, was am Mittwoch tatsächlich passiert. Weil sie den öffentlichkeitsscheuen Freier seit langem gut kennen und auch seine Neigung zu impulsiven Stimmungssprüngen und spontanen Entscheidungen, wie sehr glaubhaft überliefert wird. Nun, die Tinte ist trocken. Die Baskets gehören drei neuen Eigentümern.
Die beiden Unternehmer Dries Jennen und Jochen Freier (weder verwandt noch verschwägert mit dem s.Oliver-Eigentümer) sowie die dafür von Christian Schenk und Holger Heusinger gegründete Sprintis Basketball GbR haben zu je einem Drittel übernommen. Der 74-jährige Bernd Freier bekommt den Titel "Ehrenpräsident".
Jennen ist selbständiger Unternehmensberater und Bernd Freiers Schwiegersohn. Jochen Freier ist Inhaber der in Kitzingen sitzenden Firmen jfnetwork GmBH und Tyremotive GmbH, die in der Auto-IT-Branche wirtschaftet und Autoreifen und Felgen verkauft, um die 60 Millionen Umsatz macht und die Baskets als Sponsor unterstützt. Wie auch Sprintis, ein Großhändler für Druckerei-, Buchbinderei- und Werbemittelbedarf, der jedes Jahr knapp 20 Millionen umsetzt. Namensgebender Hauptsponsor bleibt trotz des Eigentümerwechsels für die nächsten zwei Jahre s.Oliver, wie der Klub mitteilt, der von einem Generationenwechsel spricht.
Natürlich drängt sich der Eindruck auf, dass da ein ins Alter gekommener Unternehmer alter Schule was regeln will. Bernd Freier ist angeblich pumperlgesund, die Gespräche für die Übergabe, die seit Jahren immer wieder mal kolportiert worden war, sollen im vergangenen Jahr ihren Ursprung haben. Das erscheint in diesem Fall nicht ganz unwichtig zu sein, weil ja mancher flugs auf die Idee kommen könnte, Freier hat den Laden auch deshalb weitergegeben, weil die sportlichen Aussichten in diesen Corona-Zeiten nicht allzu rosarot erscheinen, jedenfalls wegen des halbierten Etats schlechter als in den letzten Spielzeiten. Freier, der Millionen in den Klub gepumpt und, wie man hört, auch viel Schweiß für ihn vergossen hat, war als Privatperson Eigentümer der Baskets, und aus dem operativen Geschäft seiner Firma, die ihm noch immer alleine gehört, hatte er sich bereits im vergangenen Jahr weitestgehend zurückgezogen.
Telefoniert man dieser Tage mit Bela Anda, kann man den Eindruck bekommen, dass der Gesellschafterwechsel durchaus auch neue Möglichkeiten für die Baskets eröffnen könnte. Anda war der Regierungssprecher des einstigen Kanzlers Gerhard Schröder, mit dem er neuerdings einen vielbeachteten, regelmäßigen Podcast im Internet betreibt. Seit längerem berät Anda auch Bernd Freier und dessen Zukunftsstiftung, die nach wie vor eine Multifunktionsarena in Würzburg bauen will. Anda sagt: "Es ist auch eine Chance für den Verein, sich auf breitere Füße zu stellen und weiterhin wirtschaftlich solide dazustehen." Die Spontanreaktion mancher Anhänger - sinngemäß diese: "Um Gottes Willen, jetzt verscherbelt Freier die Baskets, dann geht's nur noch bergab" - kann Anda verstehen. Aber er teilt sie - natürlich - nicht. Im Gegenteil: "Vielleicht kann der Verein nun neue Sponsoren gewinnen, die sich zuvor dreimal überlegt haben, sich zu engagieren, weil sie befürchteten, dass eine so dominante Persönlichkeit wie Bernd Freier sie womöglich an die Wand gedrückt hätte." Und die Halle? Anda sagt, aus seinen jüngsten Gesprächen in Würzburg habe er mitgenommen: "Alle wollen diese Halle nach wie vor. Bernd Freier. Die neuen Gesellschafter. Auch die Stadt."
“Ich freue mich darüber, dass eine neue junge Truppe den Mut und die Power hat, die Baskets in eine gute Zukunft zu führen. Jetzt können sie zeigen, was sie drauf haben”, sagt Freier in einer Mitteilung des Klubs. Er werde den Baskets weiterhin eng verbunden bleiben: “Als Fan und – wo gewünscht – auch als Ratgeber.” Und über seinen Schwiegersohn wird er ja vermutlich auch ohne größere Belastung seines Handy-Datenvolumens auf dem Laufenden bleiben. Ansonsten hört man auch immer wieder, dass Freier zu seinen Zusagen stehe und auch die Halle nach wie vor bauen will.
Selbstverständlich rufen die Baskets ihrem ehemaligen Eigentümer Lobpreisungen nach, und vermutlich hat Geschäftsführer Liebler ja auch vollkommen Recht, wenn er dankbar sagt: "Er hat uns mit seiner Energie und seiner Leidenschaft immer angetrieben und besser gemacht. Basketball in Würzburg auf diesem Niveau ist zu großen Teilen ihm zu verdanken." An der aktuellen finanziellen Ausstattung soll sich nun jedoch erstmal nichts ändern. Und auch in einem weiteren Punkt folgen die neuen Eigentümer Bernd Freiers Prämisse: vorerst keine Interviews!
In einer Mitteilung des Klubs wird Jochen Freier so zitiert: „Wir freuen uns, dass s.Oliver weiter stark zu den Baskets steht. Die Tatsache, dass Bernd Freier uns auch künftig mit seinem strategischen Weitblick unterstützt, begrüßen und schätzen wir sehr.“ Bernd Freiers Schwiegersohn Dries Jennen, ein belgischer Unternehmensberater, wird so zitiert: „Unser oberstes Ziel ist es, s.Oliver Würzburg erstklassig und wirtschaftlich solide zu halten.“
Die beiden über eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) neuen Inhaber, Christian Schenk und Holger Heusinger, sind angeblich seit Jugendzeiten Anhänger der Würzburger Basketballer. "Zu X-Rays-Zeiten haben wir im Fanclub noch Dirk Nowitzki zugejubelt und werden jetzt Gesellschafter eines Basketball-Bundesligisten – das ist schon verrückt", sagt Sprintis-Eigentümer Schenk, Heusinger ist Prokurist der Firma und hat den Fanklub "Würzburg Youngstars" mitgegründet. Seit der Wiederauferstehung des Profi-Basketballs in Würzburg vor 13 Jahren unterstützt die Firma die Baskets.
Bei WhatsApp kann man ganz einfach Gruppen gründen, um sich auszutauschen. Bei SMS ist das etwas komplizierter. Könnte interessant werden, wer Liebler in Zukunft auf welchem Kanal schreibt.