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Ochsenfurt
80. Geburtstag: Warum für Peter Wesselowsky jeder Tag wertvoll ist
Worauf ist Ochsenfurts Altbürgermeister Peter Wesselowsky besonders stolz und was ist ihm misslungen? An seinem runden Geburtstag gibt er sehr persönliche Einblicke.
Sein Garten gehört zu Peter Wesselowskys Lieblingsplätzen. 
Foto: Gerhard Meißner | Sein Garten gehört zu Peter Wesselowskys Lieblingsplätzen. 
Gerhard Meißner
 |  aktualisiert: 09.02.2024 10:26 Uhr

Am 25. Mai feiert Peter Wesselowsky seinen 80. Geburtstag. 24 Jahre lang war er Bürgermeister der Stadt Ochsenfurt und engagiert sich bis heute in zahlreichen Ehrenämtern. Im Interview blickt Wesselwosky zurück auf sein politisches Wirken, auf die letzten Monate im Lockdown und auf das Älterwerden. 

Frage: Als Mensch im Unruhestand muss Sie der Lockdown der letzten sechs Monate doch sehr belastet haben.

Peter Wesselowsky: Im Gegenteil. Ob im Stalldorfer Wald, am Schwanberg oder unlängst im Buchen-Urwaldgebiet im Weilersbachtal im Steigerwald – wir waren mindestens jeden zweiten Tag unterwegs. Ich muss sagen, das war eigentlich ein neues Erlebnis, auch für meine Frau Reinhild. Die kennt sich jetzt überall aus. Da muss man gar nicht weit fahren und es ist zu jeder Jahreszeit schön. Und es führt sogar zu Konsequenzen. 

Welche Konsequenzen?

Wesselowsky: Den Judenhügel bei Kleinbardorf, einen jüdischen Friedhof in Rhön-Grabfeld, wollte ich schon immer mal besuchen. Schön im Wald gelegen, aber ich hab geglaubt, ich seh' nicht recht. Mittendurch führt ein Wanderweg und daneben steht eine heruntergekommene Bretterbude. Ich hab denen geschrieben, wie es wäre, wenn ich auf einen christlichen Friedhof eine Brotzeitbude stellen würde. Inzwischen hat man mir geantwortet, dass die Bude entfernt wird. 

Was haben Sie denn dazu gelernt in den letzten Monaten?

Wesselowsky: Meine botanischen Kenntnisse sind besser geworden. Und dann schau ich natürlich noch immer vieles mit dem kommunalpolitischen Blick an; wie sich Dörfer entwickelt haben, wie Plätze gestaltet wurden. 

Woran denken Sie denn, wenn Sie diesen kommunalpolitischen Blick heute über Ochsenfurt schweifen lassen? 

Wesselowsky: Ich bin unlängst erst die Badgasse hinuntergelaufen. Die wurde bei der Altstadtsanierung als erste gepflastert. Was war das für ein Aufschrei, als wir damals die gesägten Steine genommen haben. Das ist heute Standard. Die Neugestaltung der Altstadt, das war schon eine der Aufgaben, die mich mit am längsten beschäftigt hat. Wenn man sieht wie sich die Altstadt entwickelt hat, jetzt mit dem schönen Marktplatz, kleinen Geschäften, der Gastronomie oder dem Wochenmarkt, dann hat sich das, glaub' ich, gelohnt. Klar sind die großen Märkte nicht mehr da. Trotzdem ist die Situation in Ochsenfurt noch besser als in vielen anderen Städten, wo die Supermärkte heute oft weit außerhalb der Altstadt liegen.

Gibt es etwa, worauf Sie richtig stolz sind, dass es Ihnen geglückt ist?

Wesselowsky: Der Bau der Südtangente war sicher ein wichtiger Schritt, weil dadurch die Gestaltung der Altstadt oder die vernünftige Erschließung des Gewerbegebiets Hohestadt erst möglich geworden sind. Auch Richtung Marktbreit wurde das zu einer richtigen Entwicklungsachse. Man muss aber sagen, dass die Überlegung ja schon bei meinen Vorgängern Dr. Martin Oechsner und Karl Remling angefangen haben.

Wenn ich mal die umgekehrte Frage stelle. Was ist Ihnen misslungen?

Wesselowsky: Ich denke da an das Industriegebiet am Wolfgang. Es fing mit einer Bauanfrage der Bavaria Yachtbau an. Das Landratsamt hatte große Bedenken wegen des Trinkwasserbrunnens im Bärental. Das Wasserwirtschaftsamt hätte die Ansiedlung dann zwar genehmigt, aber bis dahin hatte sich Bavaria schon für Giebelstadt entschieden, und wenn man sieht, was daraus geworden ist, war es aus Sicht der Firma die bessere Lösung. Inzwischen haben sich ja einige Betriebe am Wolfgang angesiedelt und die Stadt konnte der Chemiefirma SFM dort einen neuen Standort anbieten, um das Gebiet an der Floßhafenstraße zu entwickeln.

Heißt das, man kann das Industriegebiet am Wolfgang am Ende dann doch noch als Teil einer Erfolgsgeschichte interpretieren?

Wesselowsky: Man muss einen längerfristigen Blick haben. Aber dagegen spricht eben die Ungeduld der Menschen.

Wie hat sich das Amt eines Ochsenfurter Bürgermeisters seit ihrer Zeit verändert?

Wesselowsky: Anfang der 2000er Jahre hatten wir eine Delle bei den Finanzen und haben deshalb unter anderem das kleine Kommunalunternehmen KSO geschaffen. Das hat zu einfacheren Strukturen und schnelleren Entscheidungen geführt und läuft nach wie vor sehr gut.

Heißt das, dass es heute einfacher ist, Bürgermeister zu sein?

Wesselowsky: Einfacher sicher nicht. Es wird nicht einfacher.

Nach Ihrer Zeit als Bürgermeister haben Sie die Hände nicht in den Schoß gelegt. Sie waren Kreisvorsitzender des BRK, bis letztes Jahr Kreisrat, sind Vorsitzender des Frankenbunds Ochsenfurt-Marktbreit und Stadtarchivar sind Sie auch. Wie lange noch?

Wesselowsky: Ich bin froh, dass ich Nachfolger gefunden habe. Beim BRK war es Elisabeth Schäfer, die leider verstorben ist. Zum Jahresende höre ich auch offiziell im Stadtarchiv auf, nachdem sich Georg Menig als mein Nachfolger gut eingearbeitet hat. Natürlich unterstütze ich ihn weiter, aber nur wenn ich gefragt werde. Beim Frankenbund schau ich auch, dass ich jemanden finde. Aber niemand schreit: Hier!

Als Stadtarchivar kennen Sie die Zeiten, in der die Stadt von Seuchen und Epidemien heimgesucht wurde. Zum Beispiel die Pocken Ende des 19. Jahrhunderts.

Wesselowsky: Ja, und es ist interessant, wie damals schon die Verantwortlichen der Stadt mit Aussperrungen, Quarantäne und Notversorgungen Vorsorge getroffen haben.

Wie wird man denn in ein paar Jahrzehnten auf die jetzige Zeit zurückschauen?

Wesselowsky: Ich denke, man wird sich an eine Zeit der großen Umbrüche erinnern. Deshalb sammle ich ja viele Dinge. Man glaubt nicht, was man in zehn Jahren vergisst, es sei denn, man schreibt's auf. Ich weiß zwar nicht, welche Gedanken man sich in 50 Jahren macht, aber ich will dafür sorgen, dass man die Grundlagen dafür hat.

Sind Sie eigentlich immer noch Obmann ihrer Brüxer Heimatgemeinde? Das ist ja auch so etwas wie Bürgermeister.

Wesselowsky: Eigentlich sogar wie Landrat, weil das ja der Bezirk Brüx ist.

Jetzt ist mal genug mit Rückblick. Wie schaut man mit 80 Jahren auf die Gegenwart und in die Zukunft? 

Wesselowsky: Ich bin froh für jeden Morgen, an dem ich gesund aufwache. Wer eher aufsteht, macht den Kaffee. Dann kommt die Zeitungslektüre. Dann schaut man nach dem Wetter. Klar hat man Pläne, aber wenn das Wetter schön ist, kann man auch mal in den Steigerwald fahren. Man hat natürlich auch noch Ziele. Aber man denkt nicht mehr in großen Etappen.

Welches Lebensmotto würden Sie ihren Altergenossen empfehlen?

Wesselowsky: Gute soziale Beziehungen sind ganz wichtig. Ich bin froh, dass ich meine Frau habe, meine Enkelkinder. Das Leben in so einer überschaubaren Stadt wie Ochsenfurt hat seine eigenen Werte. Man kennt sich, kommt ins Gespräch. Man muss die ganz normalen Dinge in ihrer Wertigkeit achten und geht sehr bewusst mit seinem Leben um. Aber ich gebe zu, am Abend denkt man: Heieiei, schon wieder Tag weniger. Hast du ihn halbwegs sinnvoll genutzt?

Peter Wesselowsky

Geboren wurde Peter Wesselowsky am 25. Mai 1941 in Brüx, dem heutigen Most, im nordböhmischen Braunkohle-Revier. Die Vertreibung der Sudetendeutschen nach dem Zweiten Weltkrieg führte die Familie zunächst nach Riedenheim, später nach Ochsenfurt. Peter Wesselowsky wurde Realschullehrer.
Nach seinem Beitritt zur SPD wurde Wesselowsky 1972 in den Stadtrat gewählt und 1984 als Nachfolger von Karl Remling zum Bürgermeister der Stadt Ochsenfurt. Das Amt bekleidete er bis 2008. Dem Kreistag gehörte Peter Wesselowsky von 1978 bis 2020 an.
Neben zahlreichen Ehrenämtern gilt sein besonderes Engagement der Aussöhnung zwischen Deutschen und Tschechen. So ist Peter Wesselowsky Obmann des Heimatvereins der Vertriebenen aus Stadt und Kreis Brüx und Vorstandsmitglied der Seliger-Gemeinde. Die SPD-nahe Vereinigung wurde 1951 gegründet und hat es sich zur Aufgabe gemacht, das Verhältnis zwischen Deutschen, insbesondere den Sudetendeutschen, und Tschechen nach der Erfahrung von Nazi-Diktatur und Vertreibung zu einem friedlichen Miteinander zu gestalten. 
Für sein Wirken um die Völkerverständigung wurde Peter Wesselowsky 2007 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt. Zu seinen weiteren Auszeichnungen zählen die Bayerische Verfassungsmedaille in Silber, der Ehrenring der Stadt Ochsenfurt und die Helmut- Rothemund-Medaille der Bayern-SPD. Seit 2008 ist Peter Wesselowsky Ehrenbürger der Stadt Ochsenfurt. 
meg
 
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  • A. H.
    @m.engelmann und oxi21: Alles gut und schön mit den sog. Mehrheitsbeschlüsen; aber das is nun mal halt so: Es is in seiner "Regierungs"zeit passiert und bleibt an ihm hängen, ob es gefällt oder nicht. Und mir is auch nicht (mehr?) bekannt, dass er sich da merkbar dagegen ausgesprochen hätte.....
    Zusatz für oxi: Aus dem "Hirn" wird leicht ein Bumerang......
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  • A. H.
    ..... und was ich fast noch vergessen hätte: Die - o.k. da überzeichne ich jetzt bewusst satirisch ein wenig - "Vertreibung" der Firmen Ruhl und Tega nach Marktbreit? Die halten sich da oben doch heute noch die Bäuche vor Lachen über so viel D.....usel.
    ..... und was ist der weitgehenden Verödung der Weststadt, die bereits in seiner Zeit begann??
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  • R. S.
    Vor "Tega" gab es in Marktbreit seit der Nachkriegszeit an diesem abseits gelegenen Standort zwischen Ochsenfurt und Marktbreit die Firma "Hauke Schweißtechnik".
    Es war für die "Tega" deshalb naheliegend, für ein Gasabfülllager größeren Umfangs, mit entsprechendem Gefahrenpotential bei einer evtl. Wohnumgebung, diesen bereits vorhandenen Standort zu übernehmen.
    Ähnliches galt für die Stahlbaufirma Fa. Ruhl, als die Fa. Glücksklee in Marktbreit ihre Tore schloss, und passende Gebäude und Gewerbeflächen mit Gleisanschluss, Schiffsanlegestelle und nahem Autobahnanschluss zur Verfügung standen.
    Wo hätten diese beiden Firmen mit großem Gefahren- und Lärmpotential in Ochsenfurt eigentlich Platz finden sollen?
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  • A. H.
    wer nicht sucht, findet auch nicht!
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  • A. H.
    ....und was ist mit der jahrelangen Verschleppung der Sanierung der alten Mainbrücke mit den allseits belannten Eischränkungen für die Bürger?
    ... und was ist mit der hässlichen Klagemauer vor der Kirche? Passt doch zum Altstadtensemle wir die berühmte Faust aufs Auge!
    ... und was ist mit de an dieser Stelle völlig deplazierten und alles erschlagenden Reiter an dieser Stelle?
    Sind das auch Erfolgsgeschichten??
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  • p. H.
    glaubt-nicht-alles
    Bei diesen verzerrten Kommentaren kann man nur beten, "Herr wirf Hirn vom Himmel"!
    Der Bürgermeister ist einer von 25 die abstimmen über Projekte. Was schlägt der Kommentator vor?
    Stahlhandel Ruhl: wohin sollte sich die Firma hinentwickeln?
    Was versteht er von Verödung der Weststadt-Flockenwerk-Aussiedlung Chemiefabrik-neuer Bauhof - neues Polizeigebäude, alle diese Flächen waren in Wesselowskys Ära Privatbesitz.
    Die Entscheidung die alte Mainbrücke nicht abzureissen entgegen des vorausgegangenen Stadtratsbeschlusses traf der Stadtrat fast einstimmig. Dies mit der Konsequenz einer langwierigen Sanierung, die sich jetzt in der Missgeburt darstellt.
    Das Geschwurbel um St. Georg Statue und und Furt mit Mauer ist Realität und ebenfalls ein Mehrheitsbeschluss von Stadtrat und Bürgermeister.
    So funktioniert Demokratie, auch für "schwarze Gedanken" von ewigen Besserwissern.
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