Helau! Auf der Faschingsbühne reden die Männer. Und die Frauen tanzen. Und wenn doch mal Frauen auf der Bühne reden, dann reden sie über ihre Ehemänner. Helau! Aber treffen diese Aussagen im Fasching 2023 in Unterfranken zu und gelten sie für die Fastnachtsbühnen wirklich? Und wenn ja, warum steigen deutlich weniger Frauen in die Bütt als Männer?
Fünf Thesen und was Närrinnen und Narren von ihnen halten.
1. Auf Faschingsbühnen geben meist Männer den Ton an.
Der Präsident des Fastnacht-Verbandes Franken, Marco Anderlik, widerspricht. Drei Seminare organisierte der Verband bislang mit dem Titel "Frauen in die Bütt". Dass es heute nur wenige Rednerinnen gebe, sei falsch. Er sagt: "Bei den Prunksitzungen der Vereine treten häufig Frauen auf."
Ursula Klein, Bezirkspräsidentin für Mittelfranken und einzige Frau im achtköpfigen Präsidium des Fastnacht-Verbandes, sieht das anders. Sie sagt: "Es sind viel weniger Frauen in der Bütt als Männer." Es gebe auch nur wenige Frauen in Führungsverantwortung in den Vereinen und in den Gremien des Fastnachts-Verbandes. Eine Ausnahme sei ihr Gremium in Mittelfranken: "Von meinen vier Beiräten sind drei Frauen."
Sehr viele Frauen engagierten sich im Fasching als Trainerinnen, als Betreuerinnen und in der Jugendleitung der Vereine, sagt Klein.
Es gebe aber durchaus "sehr gute" Büttenrednerinnen: "Man muss sie nur finden." In der jüngeren Generation ändere sich das gerade. Sehr viele Mädchen würden sich für die Bütt melden. Inzwischen gebe es viele gemischte Elferräte, so Klein. Ihr Fazit: Der Frauenanteil steigt. Doch Frauen müssten auch bereit sein, diese Aufgaben zu übernehmen.
2. Die meisten Büttenredner im Fernsehen sind Männer.
Im Fernsehen ist der Frauenanteil noch geringer. "Es sind deutlich mehr Frauen bei Vereinssitzungen als bei Fernsehsendungen in der Bütt", sagt Fastnachtspräsident Marco Anderlik. Bei der Närrischen Weinprobe des Bayerischen Rundfunks (BR) wurden von Doris Paul, Margit Lehner und Birgit Süß heuer immerhin drei der zehn Büttenreden gehalten. Süß, Kabarettistin und Trägerin des Kulturpreises der Stadt Würzburg 2021, sagt: "Es sind viel zu wenige Frauen. Fast nur Männer. Und dementsprechend hört man dann auch mehr frauenfeindliche Scherze."
Fastnachtspräsident Marco Anderlik sagt: "Viele Frauen wollen nicht im Fernsehen auftreten." Immer wieder habe er diese Antwort von Büttenrednerinnen aus der Region erhalten, die er für ein Fernseh-Casting habe begeistern wollen. Birgit Süß sagt: "Mädels, gebt euch einen Ruck, traut euch! Die Bütt braucht unbedingt mehr Frauen! Für die Themenvielfalt wäre es eine Bereicherung. Und das Publikum würde sich freuen."
Die Bütt der "Fastnacht in Franken" ist besonders männerlastig. Der Quotenhit des BR in Veitshöchheim (Lkr. Würzburg) zieht jedes Jahr ein Millionenpublikum vor den Fernseher. Die einzige Frau, die neben ihren männlichen Künstlerkollegen fest gesetzt zu sein scheint, ist die Kabarettistin Ines Procter aus Erlabrunn. In die Veitshöchheimer Sendung kämen nur die Besten, sagt Anderlik. Und derzeit sei Ines Procter die einzige Frau, die dort bestehen könne.
Ines Procter selbst sieht den Grund für den Frauenmangel in der Fernsehbütt in einem strukturellen gesellschaftlichen Problem: "Man braucht eine interessante Thematik, einen humorvollen Text und muss das Ganze dann noch so darbieten, dass es gut ankommt. Für diese Qualität muss man sich die Zeit und den Raum nehmen können. Genau das ist ein Problem vieler Frauen, wenn sie mitten im Leben stehen, Familie und Kinder haben - auch in anderen Berufen. Wenn Männer zur Arbeit gehen, sind sie fort. Frauen schauen noch: Ist vorgekocht? Ist die Spülmaschine eingeräumt?"
3. Büttenrednerinnen reden meist über ihre Ehemänner.
Die politische Bütt sei immer noch eine Männerdomäne, sagt Ingrid Klier. Seit 40 Jahren leitet sie eine gemischte Showtanz-Gruppe der Schwarzen Elf in Schweinfurt. Frauen in der Bütt erzählten meist von ihren Ehemännern, von ihrer Rolle als Hausfrau und Mutter oder vom Krieg der Geschlechter. Sie vermisse politische und sozialkritische Büttenreden von Frauen, sagt Klier: "Dabei wäre eine gesellschaftskritische Rede doch DAS Frauenthema!"
Gefragt nach ihrer Rolle als Putzfraa bei der "Fastnacht in Franken", antwortet Ines Procter: "Diese Rolle habe ich ja gewählt, um dem Publikum zu spiegeln, was immer noch viele Männer in uns Frauen sehen." Die meisten ihrer Fans seien Frauen. Sie sagt: "Ich schätze jeden Mann, dem es trotzdem gefällt. Und feiere, wenn ein Mann nach meinem Auftritt zu mir sagt: Ich bin nur mit, weil meine Frau herwollte, aber ich fand es klasse." Die größte Kunst im Kabarett sei es, Kritiker zu überzeugen.
4. Fastnachtstraditionen sind männlich geprägt - bis heute.
Im Mittelalter war die Fastnacht ein Fest der ledigen jungen Männer, die durch die Dörfer zogen, um sich Essen und Getränke für ihre Feiern vor der 40-tägigen Fastenzeit zu erbetteln. An diese Ursprünge erinnert Dr. Katrin Hesse, die Leiterin des Deutschen Fastnachtmuseums in Kitzingen.
Bei den so genannten "Heische-Gängen" (heischen: wünschen, fordern) richteten sich die derben Späße oft gegen Frauen. Katrin Hesse sagt: "Besonders demütigend war das Pflugziehen, das bis in die frühe Neuzeit hinein zu den ländlichen Bräuchen zählte." Unverheiratete Frauen seien aus ihren Häusern geholt und vor den Pflug gespannt worden - "weil befürchtet wurde, dass die Dorfgemeinschaft für ihren Lebensunterhalt aufkommen musste".
Aber es habe damals schon Frauen mit eigenen Fastnachtsbräuchen gegeben. Die früheste Erwähnung bezieht sich auf das fränkische Altmühltal: Wolfram von Eschenbach schreibt in seinem Epos "Parzival" um 1300 von den Marktfrauen von Dollnstein, die in einem Scheingefecht aufeinander losgehen.
Als der organisierte Fasching in Deutschland entstand, gaben Männer den Ton an. "Im Festkomitee des Kölner Karneval waren 1823 Frauen nicht vorgesehen. So blieb der Karneval eine überwiegend männliche Angelegenheit", sagt Hesse. Einige wenige Frauen begehrten auf: Die "Beueler Waschfrauen" in Bonn gründeten 1824 das erste Damenkomitee, an deren Sitzungen Männer nicht teilnehmen durften.
"Frauen im Fasching waren lange Zeit reduziert auf das Catering, also die Verpflegung der Männer, und das Nähen der Kostüme", sagt Ingrid Klier, die Führungen durch das Deutsche Fastnachtsmuseum gibt.
Erst 1926 gab es in Mainz die erste Prunksitzung, bei der Frauen im Publikum zugelassen waren. Erst 1979 durften Frauen in Köln erstmals offiziell und aktiv am Rosenmontagszug teilnehmen. Erst 1999 entstand die erste Kölner Damen-Karnevalsgesellschaft "Colombina Colonia".
Heute gehe es in der organisierten Fastnacht neben dem Spaß am Feiern vor allem darum, die Traditionen zu bewahren, sagt Museumsleiterin Hesse.
5. Mit der Jugend gibt es mehr Gleichberechtigung im Fasching.
Die Beobachtung von Ines Procter: Beim närrischen Nachwuchs in der Bütt gibt es heute mehr Mädchen als Jungen. Die Kabarettistin, die Schulungen für Kinder und Jugendliche anbietet, sagt: "Wenn wir die Jugend bei der Stange halten können, werden wir irgendwann 50:50 stehen. Man müsste viel entstauben. Aber natürlich soll Fasching noch Fasching bleiben." Nachwuchsstar Elena Romeis aus dem mittelfränkischen Markt Bibart stimmt ihr zu. Einerseits sei es sehr schön, dass Faschingstraditionen fortbestehen, andererseits sei es schwierig, aus manchen Traditionen auszubrechen.
Ein Beispiel ist der Gardetanz: "Enganliegende, lange, weiße Hosen in den hohen Stiefeln" würden Ingrid Klier, die sich seit 40 Jahren für den Schautanz der Schwarzen Elf in Schweinfurt engagiert, besser gefallen als die extrem kurzen Röcke. Die 70-Jährige sagt: "Es sind ja eigentlich Soldatinnen. Marschtanz kommt aus dem Militär. Und Frauen tragen in der heutigen Mode auch mehrheitlich Hosen."
Die 15-jährige Elena Romeis hat sich bereits entschieden. Sie tritt heuer bei der Fernsehsendung "Fastnacht in Franken - jung und närrisch" in Hosen auf. Denn in dem ursprünglich geplanten Kleid habe ihr das tiefer sitzende Publikum unter den Rock schauen können.
Zur Frage, warum aktuell noch so wenige Frauen in der Bütt stehen, sagt die junge Büttenrednerin: "Früher haben sich eher Männer getraut, ihr Hobby zum Beruf zu machen. Das hängt uns heute nach. Aber das wird sich ändern. Wenn du das Talent dazu hast, und das Verlagen, auf einer Bühne zu stehen, sollte es egal sein, ob du ein Mann oder eine Frau bist!"
Und wir in Franken müssen uns nicht verstecken- sondern mitmachen!
Zu Köln eine Anmerkung: Wiewer-Fastelofend (Weiberfasching) ist nur der Donnerstag vor Rosenmontag. Und wenn alle Kölner Weiber an diesem Tag nicht arbeiten würden, gäbe das ein Chaos.
Schön, dass zufälligerweise auch eine Garde aus Köln da war: auf dem Bild sehen Sie es genau:
130 Männer in Karnevals-Uniform und 1 (in Worten ein) Tanzpaar.
Also liebe Frauen, traut euch auf die Bühne!
"Während es in der Ukraine es bombt und kracht - machen wir ne Fasenacht"
Tata tata tata bums!
1991 Golfkrieg, ein Krieg ganz weit weg, es ging wie heute wissen nur um dreckiges Öl und der Fasching fällt aus!
2023 ein Krieg mitten in Europa, ganz ganz nah. Und ganz schnell sind wir mit dabei - der Fasching findet statt.
Wir sollten uns schämen!
DE wann wirst du wieder "normal"?
Man verwechselt wieder mal Gleichberechtigung mit Gleichmacherei. Vielleicht WOLLEN einfach weniger Frauen im Fasching auftreten als Männer? Es gibt doch wohl kaum einen Mann, der irgendwelchen Frauen einen Auftritt verbieten würde.
Warum in aller Welt sollte man darauf hinarbeiten, daß gleich viel Frauen wie Männer auftreten?
Helau
dies nicht so locker sieht wie die Zuschauer . Man hat das Gefühl das Thema Männer - Frauen wird immer dann hochgekocht, wenn man nichts anderes zu schreiben hat .
Kenne keinen einzigen Faschingsverein wo ein Frau nicht auftreten darf , wenn sie es möchte
oder wo es Männerdomänen gibt.
Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Faschingsverein einer Frau einen Auftritt verweigern würde! Gerade auf dem Land sind doch viele froh wenn es genug Programmpunkte gibt.
Persönlich halte ich die ganze Faschingsveranstaltungen für im Grunde sehr konservativ und für keineswegs so locker wie es manches Mal ausschaut. Da hat sich in den letzten 50 Jahren kaum etwas getan.