
Die Zahl der Studierenden an Bayerns Hochschulen steigt stetig, auf zuletzt 406 000 im Wintersemester. Dabei schreiben sich seit mehr als 20 Jahren nahezu genauso viele junge Frauen wie Männer ein. Zappenduster sieht es mit der Gleichstellung dagegen bei den Professuren aus: Mit gerade einmal 20 Prozent Professorinnen ist Bayern bundesweites Schlusslicht.
Mindestens 30 Prozent Frauen auf neuen Professuren
"Das ist mir zu wenig!", ärgert sich auch Wissenschaftsminister Bernd Sibler (CSU). Zum Weltfrauentag beklagte er das Schneckentempo, mit dem sich der Frauenanteil in der Wissenschaft erhöht. Der Freistaat müsse "deutlich besser werden". Immerhin: Mit den neuen Zielvereinbarungen hat sein Ministerium den bayerischen Unis und FHs eine Frauenquote von mindestens 30 Prozent bei der Neubesetzung von Professuren auferlegt.
Sibler zufolge soll vor allem die anstehende Hochschulreform für echte Gleichstellung sorgen. Nur: Im bisher vorliegenden und umstrittenen Eckpunktepapier findet sich dafür nur eine schwammige Absichtserklärung. Die Frauenbeauftragten der Würzburger Julius-Maximilians-Universität (JMU) und der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt (FHWS) fordern verbindliche, gesetzlich verankerte Vorgaben. Die Zeit der "Soll"- und "Kann"-Vorschriften müsse endlich vorbei sein.

"Wir warten seit 30 Jahren, dass sich an den Unis etwas tut", sagt Professorin Marie-Christine Dabauvalle. 14 Jahre lang war die Zellbiologin bis Oktober gewählte Frauenbeauftragte der Uni Würzburg und als solche zuständig für das wissenschaftliche Personal. Sie hat erlebt, wie mühsam der Kampf um die Gleichstellung ist. Und hat klare Vorstellungen, was zu tun wäre.
Beispiel Hochschulleitung: Sie müsse verpflichtend paritätisch mit Frauen und Männern besetzt werden – so wie dies an der Universität Würzburg ab dem 1. April nun freiwillig der Fall ist. In den Hochschulgremien müssten mindestens 30 Prozent Frauen vertreten sein. Und die Frauenbeauftragte solle einen festen Platz mit Wahlrecht im Universitätsrat erhalten, auch weil dieser künftig wohl noch mehr zu melden hat.
Dabauvalle weiß um Klischees und Vorurteile in den Berufungskommissionen. Sie verlangt für die Kommissionsmitglieder verpflichtende Schulungen zur Personalentwicklung. "Sie entscheiden schließlich über Menschen."
Mit Positionspapier gegen fortgesetzte Benachteiligung protestiert
Die Biologin steht ganz hinter einem Positionspapier, das die Landeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an bayerischen Hochschulen verfasst hat. Darin protestieren sie gegen die fortgesetzte Benachteiligung von Frauen. "Peinlich" sei der magere 20-Prozent-Anteil bei Professuren. "Diese Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache, die nicht schöngeredet werden kann, ohne Frauen per se mindere Qualifikation oder geringere Fähigkeiten zuzuschreiben." Instrumente, durch die die Gleichstellungsziele erreicht werden, müssten gesetzlich verankert werden. Etwa eine verpflichtende Aufnahme der Frauenbeauftragten in die Hochschulleitung.
Handlungsbedarf sieht auch Dabauvalles Nachfolgerin Professorin Laura Schreiber vom Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI). Trotz der Verankerung im Grundgesetz sei die Gleichberechtigung auf den oberen Führungsebenen in Unternehmen und auch an Hochschulen noch nicht wirklich angekommen. Sie müssten im neuen Hochschulgesetz an zentraler Stelle gesetzlich verankert werden, fordert die neue Uni-Frauenbeauftragte.
Neues Hochschulgesetz: Gespanntes Warten auf die Überarbeitung
Wieweit dies geschieht, darüber lässt sich aktuell nur mutmaßen. Laut Wissenschaftsminister Sibler wurde das Eckpunktepapier seit Oktober weiterentwickelt. Neu veröffentlicht ist es noch nicht. "Wir wissen nicht, wo wir stehen", klagt Dabauvalle. Wie berichtet, soll das neue Gesetz im Mai vom Landtag verabschiedet werden.
An der FHWS erwartet Frauenbeauftragte Christina Völkl-Wolf von der Reform ebenfalls verbindliche und konkrete Regelungen für eine bessere Frauenförderung. "Ein kleiner Absatz auf 21 Seiten ist zu wenig", meint sie mit Blick auf das Eckpunktepapier. Sie nimmt den Wissenschaftsminister beim Wort – und hat den Eindruck, dass er es ernst meint mit der Frauenstärkung. Man warte gespannt, wie das Gesetz ausformuliert wird.
Den Begriff "Frauenbeauftragte" wollen diese selbst übrigens behalten und nicht zu "Gleichstellungsbeauftragten" werden. Schließlich komme darin zum Ausdruck, dass speziell für Frauen in der Wissenschaft noch eine Menge an Benachteiligung auszugleichen ist.