Er war 24 Jahre lang Bürgermeister der Stadt Ochsenfurt und hat als solcher viel erlebt: Für diese Redaktion hat Peter Wesselowsky fünf "geheime" Orte in und um Ochsenfurt herausgesucht, die erst auf den zweiten Blick ihre besondere Geschichte offenbaren. Start- und Ausgangspunkt der Tour war die Hohestadter Straße, es folgten Stationen in der Stadt, ehe es aus Ochsenfurt herausging.
1. Der versetzte Stein
In der alten Hohestadter Straße, die vor dem Bau der Südtangente die Verbindung zwischen dem Gewerbegebiet Hohestadt mit Ochsenfurt war, gab es einen Einfriedungsstein, der sich lange Zeit nicht ganz da befand, wo er ursprünglich stehen sollte. Altbürgermeister Peter Wesselowsky erinnert sich an eine Nacht in den 1980er-Jahren, als ihn kurz vor Mitternacht Friedrich A. Kinkele, der damalige Geschäftsführer der Firma Kinkele, anrief. Der Schwerpunkt des heute europaweit führenden Ochsenfurter Spezialmaschinenbauers liegt in der Herstellung ausgefallener Objekte, die oft auch ungewöhnliche Maße haben.
Versteckte Orte in und um Ochsenfurt
In jener Nacht konnte ein Kinkele-Spezialtransporter die Hohestadter Straße nicht passieren, da die Ladung breiter als der Lkw war – und dieser damit an einem kleinen Mäuerchen mit einem gemauerten Sockelstein steckenblieb. "Wir haben uns mitten in der Nacht in der alten Hohestadter Straße getroffen, Seile um den Stein gebunden, der auf öffentlichem Gelände stand, ihn gelockert und dann um einen halben Meter verrückt", erzählt Wesselowsky. Anschließend konnte der Lkw weiterfahren. Heute ist von dem "Kinkele-Wesselowsky"-Stein nichts mehr zu sehen – ein alter Metallpfahl (s. Bild) markiert aber die Stelle.
2. Der beseitigte Brückentorturm
Kommt man über die Alte Mainbrücke zum Eingang in die Ochsenfurter Altstadt, liegt zur Rechten das "Schlössle". Daneben ragte einst der Brückentorturm auf. Dieser wurde Mitte des 19. Jahrhunderts "eingelegt", also beseitigt, berichtet Peter Wesselowsky.
Beim Bau des Hochwasserschutzes 1986 wurde das Fundament des Turms entdeckt. Darin befand sich ein Kellerraum, der, anders als zum Beispiel der Keller des Taubenturms, nicht als Verlies diente. Das Gewölbe des Turms besteht noch, ist aber nicht öffentlich zugänglich. Die Hintergründe zur Geschichte des Turms kennt Wesselowsky: "Früher gab es nur drei Eingänge zur Stadt – das Bollwerk, den Zugang über die Mainbrücke und das Obere Tor. Bei Dunkelheit wurden diese Tore geschlossen. Die Leute in der Stadt wollten aber an die frische Luft und ans Wasser – und haben deshalb den Brückentorturm abgerissen."
3. Als der Greinberg noch Weinberg war
Ein weiterer Ort, von dessen Vergangenheit man vielleicht noch nicht wusste, ist der Greinberg, vom Bärentalgraben aus gesehen. "Bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts befand sich hier ein begehrtes Weinbaugebiet", sagt Peter Wesselowsky. Wie an vielen anderen Orten in Franken hat eine Pilzkrankheit (Peronospora) für das Ende der dortigen Bestände gesorgt. "Die Pilzkrankheit der Reben wurde um 1878 aus Nordamerika eingeschleppt und führte unter anderem zur großflächigen Beendigung vieler Weinberge, da man sich anschließend auf die wesentlichen Flächen konzentrierte", so Wesselowsky.
Ein Spaziergang im Bärentalgraben führt an den früheren Weinbergen vorbei. Peter Wesselowsky verbindet mit der Gegend außerdem Kindheitserinnerungen: "Als Pfadfinder habe ich dort mit meinen Freunden Süßholzpfeife geraucht."
4. Die Ruine des ehemaligen Fährhauses
Fährt man von Ochsenfurt aus in Richtung Marktbreit, geht auf Höhe des Hotels "Polisina" eine kleine Straße nach links zum Main ab. Folgt man dieser bis zum Ufer, stößt man auf die zwischen Büschen versteckten Ruinen des linksmainischen Frickenhäuser Fährhauses aus Stein. "Bis 1954 ist im Sommer und an den Wochenenden zwischen Frickenhausen und dem anderen Mainufer eine Fähre gefahren; eine Fahrt kostete zehn Pfennig", erinnert sich Peter Wesselowsky. Vor allem an den Wochenenden wären die Frickenhäuser gern in die Polisina gegangen, "da gab es einen recht ordentlichen Verkehr über den Main".
Das Hotel gab es damals noch nicht; das Gelände, das zur Frickenhäuser Gemarkung gehört, trug aber bereits den Namen Polisina. Ein Frickenhäuser hatte die Vorzüge der Waldrandlage erkannt, auf dem Gelände Tische und Bänke aufgestellt und Getränke für die Besucher ausgeschenkt. Die Polisina entwickelte sich so zu einem beliebten Ausflugziel.
5. Ein versteckter See in der Nähe der "Roten Brücke"
Wer von Ochsenfurt aus auf der B13 Richtung Uffenheim fährt und sein Auto etwa auf halber Strecke rechts unterhalb der "Roten Brücke" abstellt, sieht von dort aus auf einer Anhöhe ein Wäldchen, in dem sich ein kleiner versteckter See mit Fischen befindet. Hier kommt laut Peter Wesselowksy Schichtenwasser zu Tage. "Dieses Gebiet ist für die Tiere wichtig zum Äsen – und für die Jäger, weil sich die Tiere hier versammeln", erklärt er.
In der Nähe des idyllisch gelegenen Sees befindet sich außerdem der Landturm Ochsenfurt, ein runder, sechsgeschossiger Wartturm, der den Türmen der Stadtbefestigung Ochsenfurts ähnelt.
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