
Als Aktiver war Julian Grell Angreifer. Er dachte auf dem Fußballplatz offensiv, er war auf Tore aus und ließ sich an ihnen messen. Heute ist der 37-Jährige Trainer des TSV Aubstadt in der Fußball-Regionalliga Bayern und legt einen anderen Maßstab an. "Die Basis erfolgreichen Fußballs", wiederholt er ein ums andere Mal, "ist die Defensive". Er sagte diesen Satz auch nach dem 0:0 bei Viktoria Aschaffenburg – und drückte damit seine Zufriedenheit mit diesem Spiel im Speziellen wie den jüngsten Auftritten seiner Mannschaft im Allgemeinen aus.
Die blieb zwar zum vierten Mal in Folge in der Fremde sieglos, aber das war am Dienstagabend nur ein Randthema: Nach dem 0:0 gegen den FC Bayern München II, dem 5:0 gegen den FC 05 Schweinfurt und dem 2:0 gegen die SpVgg Ansbach war dieses torlose Remis das vierte Spiel für den TSV ohne Gegentor in den letzten fünf Begegnungen – mit dem 0:1 beim FV Illertissen als Ausreißer.
"Wir wollten den Schub der letzten Spiele mitnehmen und wieder so stabil stehen. Wenn uns die Gelb-Rote-Karte nicht ausgebremst hätte, hätten wir uns sicherlich offensiv auch noch belohnt", konnte sich Grell mit dem Resultat durchaus anfreunden. Auch wenn seine Elf durch Marco Nickel (41.) und Michael Dellinger (67.) – da war der TSV Aubstadt bereits in Unterzahl – zwei Großchancen liegenließ.
Umgekehrt wurde Aubstadts Torwart Vladyslav Vertiei nur bei einem Paraschiv-Distanzknaller wirklich gefordert, bestand diese Bewährungsprobe freilich bravourös (78.). Alles in allem war das 0:0 also ein angemessenes Ergebnis. "Ich hatte das Gefühl, dass die Jungs fast ein bisschen enttäuscht waren", spiegelte Grell die Stimmung in der TSV-Kabine.
Leon Heinze vom TSV Aubstadt sieht wie in der vergangenen Saison in Aschaffenburg Gelb-Rot
Das Remis war nun ein Ergebnis, das Leon Heinze aufatmen ließ. In der vergangenen Saison war er ebenfalls in Aschaffenburg vom Platz geflogen, damals nutzte die Viktoria ihre Überzahl tief in der Nachspielzeit zum 1:0-Siegtreffer. "Die erste Aktion war aus meiner Sicht keine Gelbe Karte", nahm Grell Heinze zumindest teilweise in Schutz. Das zweite Foul, als der diesmal links im Fünfer-Mittelfeld eingesetzte 24-Jährige einen Konter rigoros unterband, war unstrittig eine Verwarnung wert. Mit seinem Ruf nach "mehr Fingerspitzengefühl" bei der Beurteilung dieser Siuation stieß Grell bei Schiedsrichter Quirin Demlehner auf taube Ohren.

Nach den 70 Minuten Unterzahl gegen die Bayern diesmal also über eine halbe Stunde – und wieder schaffte es Aubstadt, dem zahlenmäßig überlegenen Gegner kaum gefährliche Situationen zu gestatten. "Fußball ist 50 Prozent Spiel mit Ball und 50 Prozent Spiel gegen den Ball. Dieses gegen den Ball machen wir hervorragend, machen wir vielleicht mit am besten in dieser Liga", sagte Grell und hat damit durchaus einen Punkt. Lässt man die bittere 0:5-Klatsche beim FC Augsburg II außer Acht, hat seine Mannschaft in den übrigen 15 Partien nur acht Gegentreffer geschluckt. So sind es 13 Gegentore, nur Tabellenführer Würzburger Kickers hat weniger.
Maximilian Stahl und Christopher Bieber werden erstmals seit Wochen eingewechselt
Auf die Unterzahl reagierte Grell mit der Einwechslung von Maximilian Stahl, der nach seinem Muskelbündelriss aus dem Türkgücü-Spiel zuletzt über zwei Monate hatte aussetzen müssen. Der 20-Jährige, vergangene Saison noch beim Landesligisten DJK Schwebenried/Schwemmelsbach, verteidigte zunächst links, rückte später ins zentrale Mittelfeld und war hier wie dort durchaus ein belebendes Element. "Maximilian ist einer dieser jungen Kerle, die wir Trainer fördern. Er verkörpert mit seiner Mentalität und seinem Potenzial den Typ Spieler, den wir beim TSV Aubstadt entwickeln wollen", sagte Grell über den jungen Neuzugang.
Mit der Rückkehr von Stahl und der von Christopher Bieber, der einen ersten Kurzeinsatz nach sechs Wochen Verletzungspause hatte, ist Aubstadts Kader bis oben hin voll. Zum einen seien die vielen Wahlmöglichkeiten für Grell "klasse". Zum anderen gelte es, viele Gespräche zu führen, um diejenigen, die nicht wie gewünscht zum Zug kommen, bei der Stange zu halten. Die nächste Gelegenheit, sich zu empfehlen, gibt es schon am Samstag, wenn um 14 Uhr das Heimspiel des TSV Aubstadt gegen den TSV Buchbach angepfiffen wird.