Für Wein braucht man Holz. Und Glas. Und Strom. Und Papier. All das begreift man nicht auf Anhieb, wenn man im Supermarkt vor einem Regal mit Bocksbeuteln steht. Aber man begreift es, wenn man dieser Tage mit Leuten wie Cornelius Lauter oder Andrea Wirsching spricht. Lauter ist geschäftsführender Vorstand der Winzergemeinschaft Franken (GWF) in Kitzingen, Wirsching leitet in Iphofen das größte Privatweingut Frankens.
Mehr als zehn Millionen Flaschen Wein füllt die GWF auf ihrer Anlage im Stadtteil Repperndorf jährlich ab. Auf der Anlage wird mit heißem Dampf gearbeitet, um Keime abzutöten. Erzeugt wird der Dampf mithilfe von Erdgas, was bislang "am effizientesten" war, sagt Lauter. Jetzt ist es eines der Probleme, die dazu führen werden, dass bald auch der Wein teurer wird. Die Frage ist: Wie viel Teuerung muss, wie viel Teuerung kann sich die Branche leisten?
Vieles, was man zur Weinherstellung braucht, ist teurer geworden
Energie in Deutschland kostet heute fast 70 Prozent mehr als vor einem Jahr. So hat es das Statistische Bundesamt errechnet.
Mehr als 40 Millionen Weinflaschen laufen in Franken jedes Jahr über Förderbänder und Abfüllanlagen. Sie werden gespült und gereinigt, mit Wein gefüllt und größtenteils mit Kronkorken verschlossen. Bei der GWF bestehen diese zu "99,9 Prozent" aus Aluminium.
- Aluminiumverschlüsse: 40 Prozent teurer
Auch wenn die Flaschen mehrfach verwendet werden, sind sie irgendwann nicht mehr zu gebrauchen. Sie werden beim Transport oder beim Öffnen beschädigt, haben Kratzer oder Sprünge. Dann müssen sie ersetzt werden gegen neue. Auf die Produktionskosten packen die Hersteller neuerdings einen Energiekostenzuschlag von 115 Euro pro Tonne.
- Glasflaschen: 25 Prozent teurer
So lässt sich die Liste fortführen. Man bekommt eine Vorstellung davon, was in die Kalkulation für den Wein alles einfließt:
- Etiketten: 20 Prozent teurer
- Kartonagen: 25 Prozent teurer
- Etikettenleim: 25 Prozent teurer
- Weinbergspfähle: 30 Prozent teurer.
Für einen Liter Wein zahlt man in Deutschland durchschnittlich 2,90 Euro
Fast alle großen Bierhersteller erhöhen gerade ihre Preise. Fragt man Andrea Wirsching, wie die Sache beim Wein steht, dann sagt sie: "Es herrscht ganz großer Druck im Markt." Das Weingut Wirsching, 1630 gegründet, ist mit 90 Hektar Rebfläche das größte private Weingut Frankens.
Bei der letzten großen Inflation vor 40 Jahren, so erzählt es Andrea Wirsching, habe man die gestiegenen Produktionskosten einfach eins zu eins an die Kundschaft weitergegeben – mit der Folge, dass Franken den teuersten Wein im Land hatte. Damals konnte ihr Vater sich das leisten. Es gab nicht die Masse an Wein und wenig Wettbewerb. Heute ist Deutschland mit Wein geflutet, die Billigkonkurrenz aus dem Ausland hat den Markt voll im Griff. Für einen Liter Wein werden hierzulande im Durchschnitt gerade mal 2,90 Euro bezahlt.
Der Weinpreis in Deutschland hat sich in den vergangenen Jahren nur moderat erhöht, laut Verbraucherpreisindex um etwa 4,8 Prozent seit 2015. Wirsching und andere Direktvermarkter sind noch ein Stück weit unabhängig vom Discountmarkt und profitieren von ihrem hohen Anteil an privaten Stammkunden. Ein Wirsching-Wein ist nicht unter sechs Euro zu haben. Aber auch das Iphöfer Traditionsweingut meistert gerade einen Ritt auf der Rasierklinge.
Die gestiegenen Produktionskosten – aktuell zwischen acht und zehn Prozent – könne man so nicht weitergeben, sagt Andrea Wirsching, sonst drohten die Umsätze wegzubrechen. Also belässt man es bei drei bis vier Prozent. Neben den allgemeinen Preissteigerungen drückt die Betriebe auch noch die schrittweise Erhöhung des Mindestlohns von 9,82 Euro auf 12 Euro bis Oktober.
Die GWF will den Frankenwein um "einige Prozent" teurer machen
Bei der Winzergemeinschaft Franken in Kitzingen versucht der geschäftsführende Vorstand Cornelius Lauter das Wort Preiserhöhung tunlichst zu vermeiden. "Wir sind nicht alleine am Markt", sagt er am Telefon, "sondern müssen beobachten, was die Konkurrenz macht". Es wird also gelauert und gewartet: Wer zuckt als Erstes? Wer traut sich zuerst, an der Preisschraube zu drehen?
Für Lauter ist klar: Preissteigerungen werden kommen. Bei den Einsparungen finde man "keinen großen Hebel mehr". Gehen die Kostensteigerungen zu Lasten der Wertschöpfung, bleibe auf Dauer keine Alternative, als die Kosten auf die Produkte umzulegen. Aber in welchem Maß, ist ungewiss. Lauter spricht von "einigen Prozent" – näher will er sich dazu nicht einlassen. Denn über allem schwebt die bange Frage: Wird der Konsument, die Konsumentin den Schritt mitgehen? Oder werden sie der GWF im Zweifel den Rücken kehren?
Zur unübersichtlichen Lage bei den Preisen kommen Engpässe beim Material. Schon vor dem Krieg in der Ukraine kämpfte die Papierindustrie mit einem Mangel an Holz. Jetzt fehlt wegen der Sanktionen auch noch der Nachschub aus Russland. Holz wird noch knapper und noch teurer. Aber Holz ist das Grundmaterial für Papier und Kartonagen.
Die Verpackungskartons, in denen die sechstgrößte Winzergenossenschaft Deutschlands von Kitzingen-Repperndorf aus ihre Weine verschickt, waren bis vor Kurzem nach spätestens vier Wochen da. Jetzt dauert es mit Glück vier Monate, mitunter sechs, ehe die bestellte Ware eintrifft. Flaschen gibt es nur noch in gängigen Farbtönen, die Hersteller haben zum Teil ihre Schmelzöfen abgestellt, weil das Erdgas dafür zu teuer geworden ist.
Die Alternative zu Erdgas? Öl – aber das wäre für die GWF noch teurer
Wo immer man derzeit hinhört – ob bei Flaschenherstellern oder Produzenten von Kronkorken: Fast immer ist von gestiegenen Energiepreisen die Rede. Das schließt auch Transport- und Speditionskosten ein. Einen Großteil ihrer Weine liefern Wirsching und Lauter mit eigenen Lastwagen aus, doch der Liter Diesel kostet heute doppelt so viel wie noch im März 2020. Immerhin ihren Strom produziert die GWF heute mithilfe von Photovoltaik-Modulen auf dem Betriebsgebäude weitgehend selbst. Nach Alternativen zum Erdgas gefragt, sagt Lauter: "Öl - aber das wäre noch aufwendiger und teurer."
Wenn Produkte stärker nachgefragt werden, kann ein Unternehmen seine Preise erhöhen. Es gibt ja genug Kaufinteressenten. Beim Wein ist das nur begrenzt möglich. "Der Weltmarkt", sagt Andrea Wirsching ernüchtert, "produziert 15 Prozent zu viel Wein." Und so gilt bis auf Weiteres der Grundsatz: erst mal schauen, was die Konkurrenz macht.
dafür her halten
das was teurer wird...
oder war es nicht vorher zu billig produziert...
weil man die MitArbeiter eher ausgebeutet wie anständig bezahlt hat...
in der Gastro wird ja auch gejammert
das man das Essen teurer machen muss
wegen dem Mindestlohn
von dem aber keiner LEBEN kann
Und Wodka ist in den Regalen weiter für 5,49 Euro zu haben. Man versteht die Welt nicht mehr...
Mein Eindruck ist eher dass die allermeisten Flaschen im Altglas „entsorgt“ werden.
Hier sollte der Energieverbrauch mal recherchiert werden.
es gab mal zeiten, da wurde der wein in den grünen literflaschen in holzsteigen ausgeliefert, die wieder an das weingut zurückgingen.
wenn heute z.b. bei festen bei uns im ort wein angeliefert wird, sind die flaschen in karton verpackt und gehen am ende zu 100% in den container.
mehrweg ist mit sicherheit nicht sehr häufig in dem bereich, zumal weinflaschen ja pfandfrei sind und der bocksbeutel ja auch noch ein spezialfall ist.
man nehme hier nur einen 5 jahre alten bericht aus der mp her:
https://www.mainpost.de/ueberregional/bayern/der-bocksbeutel-und-das-pfand-art-9558657
wein ist ja auch ein lifestyleprodukt, und da möchte der kunde ja auch eine makellose, am besten noch stylische flasche.
Als der Wein noch knapp war, reichte ein Modell grüner Schlegelflaschen und eines für Bocksbeutel, die dann auch in allen Betrieben die selben waren.
https://www.weine-im-angebot.de/wein-wissen/grundwissen/wie-entsteht-der-preis-einer-flasche-wein-1062/