Eine Minute und eine Sekunde vor Schluss, als Tyrus McGee den elften Dreier der Gastgeber verwandelt hatte, sah es ziemlich duster aus. Da lag Basketball-Bundesligist s.Oliver Würzburg mit elf Punkten zurück, so hoch wie in den gesamten 39 Minuten dieses ersten Finales um den Europe Cup nicht. Aber dann verwandelte Xavier Cooks noch zwei Freiwürfe und Cameron Wells versenkte einen der vielleicht wichtigsten Dreier seiner langen Karriere plus den anschließenden Bonus-Freiwurf. Und deshalb unterlagen die Baskets Dinamo Sassari nur mit 84:89 (45:45) - und haben nun noch alle Chancen, am nächsten Mittwoch (1. Mai, 17 Uhr, s.Oliver Arena) erstmals in ihrer Klubgeschichte eine internationale Trophäe zu gewinnen.
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Verlassen konnten sich die Baskets in einer absolut finalwürdigen Begegnung, die zwischenzeitlich gar spektakuläre Züge trug und vom US-Amerikaner in italienischen Diensten, Rashawn Thomas, dominiert wurde (27 Punkte, elf Rebounds), vor beeindruckender Kulisse und in außergewöhnlicher Atmosphäre immer wieder vor allem auf Cameron Wells und Devin Oliver. Wenn es drohte, der Rückstand könne Überhand nehmen, machten die beiden wichtige Punkte und zeigten bissige Aktionen. "Es war ein großartiges Spiel", meinte Wells (22 Punkte, sechs Vorlagen), der ein wenig mit der Defensivleistung im Schlussabschnitt haderte, "in dem wir uns alle Chancen bewahrt haben, den Wettbewerb zu gewinnen."
"Wir haben sie im letzten Viertel ein bisschen weit wegziehen lassen, uns aber dann zurückgekämpft", analysierte Oliver (17 Punkte, acht Rebounds) treffend. "Es ist nun zwar keine perfekte Situation, aber wir glauben an uns. Und das zeigen wir nächste Woche."
Trainer Denis Wucherer vertraute mit Wells und Oliver, Skyler Bowlin, Xavier Cooks und Mike Morrison jenen fünf Akteuren, von denen man erwarten durfte, dass sie das erste Europapokalfinale in der Vereinsgeschichte der Baskets eröffnen dürfen. Und die hatten dann vom Sprungball weg in der nicht ganz ausverkauften, 5000 Menschen Platz bietenden "Palasport Roberta Serradimigni" alle Hände voll zu tun. Angetrieben von ihrem frenetischen Anhang, der mit sehr dezibelschwangerer italienischer Musikuntermalung dauersingend für eine prächtige Atmosphäre über die komplette Spielzeit sorgte, die selbst bei Menschen, die schon mehr als drei Basketballspiele vor Ort verfolgt haben, für Gänsehaut sorgen konnte, zwar los, wie es sich für die Heimmannschaft in einem europäischen Finale geziemt.
Von Beginn an hellwache Baskets
Aber die Baskets waren von Beginn an hellwach - und hielten nicht nur dagegen. Sie dominierten die Anfangsphase mit enorm physischem Spiel, einer zupackenden Verteidigung und wunderbaren Angriffszügen. Nach vier Minuten sah sich Sassaris Trainer Gianmarco Pozzecco beim Stand von 12:5 für die Baskets genötigt, die erste Auszeit zu nehmen. 68 Sekunden später - nach dem ersten Dreier von Oliver - lagen die Würzburger erstmals und das einzige Mal zweistellig vorne: 15:5. Bis zur ersten Verschnaufpause nach zehn Minuten führte vor allem Flügelspieler Rashawn Thomas, der alleine im ersten Viertel 15 seiner insgesamt 27 Zähler machte, die Hausherren aber nicht nur wieder heran, sondern zur Führung: Beim Stand von 24:22 für die Sarden begann der zweite Abschnitt. In dem diese heiß umkämpfte Partie zweier Teams auf Augenhöhe nichts an Intensität und Leidenschaft und noch viel weniger an Spannung und Ausgeglichenheit einbüßte. Weshalb es konsequenterweise auch mit einem völlig angemessenen 45:45 in die Halbzeit ging.
Zu Beginn der zweiten 20 Minuten ließen die Baskets in der Offensive es dann etwas an Genauigkeit mangeln, weshalb Wucherer nach 2:52 Minuten und einem 6:0-Lauf der Hausherren gleich mal eine Auszeit nahm - da lagen die Seinen 49:55 zurück. Es dauerte dann allerdings ein wenig, bis die fruchtete - auch, weil sich in den großen Kampf beider Teams hüben wie drüben auch ein bisschen mehr Krampf einmischte. Bis zum Ende des dritten Abschnitts hatten die Baskets sich dann wieder berappelt und dank starker fünf Minuten die Führung zurückerhamstert: Mit 67:65 ging's in die finalen zehn Minuten.
Dort geriet den Würzburgern die Partie dann vorübergehend und nach einem 12:2-Lauf der Hausherren etwas aus den Fugen. Bis eben Kapitän Wells das Kommando übernahm: Sein Dreier 39,6 Sekunden vor Schluss und sein anschließend verwandelter Bonus-Freiwurf zum Endstand könnten am Maifeiertag noch Gold wert sein. Das wissen natürlich auch die Baskets-Anhänger, weil fünf Punkte Rückstand in heimischer Halle bei einer ähnlich engagierten Vorstellung sicherlich aufzuholen sind. Und deshalb feierten die 16 aus Würzburg angereisten Baskets-Fans ihre Mannschaft noch lange nach dem Ertönen der Schlusssirene, als die Spieler sich auf dem Parkett die Strapazen dieser physisch wie psychisch intensiven 40 Minuten aus den Leibern dehnten. "Wir wissen, dass wir nächste Woche auch mit sechs Punkten Unterschied gewinnen können", meinte Wells: "Wir werden einen großen Kampf liefern."