
"Schützt unser Wasser!" stand auf Transparenten, mit denen mehrere Dutzend Menschen am Donnerstag vor dem Würzburger Rathaus protestierten. Ihre Sorge: Das geplante Gipsbergwerk der Firma Knauf im Landkreis gefährde das Trinkwasser. Ist es so? Darüber herrschte bei der Sondersitzung des Würzburger Stadtrats unter den Experten Uneinigkeit.
Die Zuschauerränge im Ratssaal: voll besetzt. Neben den Bürgermeistern betroffener Landkreis-Gemeinden verfolgten die Kandidatinnen für das Würzburger Oberbürgermeisteramt Claudia Stamm und Eva von Vietinghoff-Scheel die Sitzung. "Ein Thema, das uns alle bewegt", stellte OB Christian Schuchardt fest.
Um "Transparenz herzustellen", hatte der Oberbürgermeister Vertreter des Knauf-Konzerns aus Iphofen (Lkr. Kitzingen) und der genehmigenden Bergbaubehörde aus Bayreuth zur Sitzung eingeladen. Sitzfleisch war gefragt: Die Veranstaltung dauerte geschlagene vier Stunden. Einhelliger Tenor der Stadtratsmitglieder danach: Sie seien jetzt schlauer.
Abgestimmt über die Stellungnahme der Stadt zum geplanten Bergwerk wurde nicht, es handelte sich formal lediglich um eine "Bekanntgabe". Viele Stadtratsmitglieder äußerten am Ende des Abends aber klare Meinungen.
Wichtige Argumente und Widersprüche der Sitzung:
Knauf: "Tausende Arbeitsplätze in der Region hängen an der Gipsversorgung"
"Ich wohne bei Würzburg", sagte Marco Pabstmann, technischer Direktor der Knauf-Gruppe für Zentraleuropa. Deshalb sei ihm das Trinkwasser ebenso wichtig wie "bezahlbare Wohnungen", die auch in Würzburg fehlten und ohne Gips nun mal nicht gebaut werden könnten. Recycling allein könne die kommende Gips-Lücke nicht decken. Pabstmann: "Tausende Arbeitsplätze in der Region hängen an der Gipsversorgung."
Der Projektleiter von Knauf sagte, nach 19 Bohrungen und 148 Tests zum Wasser in vier Jahren sei er "überzeugt, dass untertägiger Gipsabbau mit Trinkwasserschutz sicher einhergehen" könne. Außerdem entstehe das Bergwerk im Laufe der Jahre "Meter für Meter". Sollte man wider Erwarten unter Tage auf andere Verhältnisse treffen als angenommen, könne man "schnell reagieren", so Pabstmann. "Wir sind auf alle Eventualitäten vorbereitet."
TWV: "Es geht hier um die sichere Wasserversorgung Ihrer Stadt und um nichts anderes"
"Es geht hier um die sichere Wasserversorgung Ihrer Stadt und um nichts anderes", wandte sich Armin Lewetz, der Geschäftsführer der Trinkwasserversorgung Würzburg (TWV), an den Stadtrat. Diese sei gefährdet - durch das geplante Bergwerk, das sich auf zehn Prozent des Trinkwassereinzugsgebiets der Stadt erstrecken soll. Lewetz übte unter anderem Kritik an den Worst-Case-Szenarien im Knauf-Gutachten.
Ein zentraler Punkt: Bei der Berechnung der "maximalen Schadenshöhe" seien gemittelte Werte verwendet worden. "Damit lügt man sich in die Tasche", so der TWV-Geschäftsführer. Denn dann reduziere sich die Quellschüttung in den Zeller Quellen nicht um ein Prozent, wie im Knauf-Gutachten berechnet, sondern um 13 Prozent: "13 Prozent weniger in einem trockenen, heißen Sommer bedeutet für Sie als Stadtrat, dass die Trinkwasserversorgung in Würzburg nicht mehr sicher ist!"
Bergamt Nordbayern: "'Mit dem Trinkwasserschutz haben Sie ein Pfund"
Rohstoffgewinnung sei von "öffentlichem Interesse", sagte Bergamtsleiter Norbert Weiß an den Stadtrat gerichtet, "aber mit dem Trinkwasserschutz haben Sie ein Pfund." Der Vertreter der genehmigenden Behörde erklärte: Jede einzelne Phase des Gipsabbaus werde überwacht.
Auf Nachfrage aus dem Stadtrat antwortete Weiß: Nach Fristende für die Stellungnahmen am 6. März sei keine weitere Beteiligung der Öffentlichkeit geplant, ein Erörterungstermin sei "in dem Verfahren nicht vorgeschrieben".
Regierung von Unterfranken: "Nie an einem Punkt, an dem wir gesagt hätten, das geht nicht"
Trinkwasserschutz habe Vorrang, sagte der Vertreter der Regierung von Unterfranken, Oliver Weidlich. Seit 2018 sei es in 19 Fachgesprächen mit allen Beteiligten allein um die Frage gegangen, ob von dem Bergwerk tatsächlich eine Gefahr fürs Trinkwasser ausgehe, so der Leiter der Regionalplanung. Sein Team muss jetzt in einer "Raumverträglichkeitsprüfung" grünes Licht geben, bevor das Bergamt das Vorhaben im bergrechtlichen Verfahren genehmigen kann. Weidlich sagte: Man sei "in vier Jahren aber nie an einen Punkt" gelangt, "an dem wir gesagt hätten, das geht nicht".
Für diese letzte Hürde ist die Risikobewertung des Wasserwirtschaftsamtes Aschaffenburg (WWA) entscheidend. Die amtlichen Experten, die die Widersprüche von TWV und Knauf an dem Abend hätten aufklären können, waren zur Stadtratssitzung nicht eingeladen.
Stimmen aus dem Stadtrat: "Im Zweifel für die Trinkwassersicherheit der eigenen Bevölkerung!"
"Wenn Trinkwasserschutz für uns wirklich oberste Priorität hat, müssen wir gegen dieses Bergwerk sein!", erhob die frühere Bürgermeisterin Marion Schäfer-Blake (SPD) am Ende als Erste das Wort.
"Wie hoch das Restrisiko ist, ist nicht wichtig. Wichtig ist, dass es ein Risiko gibt", sagte Stadtrat und Landtagsabgeordneter Patrick Friedl (Grüne). "Deshalb sehe ich keine rechtliche Grundlage, das Bergwerk zu genehmigen."
Raimund Binder (ÖDP) stellte für seine Fraktion kontra Bergwerk klar: "Unsere Ablehnung hat sich noch mal bekräftigt."
Joachim Spatz (FDP/Bürgerforum) appellierte: "Im Zweifel für die Trinkwassersicherheit der eigenen Bevölkerung!"
Christine Bötsch (CSU) plädierte dafür, "Behauptungen ohne Belege" und "nebensächliche Angriffe" aus der Stellungnahme zu streichen. Sie vertraue den genehmigenden Behörden: "Wir leben ja nicht in einer Bananenrepublik."
Klimabürgermeister Heilig: "Wir werden nichts aus der Stellungnahme herausnehmen"
Im teils verhärteten Konflikt zwischen TWV und Knauf sagte Klimabürgermeister Martin Heilig (Grüne): "Wir sind klar für den Trinkwasserschutz - und nicht gegen Knauf." Sein Fazit nach der Sitzung: "Wir werden nichts aus der Stellungnahme herausnehmen und nichts abschwächen."
Die Stellungnahme wird laut Heilig fristgerecht bis 6. März eingereicht.
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Ausgeschlossen ist also nichts, eventuell gehts schief....Darauf kann man keine Trinkwasserversorgung bauen.
Jeder Bürger kann bis 6.3. Einwände verschicken, um das lebenswichtige Trinkwasser für Würzburg in voller Menge und Qualität auch für die Zukunft zu sichern und das Bergwerk im Wasserschutzgebiet abzulehnen. Hier sind Anleitung und Vorlagen: https://www.wasser-in-gefahr.de/einwand-zum-bergwerk/
Für unser Trinkwasser.
Ich finde ich es immer sehr drollig, wenn Menschen die offensichtlich weder vor Ort waren, noch sich intensiver mit der Materie befasst haben, zu einem für ihr Weltbild passendes Urteil kommen.
Wären Sie vor Ort gewesen, hätten Sie erlebt, dass die BedenkenträgerInnen :-)
aus den verschiedensten politischen und gesellschaftlichen "Lagern" kamen.
Auch im Stadtrat konnten die, ihrer Meinung nach, "stichaltig u. plausibelen Argumente" von Knauf, parteiübergreifend
nicht überzeugen. Gerade die Statements der Vertreter von FDP, SPD u. den (von Ihnen so geliebten) Grünen zeigten deutlich auf, dass das "Hoffen" darauf, dass schon alles gut gehen wird, nicht ausreicht.
Genau dieses Risiko ist für viele nicht tragbar. Bricht die Wasserversorgung weg, hat es sich sowieso mit der Arbeitsplatzsicherheit.
Erfreulich war, dass Herr Lewetz , als letzter Referent nach anstrengenden 3 ½ Stunden, in der kurzen Zeit die im verblieb, prägnant herausarbeiten konnte, wo die Defizite des Knaufgutachtens liegen.
Wer das Gutachten der TWV lesen möchte, unter:
https://www.wuerzburg.sitzung-online.de/BI/___tmp/tmp/45081036/enVKdMSlkzthUWPC8LobH6HGPXbYzgp9YA5XFvck/AUArxCNu/46-Anlagen/03/EntwurfsfassungStellungnahmeStadtWuerzburgzumR.pdf
kann es aufgerufen werden.
Ich finde ich es immer sehr trollig, wenn Menschen die offensichtlich weder vor Ort waren, noch sich intensiver mit der
Materie befasst haben, zu einem für ihr Weltbild passendes Urteil kommen.
Wären Sie vor Ort gewesen, hätten Sie erlebt, dass die BedenkenträgerInnen :-)
aus den verschiedensten politischen und gesellschaftlichen "Lagern" kamen.
Auch im Stadtrat konnten die, ihrer Meinung nach, "stichaltig u. plausibelen Argumente" von Knauf, parteiübergreifend
nicht überzeugen. Gerade die Statements der Vertreter von FDP, SPD u. den (von Ihnen so geliebten) Grünen zeigten deutlich auf, dass das "Hoffen" darauf, dass schon alles gut gehen wird, nicht ausreicht.
Genau dieses Risiko ist für viele nicht tragbar. Bricht die Wasserversorgung weg hat es sich sowieso mit der Arbeitsplatzsicherheit.
Und diesen ( unabhängigen) Gutachtern darf man gerne Glauben schenken weil das beweisbar ist! Ihre Schlussfolgerung mag für Sie vielleicht passen, aber es ist eine Meinung und nicht mehr! Und die ist nicht fundiert!
gez L. Hofmann
Alleine der Begriff "Restrisiko" ist ja schon verharmlosend.
Wie hoch war denn das "Restrisiko", dass die Titanic sinken würde? War vielleicht der "Rest" der Hauptteil und hätte es realistischer "Restchance" heißen müssen, dass das Schiff NICHT sinkt?
Egal. Das Projekt birgt Risiken für's Trinkwasser. Wer Null Risiko will, muss gegen das Projekt stimmen. Dazwischen gibt es nichts,
Und nein, ich arbeite nicht für Knauf und ja ich bin auch von der Wasserversorgung der TWV abhängig. Ich habe aber gelernt, dass man solchen Entscheidungen nicht blind den Panikmachern vertrauen darf, die sich nicht mal Mühe geben, darüber ernsthaft nachzudenken.
Ein wenig Restrisiko wäre also nicht unvertretbar.