So recht wusste TSV-Trainer Julian Grell nicht, wie er unmittelbar nach Spielende das 0:0 des TSV Aubstadt gegen den FC Bayern München II in der Fußball-Regionalliga Bayern vor 1735 Zuschauerinnen und Zuschauern bewerten sollte. "Ich stehe jetzt hier mit gemischten Gefühlen. Meine Mannschaft hat ein tolles Spiel gemacht und einen super Fight abgeliefert. Ein unbegreiflicher Blackout hat die Jungs aber letztlich um den verdienten Lohn gebracht", sagte Grell. Was er meinte, war die spielentscheidende Situation in der 18. Minute. Nach einem weiten Ball der Gäste stürmte TSV-Torhüter Maximilian Weisbäcker aus seinem Strafraum, verschätzte sich bei einer eigentlich harmlosen Situation total und spielte den Ball außerhalb des Strafraums obendrein mit der Hand. Die logische Konsequenz: Rote Karte und damit über 70 Minuten Unterzahl für die Aubstädter.
Julian Grell richtet deutliche Worte an seinen Torhüter Maximilian Weisbäcker
Es war nicht der erste schwere Patzer von Weisbäcker in den letzten Wochen. Nach einem starken Saisonstart wirkte der 22-Jährige zuletzt komplett von der Rolle und patzte gleich mehrmals folgenschwer. "Junge Spieler machen Fehler und das dürfen sie auch. Man muss aber auch aus diesen Fehlern lernen und dann eine Reaktion zeigen", fand Grell deutliche Worte. Bereits am vergangenen Wochenende hatte der TSV-Coach bemängelt, dass Weisbäcker nach Anfragen von Beratern und anderen Vereinen aktuell den Kopf nicht frei habe. "Ich stehe hinter Maxi, doch Fehler müssen auch bestraft werden. Er muss seinen Fokus jetzt wieder voll auf den TSV Aubstadt lenken und sich selbst aus dieser Situation herauskämpfen. Zu Saisonbeginn hat er ja gezeigt, zu was er im Stande ist."
Dass der TSV Aubstadt aktuell ein Torhüterproblem hat, konnte und wollte Grell nicht leugnen. Damit meinte er aber nicht den jungen Marvin Walter, der nach Weisbäckers Aussetzer zu seinem zweiten Einsatz in der Regionalliga kam. Der 19-Jährige wurde von den Münchnern in den über 70 Minuten kaum einmal gefordert. Bei der einzigen Chance der Gäste durch Lovro Zvonarek war Walter auf dem Posten (49.) und einen Ballverlust am eigenen Strafraum machte der TSV-Schlussmann mit einer starken Parade sofort wieder gut.
Während von den Gäste-Spielern auf dem Platz wenig kam, fielen die Fans der Bayern Mitte der ersten Halbzeit erneut mit einem Schmähplakat in Richtung des TSV Aubstadt auf. Im Gegensatz zum vergangenen Jahr, als die Spruchbänder am Tag der Deutschen Einheit mit SED-Vergleichen deutlich unter der Gürtellinie gingen, war es diesmal ein Seitenhieb auf die Zoll-Razzia beim TSV Aubstadt im Mai. "Im Zonenrandgebiet für überflüssig gehalten: Sozialabgaben, Lohnsteuer, Gästefans, Recht und Moral", stand auf dem ausgerollten Plakat.
In Unterzahl hat der TSV Aubstadt die besseren Torchancen
Auf dem Platz gaben trotz Unterzahl, was übrigens kaum zu spüren waren, jedoch vor allem die Aubstädter den Ton an. "Das Einzige, was ich im Vorfeld erwartet hatte, war eine Reaktion auf die Klatsche in Augsburg. Das war heute definitiv der Fall", sagte Grell. Vor allem über die zurückerlangte defensive Stabilität war der TSV-Coach froh, was auch an einer Systemumstellung lag. Gegen die technisch starken jungen Münchener setzte Grell auf eine Dreierkette, die er in der Saisonvorbereitung über Wochen hinweg eingeübt hatte.
Etwas überraschend übernahm Kapitän Ben Müller den zentralen Part in der TSV-Verteidigung. Mit seiner Ruhe am Ball und dem guten Stellungsspiel sorgte er für viel Sicherheit im TSV-Spiel. "Mir kam die Spielweise der Bayern mit vielen flachen Bällen entgegen, in der Luft hätte ich mich wohl deutlich schwerer getan", sagte Müller zu seinem Auftritt auf der ungewohnten Position. Im Gegensatz zu seinem Trainer war der TSV-Kapitän mit dem Punktgewinn absolut zufrieden.
Dabei hatte nicht viel gefehlt, und die Aubstädter hätten auch alle drei Punkte einfahren können. "Wir wollten auch mit zehn Mann offensiv bleiben und immer wieder Nadelstiche setzten", beschrieb Grell den Matchplan. Der ging erfolgreich auf, denn die Aubstädter besaßen über 90 Minuten ein deutliches Chancenplus.
Michael Dellinger lässt sich bei der Auswechslung zu viel Zeit und sieht die fünfte Gelbe Karte
Die zwei besten Möglichkeiten der Partie hatte Aubstadts Marco Nickel. Kurz vor der Pause kam Nickel nach einem Flankenball von Adrian Kireski aus dem Halbfeld völlig frei zum Kopfball, scheiterte aber an Gäste-Keeper Max Schmitt. Noch besser war Nickels Gelegenheit in der 71. Minute, als er nach einer Dellinger-Flanke mit einem Kopfballaufsetzer nur die Latte traf. "Ein Tor hätte heute wohl zum Sieg gereicht", sagte Grell, der seine Mannschaft nun sofort auf das nächste schwere Spiel vorbereiten muss.
Bereits am kommenden Dienstag (Anpfiff: 14 Uhr) geht es für den TSV Aubstadt beim FV Illertissen in der Regionalliga weiter. "Man hat heute wieder gesehen, dass die Mannschaft, egal, wie sie zusammengestellt ist, jedem Gegner Paroli bieten kann", blickte Grell optimistisch voraus. Mit Leonard Langhans, der nur drei Wochen nach seinem Außenbandriss am Samstag in der Schlussphase sein Comeback feierte, hat der TSV-Coach zudem eine weitere personelle Alternative. Verzichten muss er hingegen auf Michael Dellinger, der sich bei seiner Auswechslung zu viel Zeit ließ und dafür seine fünfte Gelbe Karte sah.