Wenn für den HSC Bad Neustadt an diesem Samstag die Saison in der Handball-Bayernliga beginnt, liegen aus unterschiedlichen Gründen anstrengende Wochen hinter den Spielern und den Verantwortlichen. "Da freut man sich, wenn es endlich losgeht", erklären Dieter Schulz, kommissarischer Geschäftsführer der Spielbetriebsgesellschaft, und Trainer Frank Ihl unisono. Dass es am ersten Spieltag gleich zum brisanten Derby beim TSV Lohr (Anwurf: 20 Uhr) kommt, bedauern beide nicht. "Ich erwarte eine volle Halle und eine aufgeheizte Stimmung", sagt Ihl. Und ergänzt: "Wir wissen nach Spielende, in welcher Verfassung sich die Mannschaft befindet."
Diese wurde nach dem Abstieg aus der Dritten Liga stark umgekrempelt, zum Teil geplant, zum Teil ungeplant. "Normalerweise wird ein Kader in der Winterpause zusammengestellt, was diesmal nur schwer möglich war, weil wir den Kandidaten keine Versprechungen hinsichtlich der Ligazugehörigkeit in der Saison 2022/23 machen konnten", sagt Schulz. Er musste die Abgänge von Benjamin Herth (DJK Waldbüttelbrunn), Franziskus Gerr und Maximilian Drude (beide TSV Lohr) zur Kenntnis nehmen. Die Planungen erlitten einen ersten Rückschlag, als sich auch Noah Streckhardt verabschiedete und zum TV Willstätt wechselte. "Um ihn wollte ich eigentlich die Mannschaft aufbauen", seufzt Ihl.
Zu diesem Zeitpunkt stand mit Adrian Wöhler, der vom Zweitligisten ThSV Eisenach kommt, ein erster Neuzugang fest. "Er hat sich in der Vorbereitung zum absoluten Führungsspieler etabliert und ist fast logisch unser neuer Mannschaftskapitän ist", sagt Schulz. Für den Rückraum wurde der Tscheche Daniel Kyvala vom HBV Jena 90 geholt, kurz darauf auch dessen Mannschaftskamerad Diogo Alves, ein Portugiese. Den Kader ergänzen Ben Schicks (DJK Waldbüttelbrunn A-Jugend) und der junge Ukrainer Arsenij Kandaliuk. "Wobei Kandaliuk ein absoluter Entwicklungsspieler ist, den ich vorwiegend auf Außen einsetzen werde", sagt Ihl.
Als Torhüter Nummer 3 sollte der 17-jährige ukrainische Junioren-Nationalspieler Mikhailo Pysarevskij fungieren. Dann startete die intensive Vorbereitungsphase. "Und was ich da erlebt habe, habe ich in meinen langen Jahren beim HSC noch nicht erlebt", klagt Dieter Schulz. Erste negative Überraschung war, dass Stanislaw Gorobtschuk nicht zur ersten Trainingseinheit erschien - und auch danach nicht. Obwohl noch vertraglich gebunden, erklärte Gorobtschuk, nicht mehr für die Rotmilane spielen zu wollen. "Das stellt eine glatte Arbeitsverweigerung dar", sagt Schulz, "eine Gehaltszahlung wird es daher nicht geben".
Vier Wochen vor Saisonbeginn stand der HSC Bad Neustadt mit nur einem Torwart da
Pysarevskij rückte damit zur Nummer 2 zwischen den Pfosten hinter Felix Schmidl auf, aber auch nur bis zum 16. August. Da teilte der junge Ukrainer mit, dass er sich anlässlich eines Lehrgangs der Junioren-Nationalmannschaft in Großwallstadt mit den Verantwortlichen des TVG darauf geeinigt habe, mit vier weiteren Mannschaftskameraden die dortigen A-Junioren zu verstärken. "Mit nur einem Torhüter in eine Saison zu gehen, ist natürlich ein Unding", sagt Schulz, der sich zügig auf die Suche nach einem zweiten Keeper begab.
Es stellten sich fünf Kandidaten vor, letztendlich wurde wenige Tage vor Saisonstart der zuletzt beim hessischen Oberligisten SG Bruchköbel spielende Kroate Ivica Simic verpflichtet. "Simic kann uns weiterhelfen", meint Frank Ihl, "er lebt von seiner Reaktionsfähigkeit, spricht außerdem deutsch, was für mich ein wichtiger Faktor ist".
Der Kader des HSC Bad Neustadt wurde stark umgekrempelt
Bereits im Juli verabschiedete sich dann auch Eigengewächs Dominic Buchmüller. "Das wurde von uns akzeptiert, weil Dominic ein Studium aufnimmt und aufgrund der Ortsferne an keiner Trainingseinheit teilnehmen kann", sagt Schulz, der noch einen weiteren Akteur aus dem Kader streichen musste: "Das hatte ich schon befürchtet, denn Felix Wolf, der Lehrer ist, wurde nach Oberbayern versetzt. Er hat weiterhin seinen Pass bei uns und will wieder für uns spielen, falls es mit einer Rückversetzung in die Gegend klappt."
Der Kader wurde so doch recht stark umgekrempelt. "Wobei ich mit der Vorbereitung größtenteils zufrieden war, die Spieler haben sich engagiert und haben an unserem primären Ziel, konstant über 60 Minuten ihre Leistung aufs Parkett zu bringen, intensiv gearbeitet", sagt Ihl, der als Assistent Sebastian Kirchner an seiner Seite hat. Wenn es denn möglich war. Aufgrund einer Fußverletzung musste Benedikt Kleinhenz in den ersten drei Wochen der Vorbereitungsphase passen. "Er ist jetzt aber einsatzfähig, aber noch nicht hundertprozentig fit", meint Ihl.
Der HSC Bad Neustadt will den Gang in die Abstiegsrunde vermeiden
Der dafür mit Freude feststellen konnte, dass sich Filip Susnjara, der neue stellvertretende Mannschaftskapitän, in der Offensive formverbessert präsentierte: "Er agiert nun entschlossener und mutiger am gegnerischen Kreis." In Lohr muss Bad Neustadt auf Tony Ilic verzichten, der Rechtsaußen steht krankheitsbedingt nicht zur Verfügung.
Der Verein hat als primäres Saisonziel das Erreichen der Aufstiegsrunde ausgerufen. Hierfür muss der HSC in der Vorrunde, in der sich bis Dezember acht Teams aus Nordbayern in Hin- und Rückspielen duellieren, mindestens Platz 4 belegen. Ein erster Schritt soll am Samstag gemacht werden. "Dann müssen wir aber mit kühlem Kopf und breiter Brust ins Unterfrankenderby gegen Lohr mit Maximilian Schmitt, Franziskus Gerr und Maximilian Drude gehen", sagt Ihl.
Der Kader des HSC Bad Neustadt in der Saison 2022/23
Tor: Felix Schmidl, Ivica Simic; Feld: Benedikt Kleinhenz, Ben Schicks, Adrian Wöhler, Daniel Kyvala, Sebastian Kirchner, Vilim Leskovec, Noah Hahn, Diogo Alves, Arsenij Kandaliuk, Emir Rovcanin, Tony Ilic, Filip Susnjara.