
Es ist ein Heimspiel. Die "Würzburg Foren" sind seine Veranstaltungen. An diesem Abend im voll besetzten Saal des Mozartareals geht es um sein Thema: Klimapolitik. Der "Klimabürgermeister" Martin Heilig betritt die Bühne.
Leidenschaftlich, meist mit einem Lächeln, erklärt der OB-Kandidat der Grünen, warum ihm dieses Thema am Herzen liegt. Was ihm Mut macht, was ihn antreibt – an erster Stelle seine fünf Kinder und die Sorge um ihre Zukunft. Und nicht zuletzt, was er gelernt hat: "Nimm die Leute mit." Es ist die Lehre aus einer großen Niederlage.
Was Heilig heute zum Talavera-Bürgerentscheid in Würzburg denkt
Rückblick: Im Oktober 2021 kommt es zu einem für Würzburg ungewöhnlichen Schritt. Als eine Art Koalition im Stadtrat tun sich Linke, Grüne, ÖDP, Freie Wähler, FDP sowie einzelne Stadträte tun sich für ein das gemeinsame Verkehrskonzept im "Bischofshut" – wie die Altstadt aufgrund ihrer Umrisse genannt wird – zusammen. ÖPNV verbessern, Radwege ausbauen, weniger Parkplätze, mehr Grün. Heilig ist der Kopf des Bündnisses "Besser leben im Bischofshut".
Doch nicht einmal ein Jahr später werden Parkgebühren auf der Talavera per Bürgerentscheid verhindert. Einer der ersten Schritte des Verkehrskonzepts ist krachend gescheitert – und vom Bündnis hört Würzburg seither nicht mehr viel.
Heilig sieht das heute anders. "Die Hauptidee des Bündnisses bleibt: Wir wollen Parkplätze nicht wegnehmen, wir wollen sie unter die Erde oder außerhalb des Bischofshuts verlegen", sagt er. Die Pläne gehen seiner Meinung nach voran, wenn auch langsamer. Bei der Talavera sei man zu schnell vorgegangen, habe zu wenig erklärt und die Menschen nicht genug einbezogen.
"Christian und ich": Heilig will Arbeit von Schuchardt fortsetzen, aber Themen aktiver setzen
Jetzt will Heilig in die Fußstapfen von OB Christian Schuchardt als Brückenbauer und Vermittler treten. "Christian und ich", wie er im Wahlkampf oft sagt, hätten gemeinsam vieles vorangebracht. "Es braucht jemanden an der Stadtspitze, der Kompromisse findet und Führung zeigt." Zumindest bei letzterem will er eine aktivere Rolle als Schuchardt einnehmen: "Den Ankauf potenzieller Parkflächen hat er nicht zu seiner obersten Priorität gemacht, sonst wären wir heute weiter."

Heilig ist laut seiner Schilderung durch das Vorbild seiner Eltern zum politischen Menschen geworden. Nachdem er sich erst andere Parteien angeschaut habe, sei er als "Realo" bei den Grünen gelandet, vor allem wegen deren Umwelt- und Klimapolitik.
Bei diesem Thema und der notwendigen Klimaanpassungen sieht Heilig einen "großen Konsens in der Stadt". Gleichzeitig gäbe es bestimmte "Triggerpunkte", "da knallt es dann". Was macht er in hitzigen Diskussionen? "Durchatmen, sortieren, zurückfragen und gegenseitiges Verständnis aufbauen", sagt Heilig. "Da habe ich in den vergangenen fünf Jahren viel dazugelernt."
Seit fünf Jahren ist Martin Heilig Würzburgs zweiter Bürgermeister und Leiter des Umwelt- und Klimareferats. "Wir haben bei Klima und Umwelt in dieser Zeit viele Dinge vorangebracht", sagt Heilig. Spielplätze, ÖPNV-Taktverdichtung, Wärmeplanung zählt er auf. Für große, langfristige Veränderungen wie die Klimatransformation brauche es nicht nur direkt sichtbare Ergebnisse, sondern auch langfristige Konzepte.
Kritikfähigkeit in der Politik: Die Erfahrungen eines Lehrers und Leistungssportlers
Heilig ist es wichtig, seine Politik auf eine wissenschaftliche Basis zustellen. "Man muss aufpassen, dass man nicht arrogant wirkt, aber es gibt auch einfach Fakten", antwortet er auf die Frage, ob bei ihm auch manchmal der Lehrer zum Vorschein kommt. Zehn Jahre hat er an einer Berufsschule gelehrt. Als Bürgermeister eine hilfreiche Erfahrung: "Man muss kritikfähig bleiben und trotzdem einiges aushalten können – besonders als Grüner."
"Die Leute wollen Originale haben, jemanden, der kein Blatt vor den Mund nimmt. Aber dann ist der Aufschrei schrill, wenn mal ein Witz daneben geht." So ein "Witz" wie dieser: Während Würzburg darüber diskutierte, dass die rund 1000 Parkplätze auf der Talavera künftig etwas kosten sollen, nannte er im Fernsehen sein Lieblings-Privileg als Bürgermeister: überall kostenlos zu parken.
Ein Satz, für den sich Heilig öffentlich entschuldigte. Heute scheint er aus der Geschichte gelernt und einen Umgang, auch mit den damaligen teilweise heftigen persönlichen Angriffen gefunden zu haben. Bei der Main-Post-Wahlarena antwortete er auf eine Frage zu diesem drei Jahre alten Vorgang mit Humor: "Wenn sonst nichts schiefgelaufen ist, ist es wohl ziemlich gut gelaufen."

Seine Fähigkeit, aus Rückschlägen zu lernen und danach wieder aufzustehen, führt er auf seine Zeit als erfolgreicher Leistungssportler zurück. Als Ruderer sei er da erprobt. Für ihn ist es die vielleicht wichtigste Fähigkeit eines Politikers. Die muss er auch bei der OB-Wahl zeigen. 2020 wollte er schon einmal Oberbürgermeister werden. Mit 32 Prozent erzwang er gegen Amtsinhaber Schuchardt damals nicht einmal eine Stichwahl.
Auch aus der Talavera-Niederlage habe er einiges gelernt: Erst zuhören, was Bürgerinnen und Bürger bewegt und dann Konzepte zu entwickeln. Seine sechs "Würzburg Foren", die ein Part seines Wahlkampfes sind, könnten auch über den Wahlkampf hinaus für diesen Politikstil Vorbild sein. Heilig präsentiert sich an diesen Abenden nicht als allwissender Politiker, der den Bürgern verkündet, was er zu sagen hat. Sondern er hört sich an, welche Wünsche die Menschen an die Stadt haben. Er fragt nach, schreibt mit, nimmt neue Ideen auf. Man konnte ihn in den vergangenen Wochen quasi live dabei zuschauen, wie er sein Wahlprogramm entwickelt hat.
Außerdem ist Heilig im Wahlkampf auf den sozialen Medien sehr aktiv, diskutiert auf vielen Podien der Stadt, besucht Veranstaltungen, steht am Wahlkampfstand, macht Haustürwahlkampf und hat ein ambitioniertes Team um sich versammelt: Zwei Tage nach der Bundestagswahl hatten die Grünen als erste Partei bereits alle ihrer Plakate mit Werbung für Heilig überklebt. Es sieht so aus, als will der 49-Jährige dieses Mal unbedingt gewinnen.
Martin Heilig
Studium: Volkswirtschaftslehre, Europarecht und Wirtschaftspädagogik. Abschluss Dipl.-Handelslehrer
Beruf: hauptamtlicher Bürgermeister und Klima- und Umweltreferent der Stadt.
Politischer Werdegang: 1998 Mitbegründer der Grünen Jugend Würzburg und Bayern,2007 bis 2012 Bezirksvorsitzender Unterfranken, 2014 bis 2020 Würzburger Kreisvorsitzender der Grünen, 2013 und 2017 Bundestagskandidat und 2020 OB-Kandidat in Würzburg
Familienstand: verheiratet, fünf Kinder
Das Sandkasten Verhalten anderer Parteien ist mir vielfach unangenehmer, denn verlässlich sind Kindergartenkinder ja noch nicht.
Vor 2 Wochen noch heftig dementiert....
Ich wünsche mir, dass er die Chance bekommt zu liefern, wenn nicht wird er eben wieder abgewählt. So ist es einfach bei freien Wahlen. Dann dürfen wegen mir alle hier weiter schimpfen...
Die Prophezeiung, er würde seine "grünen Ideale als OB durchdrücken" ist genauso unsinnig, wie das Märchen, dass er seine Partei verschweigt. Meines Wissens, gibt es dafür einen Stadtrat- der ist breit genug aufgestellt und kennt die Regeln demokratischer Entscheidungen.
1. Ein grüner Bürgermeister kann zwar Bio-Kantinen fördern und neue Radwege bauen – aber das Klima juckt das null. China baut jeden Monat neue Kohlekraftwerke. Die USA diskutieren lieber über Waffenrechte als über CO₂. Selbst wenn er Würzburg zur grünen Oase macht: das CO₂ macht trotzdem Weltreise.
2. System schlägt Idealismus
Kommunalpolitik ist wie ein alter LKW mit 4 platten Reifen. Selbst wenn der Fahrer grün ist – viel bewegen kannst du damit nicht. Jeder Beschluss muss durch Gremien, Ausschüsse, Gutachten und die nächste Bauvorschrift. Ergebnis: Die gute Idee stirbt an Bürokratie oder im Stadtrat.
3. Greenwashing für die Seele
Grüner Bürgermeister klingt super fürs Gewissen der Wähler – aber wenn dann doch ein Amazon-Logistikzentrum gebaut wird, weil’s Arbeitsplätze bringt, ist das halt „wirtschaftliche Vernunft“.