Nach seiner Wahl durch den Universitätsrat im vergangenen Oktober tritt der Psychologe Prof. Paul Pauli am 1. April sein Amt als neuer Präsident der Würzburger Julius-Maximilians-Universität an. Die Amtszeit beträgt sechs Jahre. Der 60-Jährige folgt auf den Nanophysiker Alfred Forchel, der altersbedingt ausscheidet. Was zeichnet den neuen Präsidenten aus und wie will er die Uni weiterentwickeln?
Prof. Paul Pauli: Mir hat es bisher schon viel Freude gemacht, Menschen aus verschiedenen Bereichen und Disziplinen zusammenzubringen. Austausch und Dialog fördern – das möchte ich gerne für die gesamte Universität voranbringen. Ich denke, dass mein Fach mir dabei helfen kann. Die Psychologie ist ja eine Art Scharnier zwischen Natur- und Geisteswissenschaften.
Pauli: Ich bin seit 20 Jahren an dieser Universität. Da ist es von Vorteil, dass mich die Akteure hier kennen und Vertrauen in meine Person haben – auch für diese neue, große Aufgabe.
Pauli: Man kann sich natürlich nicht ganz von seiner Historie lösen. Ich bin in der Psychologie und in der Fakultät für Humanwissenschaften verwurzelt. Außerdem bin ich Zweitmitglied in der Fakultät für Medizin. Deshalb ist es wichtig, den Blick auch für andere Bereiche zu öffnen, die man nicht so gut kennt. Das will ich tun.
Pauli: Jeder Präsident bringt seine eigene Persönlichkeit und seinen Führungsstil mit. Ich will mit offenen Türen arbeiten und in einem neuen Format „Meet the President“ bewusst auf allen Ebenen Leute einladen, sich mit mir zu treffen und auszutauschen. Das sind Neuerungen, wie sie zu meiner Persönlichkeit passen. Was am Ende zählt, ist der Erfolg.
Pauli: Ich denke, sie werden etwas mehr Gewicht bekommen – aber auch, weil sie in Ausschreibungen immer mehr gefordert werden. Beispiel Künstliche Intelligenz: Dazu braucht man ausgezeichnete Informatikerinnen und Informatiker. Aber genauso muss man die Konsequenzen für die Gesellschaft untersuchen. Hier sind Sozialwissenschaftler gefragt. Aber natürlich werden wir unsere exzellente Forschung in der Physik oder Chemie weiter vorantreiben.
Pauli: Richtig. Und hierzu passt mein persönlicher Hintergrund, den ich dafür einbringen möchte. Übrigens könnten Sozial- und Geisteswissenschaften ein eigener Förderschwerpunkt bei der nächsten Exzellenzstrategie von Bund und Ländern werden.
Pauli: Wir wollen als neue Universitätsleitung sehr früh für die nächste Exzellenz-Ausschreibung planen – unmittelbar nach Amtsantritt. Die Physik ist klar gesetzt, wir wollen dieses Cluster erfolgreich weiterführen. Aber wir wollen weitere Themen identifizieren, mit denen wir Erfolg haben könnten – aus eigener Kraft oder mit einem Partner. Ich wünsche mir schon, dass sich auch ein Thema aus den Sozial- und Geisteswissenschaften auf den Weg zur Exzellenz macht.
Pauli: Natürlich braucht es Spitzenpersonal. Aber auch wichtig erscheint es mir, nach „Rising Stars“ Ausschau zu halten, also nach Leuten mit Potenzial. Das sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an der Schwelle zur Spitzenforschung, für die ein Wechsel nach Würzburg attraktiv sein könnte, um ihr Thema auf höchstes Niveau zu hieven.
Pauli: Ich habe den Anspruch, dass unsere Universität in der Forschung exzellent ist. Gleichzeitig darf man nicht vergessen: Der wichtigste Auftrag ist, Nachwuchs und Studierende auszubilden. Und das muss ebenso auf exzellente Weise geschehen. Ich glaube an das Humboldtsche Bildungsprinzip: Forschung und Lehre gehören zusammen.
Pauli: Hilfreich ist eine gewisse Flexibilität beim Umfang mit der Lehrverpflichtung. Sich ganz herauszuziehen, wäre nicht zielführend.
Pauli: Ja, sinnvoll eingebunden in ihre Forschungsarbeit.
Pauli: Das glaube ich nicht. Schon ein Blick nach Baden-Württemberg zeigt, dass Exzellenz in einem Bundesland besser zu verteilen ist und dass man sie auch außerhalb Münchens braucht. Diese Notwendigkeit scheint erkannt. Natürlich hat München mit den Hochschulen und den außeruniversitären Einrichtungen mehr Schlagkraft als wir. Mittlerweile lässt sich aber räumliche Distanz gut überbrücken und wir können uns mit Partnern ebenfalls exzellent aufstellen. Beispiel Nationales Tumorzentrum: Neuer Standort wird nicht München, sondern Würzburg.
Pauli: Es ist erfreulich, wenn es in Nordbayern eine weitere Universität gibt. Dies darf aber nicht zu Lasten der bestehenden gehen. Entscheidend ist, dass der Geldtopf für die Wissenschaft in Bayern entsprechend vergrößert wird und nicht bei anderen gekürzt wird. Wir selbst sind eine Volluniversität, das ist unsere Stärke und unser Profil. Wir können Brücken bauen zwischen den Disziplinen.
Pauli: Wir haben schon einiges getan. Zum Beispiel sind 35 Prozent unserer Tenure-Track-Professuren, eine Art Vor-Professuren, mit Frauen besetzt. Bei den Junior-Professuren sind es 50 Prozent. Insgesamt beträgt der Frauenanteil an den Professuren aber erst 22,5 Prozent. Das ist zwar besser als der bayerische Schnitt, aber im Bundesvergleich noch zu wenig.
Pauli: Wir müssen es schaffen, dass aus diesen frühen Professuren dauerhafte ohne Befristung werden. Bei den Berufungen müssen wir verstärkt nach Frauen Ausschau halten. Man darf aber nicht vergessen, dass wir viele hervorragende Frauen ausbilden, die an andere Universitäten wegberufen werden. Auch das ist ein Beitrag zur Gleichstellung.
Pauli: Bei den Studierenden sind wir bei acht bis neun Prozent, das ist deutlich unter dem Bundesschnitt von etwa 13 Prozent. Da wollen wir uns noch mehr anstrengen. Ziel ist es, in bestimmten Regionen als Hochschule bekannter und attraktiver als zu werden. Im Blick haben wir Asien und Afrika. Hier wollen wir die Kontakte mit ausgewählten Unis intensivieren und dadurch Studierende und Wissenschaftler des akademischen Mittelbaus gewinnen.
Pauli: Nein. Die Politik geht davon aus, dass wir die Situation schon irgendwie managen. Aber auf der Strecke bleibt die persönliche Interaktion zwischen Dozierenden, Wissenschaftlern, Gremien und den Studierenden. Da ist nicht alles digital aufzufangen. Deshalb muss man sich Konzepte zum Beispiel mit Tests überlegen, wie wir diesen Austausch wieder forcieren können – wenn auch zunächst nur in kleineren Gruppen.
Pauli: Ich glaube, die Beachtung und Wertschätzung in der Öffentlichkeit ist gewachsen. Verschiedenste Disziplinen leisten ihren Beitrag zur Bekämpfung der Pandemie und ihrer Folgen, das wird gesehen – nicht nur in Politik und Medien. Und Wissenschaft hat eine Verantwortung für die Gesellschaft, indem sie mit faktenbasierten Erkenntnissen zur Diskussion beiträgt.