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Würzburg
Unis fühlen sich verkohlt: Exzellenz nur auf Sparflamme?
Bund und Länder wollen die Spitzenforschung stärken. Doch es gibt Verdruss, auch an der Uni Würzburg: Den ausgewählten Projekten wurden die Mittel zusammengestrichen. 
Prof. Dr. Ralph Claessen, Inhaber des Lehrstuhls für Experimentelle Physik IV an der Universität Würzburg, ist Sprecher des Exzellenzclusters zu Quantenmaterialien - im Verbund mit der TU Dresden. In der Hand hält er den erfolgreichen Antrag.
Foto: Andreas Jungbauer | Prof. Dr. Ralph Claessen, Inhaber des Lehrstuhls für Experimentelle Physik IV an der Universität Würzburg, ist Sprecher des Exzellenzclusters zu Quantenmaterialien - im Verbund mit der TU Dresden.
Andreas Jungbauer
 |  aktualisiert: 27.04.2023 07:35 Uhr

Der 27.September sollte ein Freudentag für 34 Universitäten in Deutschland sein: Nach einem harten Ausleseverfahren bekamen sie - allein oder im Verbund mit anderen Hochschulen - den Zuschlag für so genannte Exzellenzcluster. Das sind Forschungsfelder, die von 2019 bis 2025 mit bis zu 57 Millionen Euro gefördert werden sollten.

Jubel auch an der Uni Würzburg, wo man wenigstens eingemeinsames Cluster mit der TU Dresden zur Quantenphysik durchbrachte, zwei weitere Anträge fielen in der Endrunde heraus.

Für Würzburg/Dresden fehlen plötzlich 15 Millionen Euro

Doch mittlerweile ist ordentlich Wasser in den Exzellenzwein geraten, hinter den Kulissen wird gestritten - ums Geld. Denn federstrichartig hat man die von Bund und Ländern in Aussicht gestellten Mittel für alle Exzellenzstandorte um ein gutes Viertel gekürzt. So steht es auch im Bescheid der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) an die Uni Würzburg: Statt der erwarteten 57,1 Millionen Euro soll es jetzt nur noch 42,6 Millionen Euro geben - womit eine mühsame Personal-, Programm- und Budgetplanung auf den Kopf gestellt wird. Nicht nur in Würzburg ist man sauer.

Hintergrund der Kürzung: Mit 385 Millionen Euro jährlich sollten - zu 75 Prozent vom Bund und 25 Prozent von den Ländern - 45 bis 50 Exzellenzcluster gefördert werden, ausgewählt aus den 88 Anträgen der Endrunde. Auf Betreiben von Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) aber nahm die Expertenkommission - bestehend aus Wissenschaftlern, Länderministern und  Vertretern des Bundes - zusätzlich elf "Wackelkandidaten" auf: Die Zahl der Exzellenzcluster wurde auf 57 erhöht, nicht aber der Fördertopf.

Andere Bundesländer profitieren von Aufstockung

Büßen müssen dies nun alle ausgezeichneten Projekte mit der drastischen Kürzung. Im Ländervergleich profitiert haben Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Baden-Württemberg mit acht zusätzlichen Clustern. Und Bayern? Hat dadurch noch schlechter abgeschnitten als ohnehin.

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft dementiert, dass die Politik sich unzulässig in die Exzellenz-Entscheidung eingemischt habe. DFG-Sprecher Marco Finetti: "Das Votum wurde von der Wissenschaft mitgetragen." Sie verfügt im Expertengremium mit 39 Stimmen gegenüber je 16 von Bund und Ländern über eine Mehrheit. Inhaltlich kommentieren wolle die DFG die Entscheidung nicht. Ihr Sprecher verweist aber darauf, dass bereits in der noch laufenden Exzellenzinitiative die Mittel um mehr als 20 Prozent gekürzt wurden.  

195 Seiten Antrag: Budget- und Programmplanung wird ignoriert

Am physikalischen Institut der Universität Würzburg ist der Frust bei Professor Ralph Claessen spürbar. Er ist einer der beiden Sprecher des erfolgreichen Verbundclusters zur Quantenphysik. Einen 195 Seiten dicken Antrag haben sie ausgearbeitet, hinterlegt mit Personal, Ausstattung und  Budgets. Haarklein war die geplante Mittelverwendung aufzulisten.

Nun könnte Claessen lachen und weinen zugleich. Um 20 Prozent im ersten Jahr, um 26 Prozent in den sechs Folgejahren wird gekürzt. Hinzu kommt eine 2,5-Prozent-Sperre ab dem zweiten Jahr, falls für die noch zu kürenden Exzellenz-Unis mehr Geld gebraucht wird. Im Vergleich zur Planung fehlen ihm fast 15 Millionen Euro.

"Es ging doch nicht ums Zurechtkommen, sondern ums Loslegen."
Physik-Professor Ralph Claessen über das Ziel des Exzellenzclusters

Kann so Exzellenz gelingen? Man werde nicht alle Professorenstellen sofort einrichten können, bedauert der Experimentalphysiker. "Wir laufen nicht auf voller Leistung." Vor allem flexible Mittel wären wichtig gewesen, um etwa bei Entdeckungen kurzfristig reagieren zu können. So aber muss bei Doktorandenstellen, bei nötigen Experimenten in aller Welt und bei eigenen Geräten gespart werden. Claessen: "Es ging doch nicht ums Zurechtkommen, sondern um das Loslegen." Das können die Julius-Maximilians-Universität (JMU) und die TU Dresden jetzt nur mit angezogener Handbremse. 

Der neuartige topologische Isolator aus der Würzburger Physik: An seinen Kanten entlang fließt ein Strom aus Exziton-Polaritonen (rot), der sich kontrollieren lässt. Ein Beispiel für Quantenmaterialien, mit deren Erforschung sich das gemeinsame Exzellenzcluster der Uni Würzburg und der TU Dresden befasst. 
Foto: Karol Winkler | Der neuartige topologische Isolator aus der Würzburger Physik: An seinen Kanten entlang fließt ein Strom aus Exziton-Polaritonen (rot), der sich kontrollieren lässt.

"Das ist keine Kleinigkeit, sondern einschneidend", ärgert sich JMU-Präsident Alfred Forchel über das Ausmaß der Kürzung.  Sie werde zu Einschränkungen führen. "Wenn der Ausfall nicht kompensiert wird, ist das Forschungsprogramm in dieser Breite nicht zu halten. Das wäre schade", so Physiker Forchel im Gespräch mit dieser Redaktion.

Uni-Präsident will mit Amtskollegen im Ministerium vorstellig werden

Noch hat er Hoffnung - und will gemeinsam mit den Präsidenten der drei anderen betroffenen bayerischen Universitäten München (LMU und TU) und Bayreuth einen Vorstoß im bayerischen Wissenschaftsministerium unternehmen. Ziel sei eine Lösung, "die Würzburg und die anderen Cluster wieder in die Nähe von 100 Prozent ihrer Finanzplanung bringt."

Die Ministerpräsidenten der Länder haben vom Bund bereits eine deutliche Aufstockung der Exzellenzmittel gefordert, nach dem Motto: mehr Projekte, mehr Geld. Doch Ministerin Karliczek winkt ab, ihr seien die Hände gebunden. Forscher sollten sich an die Ministerien ihrer Länder wenden.

"Universitäten, die Kürzungen hinnehmen mussten, können Mittel für Spitzenforschung erwarten."
Bernd Sibler, neuer bayerischer Wissenschaftsminister

In München will der neue Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU) nicht zu viel versprechen, betont aber die Bedeutung der Spitzenforschung. Sie solle in der neuen Legislaturperiode zum besonderen Schwerpunkt werden, meint er auf Anfrage.

Bernd Sibler (CSU), Bayerns neuer Wissenschaftsminister, bei der Vereidigung im Landtag.
Foto: Matthias Balk, dpa | Bernd Sibler (CSU), Bayerns neuer Wissenschaftsminister, bei der Vereidigung im Landtag.

Das aktuelle Exzellenz-Dilemma in Würzburg, Bayreuth und München hat er erkannt und vermittelt zumindest Licht am Horizont: "Diejenigen Universitäten, die mit Exzellenzcluster in der laufenden Exzellenzstrategie erfolgreich waren und dabei Kürzungen hinnehmen mussten, können Mittel für Spitzenforschung erwarten.“

 
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