Das neue Kapitel wurde am Abend des Neujahrstages aufgeschlagen, als Dirk Bauermann zur ersten Übungseinheit bat. Ob es eine Ära wird, wird die Zeit zeigen müssen – aber mit der Verpflichtung des einstigen Bundestrainers sorgte Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg schon für einen ordentlichen Paukenschlag in der Szene. Der 59-Jährige erhält einen für deutsche Liga-Verhältnisse eher ungewöhnlich langen Vertrag: Bis Ende der Saison 2019/20 haben sich die Baskets und Bauermann verpflichtet – ein eindeutiges Zeichen dafür, dass Würzburgs Basketballer einiges vorhaben in den nächsten Jahren.
Bauermann will die Würzburger in die „deutsche Spitze“ führen. „Für mich heißt das, in den nächsten Jahren stabil in die Play-offs zu kommen und dort eine gute Rolle zu spielen“, sagte Bauermann. Langfristig will er mit seinem neuen Arbeitgeber ein „berechtigter Kandidat für eine Halbfinalteilnahme“ werden. „Das verlangt eine unglaubliche Kraftanstrengung aller Beteiligten.“ Es sei ein zwar „schwer erreichbares Ziel, aber nicht unrealistisch bei Bündelung aller Kräfte“.
Seine Verpflichtung ging flott. Erst am zweiten Weihnachtsfeiertag kehrte Bauermann, der sich „als Kind dieser Liga“ bezeichnet, aus dem Iran, wo er als Nationaltrainer tätig war, zurück in die Heimat. Vor dem ersten Training begutachtete er am Sonntag die Geschäftsstelle und das Trainingszentrum der Würzburger und traf sich erstmals mit Co-Trainer Stephan Völkel. „Für Dirk Bauermann sprach neben seiner Vita natürlich seine langfristige Perspektive, die er für den Standort Würzburg gedenkt umzusetzen“, sagt Gunars Balodis.
Wie bereits bei dem am Freitagnachmittag verkündeten Rausschmiss von Trainer Douglas Spradley (wir berichteten ausführlich) spricht derzeit ausschließlich der für den kaufmännischen Bereich zuständige Geschäftsführer im Namen des Klubs. Steffen Liebler, der für den sportlichen Bereich zuständige Geschäftsführer, wird in Mitteilungen des Vereins gar nicht mehr erwähnt. Auch telefonisch war er zuletzt nicht zu erreichen. Auf den ersten Blick könnte es erscheinen, dass sich das Machtgefüge bei den Baskets verschiebt. Wer das Innenleben des Klubs aber ein wenig besser kennt, kann auch auf die Idee kommen, dass sich Liebler einfach ein bisschen zurücknimmt, weil er nicht mit allen aktuellen Entwicklungen konform geht.
Bauermanns letzter Job in der Bundesliga, in der er seit über 20 Jahren arbeitete, endete 2012 beim FC Bayern München, als er von Uli Hoeneß gekündigt worden sein soll. Von 2003 bis 2011 trainierte Bauermann die deutsche Nationalmannschaft, mit der er 2005 bei der Europameisterschaft, bei der der aus Würzburg stammende Dirk Nowitzki (mit 183 Punkten in sieben Partien) zum wertvollsten Spieler gewählt wurde, das Finale gegen Griechenland 62:78 verlor. Bei der EM 2007 kam Bauermann mit dem DBB-Team auf Platz fünf. Mit Leverkusen und Bamberg gewann der 59-Jährige neun Meistertitel. Vier Mal hielt er den Pokal in Händen.
Mit nur fünf Siegen aus 16 Ligaspielen dümpeln die Baskets auf Platz 14 der Liga herum – enttäuschend beim vor der Saison erklärten Ziel, erneut die Play-off-Plätze zu erreichen. Das Auftaktprogramm hat es für Bauermann in sich: Nächsten Freitag geht es zu den Göttingern, die erst jüngst mit gerade einmal einem Pünktchen Unterschied bezwungen wurden.
„Natürlich freue ich mich jetzt sehr, wieder hier zu sein und hoffentlich erneut etwas von Substanz aufzubauen“, sagt Bauermann, dem der Ruf vorauseilt, größten Wert auf Disziplin zu legen. Spradley hatte zwischendurch immer mal wieder auch die Einstellung seiner Spieler kritisiert. „Das muss und wird sich mit Herrn Bauermann ändern“, glaubt Balodis. Bauermann gilt als Defensivstratege – in dieser Saison war die Abwehr oft der neuralgische Punkt im Spiel der Baskets: Nur zwei Mannschaften haben mehr Punkte kassiert.
Am Montag stellen die Baskets Bauermann offiziell vor. Man darf erwarten, dass er dann auch detaillierter ausführt, wie er die ambitionierte Reise mit Würzburgs Basketballern gestalten will. Mit Infos von dpa