Victor Kleinhenz, der Trainer des Fußball-Regionalliga-Bayern-Sechsten TSV Aubstadt, ist ein durch und durch positiver Mensch, der auch mit seinen Emotionen nicht hinterm Berg hält. Er spricht Negatives positiv verpackt an, ist aber stets darum bemüht, den Ausgleich zwischen Hoch und Tief herzustellen. Himmelhoch jauchzend und zu Tode betrübt "gibt es bei uns Trainern und unseren Jungs" nicht, sagt er.
Apropos Jungs: Die Zahl der Fußballer, die älter sind als ihr Trainer (30), wurde in seinen zwei Amtsjahren beim TSV immer weniger. Seine Mannschaft bekam der jüngste Trainer der Liga von Sportdirektor Josef Francic, seinem Vorgänger auf der Bank, so zusammengestellt beziehungsweise übergeben, dass - und das betont er immer wieder - die Gemengelage der Charaktere zusammenpasst. Hinzu kommen Führungseigenschaften und Maßnahmen seinerseits, die für ungewöhnlich viel Zufriedenheit im ungewöhnlich großen Kader sorgt.
Der Kampf um Plätze in der Startelf des TSV Aubstadt läuft "hochanständig" ab
So habe zum Beispiel im Vorfeld des am Samstag um 16.40 Uhr (Live-Ticker auf mainpost.de, Livestream bei BR24, Konferenz im ARD-Fernsehen) in Illertissen stattfindenden bayerischen Toto-Pokal-Finales der Kampf um die Startelf in den letzten Punktspielen und bei den Trainingseinheiten "intensive, aber hochanständige Formen angenommen. Wir sehen keinen Neid in dieser Gruppe".
Nachweisbar ist zudem, dass die Aubstädter viele ihrer 61 Liga-Punkte durch ihre mit gleichstarken Wechselspielern besetzte Bank in der letzten Viertelstunde gewonnen haben. Und dass sie zudem mit diesem Kader besser als manch andere Klubs rotieren und Kräfte dosieren konnten und gut durch die Pandemie und die vielen englischen Wochen kamen.
Bei insgesamt 57 Spielen in dieser Saison - 38 in der Liga, sechs im Pokal und 13 Testspielen - war der Kader nicht auf Naht genäht, sondern hatte genau die richtige Qualität in der Breite. Jede Position war mindestens doppelt besetzbar. Mehrere Spieler waren flexibel einsetzbar. Kleinhenz geniert sich auch nicht, an der passenden Stelle ein Quäntchen Eigenlob einfließen zu lassen.
Zur Einstimmung auf das Pokalfinale hat der TSV Aubstadt 9:1 gegen Schalding-Heining gewonnen
So meinte er nach dem mit 9:1 gegen den SV Schalding-Heining gewonnenen Spiel am vergangenen Samstag: "Dieses eine Spiel wollen wir gar nicht so sehr bewerten. Das kann schon mal so eine Dynamik annehmen. Aber generell war es für uns eine herausragende Saison. Ich bin wirklich sehr stolz, was der ganze Verein mit dem tollen Umfeld, die Mannschaft und das Trainerteam alles geleistet haben. Von daher fahren wir jetzt erhobenen Hauptes mit dem halben Dorf, keine Ahnung, nach Illertissen und wollen da unten nach dem Spiel eine richtige Party feiern."
Im Bayerischen Fernsehen am Sonntagabend beschrieb Timo Rost, der Meistertrainer der SpVgg Bayreuth, Aubstadt als "eine typische Umschalt-Mannschaft" und Illertissen "eine Mannschaft, die die Dinge eher spielerisch löst". Dieser Einschätzung seines Kollegen widerspricht Kleinhenz: "Es hat sich ins Frühjahr hinein, besonders gegen Buchbach und Eichstätt und jetzt gegen Schalding, gezeigt, dass wir in der Entwicklung Fortschritte gemacht haben gegen Mannschaften, die sich hinten rein stellen. Von daher sehe ich eine tolle Entwicklung für die Zukunft."
Die zuletzt fehlenden Tim Hüttl (Knie) und Leon Heinze (krank) haben trainiert und sind einsetzbar. "Bei Timo Pitter ist die Tendenz offen", sagt Kleinhenz. Pitter hatte sich beim Spiel in Pipinsried am Syndesmoseband verletzt.
Circa 500 Anhängerinnen und Anhänger werden den TSV Aubstadt in Illertissen unterstützen
Acht Busse bringen je circa 50 TSV-Fans nach Illertissen, sie sind längst ausverkauft. Mit weiteren 100 individuell anreisenden sich die Aubstädter wohl auf 500 Unterstützer in Illertissen freuen. Die Gastgeber haben Pokal-Final-Erfahrung, unterlagen 2021 im Vöhlin-Stadion dem Drittligisten Türkgücü München 7:8 nach Elfmeterschießen. Im Halbfinale schalteten sie die Würzburger Kickers aus (3:1)
Titelverteidiger Türkgücü war in dieser Pokalsaison eine Hürde des TSV Aubstadt auf dem Toto-Pokal-Weg von Thulba (14:0) über Ansbach (3:1), Rain/Lech (3:1), Türkgücü München (3:1) und 1860 München (4:3 nach Elfmeterschießen) bis Illertissen – oder mehr, Victor Kleinhenz? "Natürlich, wenn man so weit gekommen ist, dann will man auch gewinnen."
Der TSV Aubstadt reist mit dem kompletten Kader bereits am Freitag nach Illertissen
18 Spieler dürfen auf dem Spielberichtsbogen eingetragen werden. "Wir werden aber alle, die nicht im Kader sind, mitnehmen, wenn wir am Freitag anreisen und unten übernachten." Am Samstag geht es dann nicht nur um einen großen Pokal und sehr viel Prestige, sondern auch um einen Startplatz in der lukrativen 1. Hauptrunde des DFB-Pokals.
Diese wiederum garantiert dem Pokalgewinner von vornherein Prämien von rund 130.000 Euro aus den Vermarktungserlösen des Deutschen Fußball-Bunds. Abzüglich 25 Prozent für den Solidartopf des Bayerischen Fußball-Verbands. "Echt?", fragt Kleinhenz, "das habe ich noch gar nicht gewusst."
"Es wird wichtig sein, dass wir eine gewisse Lockerheit mit ins Spiel nehmen", sagt Kleinhenz. "Die Vorfreude auf das Spiel soll die Anspannung übertreffen. Diesen Eindruck hatte ich aber schon die ganze Trainingswoche. So war das auch bei den anderen K.-o.-Spielen, dass wir unser Spiel auf den Platz bringen, mit viel Überzeugung und Entschlossenheit." Dann würden letztendlich Kleinigkeiten entscheiden.
Der FV Illertissen habe "Top-Einzelspieler und besonders viel Qualität bei Standardsituationen. Von den Spielertypen her gibt es viele Parallelen mit uns". Gegen Illertissen hat Aubstadt bislang viermal gespielt und nie verloren. In der Hinrunde dieser Saison gewannen die Aubstädter in Illertissen 2:1, in der Rückrunde kamen sie glücklich zu einem 1:1.
"Ich bin davon überzeugt, dass die vier Begegnungen vorher nicht ansatzweise was zu tun haben mit diesem Spiel", sagt Victor Kleinhenz. "Ich bin aber absolut zuversichtlich. Die Jungs versprühen so viel Optimismus in den letzten Tagen." Etwas anderes scheint bei diesem Trainer auch kaum möglich.