
Es soll das größte Bergwerk in Bayern werden: Ab 2027 will der Baustoffkonzern Knauf bei Altertheim im Landkreis Würzburg 60 Jahre lang Gips aus der Erde holen. Das Vorhaben ist vor allem deshalb umstritten, weil im Westen von Würzburg ein neues Schutzgebiet für das Trinkwasser Würzburgs ausgewiesen werden soll.
Erste Planungen für das Bergwerk gab es bereits 1997. Es folgten zig Bohrungen und Diskussionen. Allein seit 2020 fanden 18 Gespräche der Regierung von Unterfranken mit Wasserwirtschaftsamt Aschaffenburg, Bergamt Nordbayern, Trinkwasserversorgung Würzburg, städtischem Gesundheitsamt und externen Experten statt. Mittlerweile hat Knauf 20 Gutachten zu Hydrogeologie, Klima, Verkehr, Lärm, Staub, Sprengerschütterungen, Artenschutz und Standsicherheit erstellen lassen.
Jetzt hat das Genehmigungsverfahren für das Gipsbergwerk begonnen. Wird das Bergwerk nach Knaufs Plänen genehmigt, will die Firma bereits Ende des Jahres mit den Bauarbeiten loslegen.
Das Bergamt Nordbayern hat die von Knauf vorgelegten Antragsunterlagen erstmals veröffentlicht. Sie liegen ab diesem Montag, 20. Januar, bis zum 20. Februar bei der Stadt Würzburg sowie in zwölf Gemeinden des Landkreises aus und sind online auf der Service-Seite der Regierung von Oberfranken einsehbar. Bis einschließlich 6. März können Bürgerinnen und Bürger Einwendungen erheben.
Aus den Unterlagen gehen detaillierte Fakten über das geplante Bergwerk hervor. Eine Übersicht.
Wie groß soll das Bergwerk werden?
Knauf plant, die Gipsgrube im Dreieck zwischen Altertheim, Helmstadt und Waldbrunn zu errichten. Der Abbau soll in 70 bis 130 Metern Tiefe stattfinden. In den ersten Jahren sollen 300.000 Tonnen Naturgips aus der Erde geholt werden, später bis zu einer Million Tonnen.
Das Bergwerk soll nach und nach entstehen und sich unter Tage auf maximal 7,1 Quadratkilometer in 60 Jahren ausdehnen. Das entspricht etwa der Fläche der 9600-Einwohner-Gemeinde Höchberg bei Würzburg.
Was wird oberirdisch vom Bergwerk zu sehen sein?
Knauf plant auf einem etwa 200 mal 150 Meter großen Grundstück am Westrand des Irtenberger Waldes ein Betriebsgebäude zum Verladen des Gipses plus ein Werkstattgebäude für bis zu 70 Beschäftigte. Der Eingang zum Schacht ist einige hundert Meter entfernt.
Ist das Bergwerk in Betrieb, wird der Gips über eine 700 Meter lange, zum Teil oberirdisch verlegte Rampe zur Verladestation befördert. Laut Knauf sind auf dem Gelände außerdem Parkplätze für Lastwagen und Autos vorgesehen. Das Areal wäre vergleichbar mit dem Gelände am Bergwerk in Hüttenheim (Lkr. Kitzingen), das der Gipskonzern seit den 1950er Jahren betreibt.
Lkw-Verkehr: Was kommt auf die Umlandgemeinden zu?
In den ersten Jahren sollen laut Knauf zwei bis drei Lastwagen pro Stunde fahren, später bis zu 20 pro Stunde. Der Gips soll über die Autobahn A3 und Staatsstraßen transportiert werden, "niemals durch ein Wohngebiet", so das Unternehmen. Bei Sperrungen auf der A3 würden die Laster laut Knauf mal "nicht fahren" - keinesfalls aber durch Kist.

Sprengungen, Einsturzgefahr: Wie sicher ist das Bergwerk?
Knauf will in den Stollen das Gestein durch Sprengungen lösen und unter Tage zermahlen, bevor es nach oben transportiert wird. Laut einem vom Unternehmen beauftragten Ingenieurbüro in Bonn würden die Sprengungen den Angaben zufolge tagsüber in den umliegenden Dörfern so gut wie nicht zu hören sein.
Nachts könnten die vorgeschriebenen Geräuschwerte nur ab einer Entfernung von 1000 Metern sicher eingehalten werden, heißt es in dem Bericht. Vom Werksgelände bis zu den ersten Wohnhäusern von Oberaltertheim sind es Luftlinie 1,5 Kilometer.
Eine von Knauf in Auftrag gegebene Analyse des Instituts für Geotechnik der Technischen Universität Freiberg kommt zu dem Ergebnis, dass keine Gefahr besteht, dass sich der Erdboden wegen des Bergwerks senkt oder gar einbricht. Laut Knauf soll unter Tage durch ein Kammer-Pfeiler-System die Hälfte des Bodens stehenbleiben.
Das bedeutet, dass kein einziger großer Hohlraum unter der Erde entsteht. Vielmehr wird der Gips so abgetragen, dass in bestimmten Abständen 21 mal 21 Meter große Pfeiler stehenbleiben und so für die Stabilität der bis zu 7 Meter hohen Stollen sorgen sollen.
Ist das Trinkwasser von Würzburg, Waldbrunn und Altertheim in Gefahr?
Das Bergwerk soll im Einzugsgebiet dreier Trinkwassergewinnungen entstehen: der Stadt Würzburg und der Gemeinden Waldbrunn und Altertheim. Deshalb hat die DMT, eine Tochterfirma des TÜV-Nord, im Auftrag von Knauf vier Jahre lang den Untergrund untersucht. 17 Grundwasser-Messstellen wurden eingerichtet.
Das Ergebnis der DMT: "Wir halten (...) die Errichtung des Bergwerks für gut und sicher machbar. Nachteilige Auswirkungen auf die Trinkwassergewinnungen sind sowohl in mengenmäßiger als auch in qualitativer Hinsicht nicht zu erwarten."
Das Gutachten hat vier Szenarien untersucht: Was würde passieren, wenn Grundwasser von oben oder von den Seiten ins Bergwerk sickern würde? Was, wenn es zu Erdeinbrüchen käme? Und was, wenn sich die Grube nach Ende des Gipsabbaus mit Grundwasser füllen sollte?
Die Trinkwasserversorgung Würzburg sorgt sich, dass Wasser ins Bergwerk eindringen und dadurch weniger Wasser bei den Zeller Quellen, die halb Würzburg mit Trinkwasser versorgen, ankommen könnte. Der Versorger spricht von "schlimmstenfalls bis zu 20 Prozent".
Dem widerspricht Knauf: Selbst in den "bewusst ungünstig gewählten" und "unwahrscheinlichen" "Worst-Case-Szenarien" betrage die Zusickerung – allerdings erst nach 60 Jahren und bei größter Ausdehnung der Grube – maximal 1 Prozent des zu den Zeller Quellen fließenden Wassers. Die Trinkwasserversorgung werde nicht beeinflusst. Auf dem Gelände geplante Pumpleitungen seien für den Notfall gedacht, die "im realistischen Fall nie benötigt werden".
Warum will Knauf das Altertheimer Bergwerk bauen?
Der jährliche Bedarf an Gips liegt in Deutschland bei etwa zehn Millionen, in Bayern bei 1,6 Millionen Tonnen. Etwa 43 Prozent wurden bisher mit synthetischem Gips gedeckt. Der fällt mit dem Kohleausstieg künftig weg. Andere Baustoffe und Recycling könnten die "Gips-Lücke von vier bis fünf Millionen Tonnen pro Jahr" in absehbarer Zeit nicht decken, argumentiert Knauf.
Der Naturgips in der Altertheimer Mulde sichere den Betrieb der Knauf-Werke in Iphofen und Markt Einersheim im Landkreis Kitzingen und damit die Arbeitsplätze von rund 2500 Beschäftigten über Jahrzehnte.
Laut einer Prognose des Umweltbundesamtes kann Gips-Recycling, das in Deutschland aktuell nur zwei Prozent des Bedarfs deckt, künftig maximal zehn Prozent des Bedarfs bedienen. Da mehr gebaut als abgerissen wird, stehe auf absehbare Zeit nicht genügend Recyclingmaterial zur Verfügung.
Gips aus Südeuropa nach Iphofen zu schaffen, würde nach einer Rechnung von Knauf das 9-Fache an CO2-Emissionen verursachen. Wirtschaftlich mache es aber auch keinen Sinn, räumt das Unternehmen ein.
Die Bergwerkspläne von Knauf sind im Internet zu finden unter www.regierung.oberfranken.bayern.de ("Planfeststellungen"/"Bergbau").
Da läßt sich erahnen, wie sich das anstehende Verfahren weiter gestaltet.
Ein Industriezweig hat mit dem billigen REA-Gips reichlich Geschäfte gemacht, darauf vertrauend, dass es schon irgendwie weitergeht (Naturgips ist ja genug vorhanden).
Jetzt wird gejammert u. politisch Druck aufgebaut.
Man hielt es nicht für nötig, sich rechtzeitig um Alternativen zu kümmern. Der auf den Wertstoffhofhöfen gesammelte Altgips wurde nach Osteuropa gekarrt u. meißt deponiert. Erst die Deponieverordnung 2024 hat einen Riegel vorgeschoben. Seitdem muss Altgips in den Kreislauf zurückgeführt werden.
Laut UBA wurden 2017 in Deutschland nur 5% der Gipsbaustoffe recycelt. In den Niederlanden 2021-15,2%, in England 2015 schon 42%.
Seit Kurzem erklärt nun Knauf:
"Schon jetzt sei man bestrebt, das Gips-Recycling auszubauen".
Es ist allerhöchste Zeit!!
"... und bisher kamen bis zu 60 Prozent des Gipses in Deutschland aus der Reinigung der Abgase von Kohlekraftwerken, genauer: aus deren Rauchgas-Entschwefelungsanlagen. Spätestens 2038 ist damit ganz Schluss..."
https://www.ovb-heimatzeitungen.de/wirtschaft/2024/11/10/deutschland-droht-auch-noch-eine-gipsluecke.ovb
Ja, die Behörden genehmigen u. überwachen.
Garantien kann niemand geben!
Und für die Schäden, soweit sie überhaupt nach einem Störfall noch zu beheben sind, kommt die Firma Knauf auf (in diesem Fall dann die Wasserversorgung von Würzburg und div. Gemeinden).
Aber vielleicht gibt es die Fa.Knauf auch dann nicht mehr, dann zahlt, wie in vielen Fällen der Steuerzahler - siehe Segnitz/Arsen, Schweinfurt/Arsen), Kelheim/Arsen, Thalium, Zink...
Ja, Frau Hoffmann, ich als Bedenkenträger war im Bergwerk in Hüttenheim, und? Überzeugt mich das Gesehene?
Letztendlich ist die Entscheidung für den Abbau in Altertheim eine Risikoabwägung.
Das zweifelhafte Ergebnis von solchen Bewertungen sieht man am Bruch des Staudamms in Südamerika. Nur wenige Monate vor der Katastrophe hatte ein Tochterunternehmen des TÜV Süd bestätigt, der Damm sei stabil - 272 Tode.
Ausserdem: Wenn erst mal das Trinkwasser versaut ist, ist auf das Geld auch gepfiffen. Das bringt das Wasser dann auch nicht mehr zurück.
Wieviele Fehlversuche haben wir denn, bevor das Wasser dann versiegt und/oder kontaminiert ist? Ich Frage für einen Freund...
Eurodisney in Paris wurde so gebaut. Bezahlt haben viele kleine Handwerksbetriebe, teilw. mit ihrer eigenen Insolvenz, bevor der Disney Konzern offiziell den fast fertigen Laden "schuldenfrei" von der insolventen Bauträgerfirma übernahm... so macht man Geschäfte im Big Business.
Durch ein entsprechendes Firmengeflecht sichert man das Überleben seiner Company z.B. bei internationalen Geschäften ab. Wie z.B. im medizintechnischen Bereich ist sowas fast schon überlebenswichtig. Man kann dann bei korrekter Konstellation bei Bedarf ein Unternehmens-Töchterchen hopps gehen lassen, während die Muttergesellschaft weiter besteht.
Dennoch weiß man das in der Knauf Chefetage sicherlich auch.
Aber man kann sich doch ein seit 50 Jahren erprobtes Verfahren dieser Gipsgewinnung vor Ort in Hellmitzheim anschauen. Dann sieht man genau wie hier gebohrt und gefördert wird und wie die riesigen Stempel unte der Erde als Stützpfeiler dienen.
Welche der vielen Bedenkenträger haben sich da schon angeschaut und vor Ort erklären lassen.
Wieviele der Bedenkenträger haben mit den Einwohnern vor Ort im Weinparadies Hüttenheim/Seinsheim/Bullenheim/Hellmitzheim gesprochen ??
Haben alle Böden in Deutschland eine homogene Beschaffenheit?
Ist dort die Geologie exakt genau so wie in Raum Altertheim?
https://www.lfu.bayern.de/geologie/geologie_bayerns/ueberblick/index.htm
Ist Altertheimer Muschelkalk das selbe als Seinsheimer Keuper?
Na klar! Wenn ich jemanden ein Trum davon an den Kopf werfe, fällt der um. Also ist es auch das selbe! Richtig?
Sie können ja sowas gerne unreflektiert abnicken. Manche tun sich eben etwas schwerer damit.
vielen Dank für ihren Kommentar. Leider müssen wir ihren Kommentar allerdings löschen, da eine Quelle für Ihre Behauptung fehlt. Vielen Dank für ihr Verständnis!
Mit besten Grüßen
Ihr mainpost.de-Team
Ohne Wasser können Menschen nicht leben, während Gips keine lebensnotwendige Funktion hat!
Um die Notwendigkeit des Gipsabbaus zu unterstreichen werden verschiedene Argumente angeführt: die Unverzichtbarkeit als Baustoff, Arbeitsplätze die verloren gingen, der CO2-Fußabdruck bei Anlieferung aus fernen Regionen...
Da REA-Gips als Abfallprodukt aus der Rauchgasentschwefelung massig zu Verfügung stand, hat Knauf neben dem aus natürliche Lagern vorkommenden Gips, die Verwendung dieses Rohstoffes genutzt, um unzählige Produkte auf den Markt zu drücken. Wäre er nicht zu Verfügung gestanden, hätten sich andere, gipsfreie Produkte etabliert.
Knauf wäre findig genug, sich auch diesen Markt zu erschließen.
2038 schließt das letzte Kohlekraftwerk. Es bliebe also noch genügend Zeit um das Gipsrecycling und Alternativprdukte zu optimieren.
Der Gipsbedarf für unverzichtbare Anwendungen ließe sich so minimieren u. sicher umweltverträglicher gewinnen.
leider fehlt weiterhin eine Quelle zur besagten Damm-Katastrophe. Wenn Sie keine Quelle haben, beschreiben Sie zumindest genauer um welchen Vorfall es sich handelt.
Mit besten Grüßen
Ihr mainpost.de-Team
Dem Vernehmen nach gibt es in Bayerns Wälder eine doch achtenswerte Anzahl von Waldbesitzern NN, die äußerst problematisch zu ermitteln zu sind. Als solche im niedrigen einstelligen Bereich anzusiedeln, zunächst nicht weiter schlimm. Es zeigt jedoch auf, wie nachlässig seitens unserer Behörden gearbeitet und demgemäß registriert wird.
Für mich stellt sich nun die Frage, ob sämtliche Eigentümer lückenlos in eben diesem Abbaugenehmigungsverfahren amtlicherseits bekannt sind?....
wie bei Ihrem vorherigen Kommentar bitte ich Sie ihre Behauptungen mit Quellen nachzuweisen. Vielen Dank für Ihr Verständnis!
Mit besten Grüßen
Ihr mainpost.de-Team