"Das waren jetzt drei Siege gegen den Abstieg. Wir reden von nichts anderem als dem Klassenerhalt." Sagt Niklas Würzner in einer Geschichte auf sportschau.de. Was erst einmal überraschen darf, wenn man gerade Tabellenzweiter ist. Aber klar: Die Saison ist soeben einmal geschlüpft, und nach vier Spieltagen ist das Tableau freilich allenfalls bedingt aussagekräftig. Die Überraschungs- und Play-off-Mannschaft Crailsheim ist gerade Vorletzter, Play-off-Abonnent Oldenburg ist 14., und Meister Alba Berlin Elfter. Aufsteiger MLP Academics Heidelberg, in dessen Diensten Würzner steht, ist Zweiter, nach drei Siegen in den ersten vier Spielen. Sicher: eine Momentaufnahme. Aber nichtsdestotrotz eine überraschende, weil es eben schon zahlreiche für Verblüffung sorgende Ergebnisse gab in dieser jungen Saison der Basketball-Bundesliga.
"Das wird immer verrückter und enger", sagt Denis Wucherer, Cheftrainer von s.Oliver Würzburg, das am Samstag (20.30 Uhr) in Heidelberg anzutreten hat, erst einen Sieg in seinen drei Spielen verbuchte und einen Platz vor den bezwungenen Oldenburgern steht. Wucherer ist in dieser Woche etwas intensiver ins Gericht gegangen mit seinen Mannen nach der überraschend deutlichen 73:95-Schlappe in Weißenfels am vergangenen Samstag, weil auch er nach dem 90:88-Coup gegen Oldenburg zuvor "überrascht war, auf welch niedrigem Energielevel wir beim MBC gespielt haben. Da hätten wir uns definitiv besser wehren müssen."
Neues Spiel, neue Chance. Jetzt also in Heidelberg. Wohin die Baskets gleich zwei neue Spieler mitbringen. Carvacho-Ersatz Tomasz Gielo wird wohl mittun. Ob auch Kerron Johnson bereits spielen wird, entscheidet sich erst am Spieltag. Die Verpflichtung des Spielmachers gab der Klub am Freitagmittag bekannt. Er soll Luciano Parodi vorübergehend ersetzen und hat einen Acht-Wochen-Vertrag unterschrieben. Der Uruguayer Parodi wird kommende Woche arthroskopisch am Knie operiert und fällt voraussichtlich für sechs bis acht Wochen aus.
Ein erfahrener Spielmacher, der die Liga kennt
Der 31-jährige US-Amerikaner Johnson traf am Freitag in Würzburg ein, bestand die medizinischen Checks – und kennt die Bundesliga: 2014/15 und 2017/18 gestaltete er das Spiel in Ludwigsburg, wo er mit dem langzeitverletzten Baskets-Center Justin Sears zusammenspielte, der ihn auch Wucherer empfahl: „Kerron Johnson ist ein absoluter Wettkämpfer, der immer gewinnen will“, sagt der Trainer, der hofft: „Er wird bei uns gut reinpassen und ist der Typ Spieler, der seine Mitspieler besser macht, aber auch selbst punkten kann.“ Der 1,83-Meter-Mann kam in der Saison 2017/18 in 40 Spielen auf 9,4 Punkte und 4,4 Assists im Schnitt, drei Jahre zuvor waren es in 35 Partien durchschnittlich 14,2 Zähler. Johnson verdiente seine Brötchen auch bereits in Neuseeland, Frankreich, Polen, Italien, Israel und Rumänien. Zuletzt stand er in Russland bei BC Enisey Krasnoyarsk unter Vertrag. „Nach der Verletzung von Nano Parodi mussten wir schnell reagieren. Mit Kerron Johnson haben wir einen erfahrenen Point Guard gefunden, der die Liga sehr gut kennt und uns mit Sicherheit weiterhelfen wird“, sagt Kresimir Loncar, Manager Scouting und Sport von s.Oliver Würzburg.
Die Heidelberger waren zwar in den letzten Jahr(zehnten) nicht zwingend eine große Hausnummer in Basketball-Deutschland – der Ursprungsklub USC Heidelberg aber war immerhin neunmal deutscher Meister, zwischen 1957 und '77. Damals, als Basketball vor allem eine Studentensportart war, hatte der Klub der Universitätsstadt seine größten Erfolge. Nach dem Absturz in die langjährige Zweitklassigkeit sorgte vor allem eines für den Aufschwung: eine neue Arena. "Ohne die neue Halle könnten wir nicht Bundesliga spielen", sagt Würzner – dessen Papa sicherlich kräftig mitgeholfen hat, das Projekt zu verwirklichen. Vater Eckart Würzner ist seit 15 Jahren Oberbürgermeister der Stadt am Neckar.
Gleich drei einst in Würzburger Diensten stehende Akteure sind dort inzwischen gelandet: Max Ugrai, Brekkott Chapman und Robert Lowery. Während die Affinität des Globetrotters Lowery zu den Baskets sich in Grenzen halten dürfte, weil er in der vergangenen Spielzeit als späte Nachverpflichtung in der Not aushelfen sollte und sich dann gleich auch wieder verletzte und wochenlang ausfiel, gestaltet sich das bei den anderen beiden ein wenig anders.
Ugrai, gebürtiger Bad Mergentheimer, durchlief seit er 13 war das komplette Nachwuchsprogramm bei den Baskets, machte als Teenager das Nieder und wieder Hoch Mitte der 2010er Jahre mit, bekam dann unter den damaligen Trainern Douglas Spradley und dessen Nachfolger Dirk Bauermann aber nie wirklich die Chance, sich zu beweisen. Über den Umweg Jena landete Ugrai in Ulm, wo er das bisherige Blütejahr seiner Karriere erlebte, ehe ihn eine langwierige Knieverletzung zur Pause zwang. Nach einem Jahr bei Zweitligist Bremerhaven will Ugrai vermutlich vor allem gegen seinen Lieblingsklub bewiesen, dass er zurück ist in der Bundesliga.
Die Geschichte von Brekkott Chapman und den Baskets wäre im Grunde eine ausführlichere Erzählung wert. Vielleicht vor dem Rückspiel. Die Kurzform: Wucherer holte ihn 2019 vom College aus den USA. Chapman hatte gerade einmal drei Spiele gemacht für Würzburg, als im Training sein Meniskus riss. Der 2,06-Meter-Mann kämpfte sich wieder heran, spielte kurz, ehe ihn ein Achillessehnenriss außer Gefecht setzte. Auch wegen der Corona-bedingt abgebrochenen Saison kam Chapman in zwei Jahren Würzburg auf gerade einmal 20 Spiele.