Geschäftsleute mit Fuhrpark spüren in diesen Tagen einen besonderen Schmerz: All ihre Last- und Lieferwagen schlucken ihnen in kaum gekanntem Maße das Geld aus der Kasse. Die extremen Energiepreise wirken sich stark auf die Kosten aus.
Davon berichtet auch Tibor Brumme: Vor knapp drei Wochen hat der Geschäftsführer für sein Naturstein-Unternehmen in Kitzingen ein Angebot über 95.000 Euro für Bodenbeläge in einem Haus abgegeben. Kurz danach gingen schlagartig die Spritpreise - vor allem in Folge des Ukraine-Krieges - durch die Decke. Das Angebot nachzuverhandeln, "ist realistisch gesehen jetzt nicht mehr möglich", sagt der 51-jährige Steinmetzmeister.
Preisanstieg beim Diesel: Unternehmer bleibt auf 1000 Euro sitzen
Die Folge ist klar: Brumme bleibt nach eigener Rechnung auf 1000 Euro sitzen. Damit könnte er fast zwei Monate lang einen Lehrling bezahlen. Die 1000 Euro resultieren aus dem Umstand, dass der Anteil der Frachtkosten in Brummes Angebot nun eigentlich 7,8 statt 5,4 Prozent betragen müsste.
Das Kitzinger Unternehmen mit seinen 15 Beschäftigten ist ein Beispiel dafür, wie knapp bemessen die Kalkulationen gerade von Mittelständlern wegen der aktuellen Energiepreise sind. Hinzu kommen noch die allgemein gestiegenen Preise - inklusive des Materialmangels.
Brumme hat drei Lastwagen mit bis zu 7,5 Tonnen Gewicht sowie drei Liefer- oder Pritschenwagen. Sind solche Fahrzeuge an sich schon Diesel-Schlucker, kommt die zu transportierende Ware erschwerend hinzu: Ein herkömmlicher Steinblock mit einer Kantenlänge von jeweils einem Meter bringe es auf drei Tonnen, rechnet Brumme vor. Viel Gewicht, viel Diesel-Verbrauch.
2020 habe er etwa 10.000 Euro an Spritkosten gehabt, so der Geschäftsführer. Als 2021 die Preise anzogen, seien es 13.000 Euro geworden. Wenn Diesel so extrem teuer bleibt wie momentan, dann werden es 2022 wohl 17.000 Euro werden, rechnet Brumme vor.
Dem Unternehmer bereiten aber nicht nur die Spritpreise Sorgen: Innerhalb eines Jahres seien auch die Kosten für Containertransporte per Schiff um 15 Prozent gestiegen. Der Kitzinger Geschäftsmann bezieht einen Teil seiner Steine aus Indien. Die Fahrten vom Hafen bis zu seinem Betrieb seien innerhalb der vergangenen sechs Monate um nahezu 30 Prozent teurer geworden. Wobei der extreme Spritpreis-Anstieg der vergangenen Tage hier noch gar nicht berücksichtigt sei.
Die allgemein gestiegenen Materialkosten "sind eingepreist" in seinen Angeboten, doch beim Diesel für seinen Fuhrpark sieht sich Brumme in der Klemme. Einen derart großen Preissprung wie jetzt an den Tankstellen könne er kaum sinnvoll und schon gar nicht auf lange Sicht in die Kalkulation übernehmen.
Kann er irgendwie gegensteuern? Bei den Fahrten und damit beim Treibstoff sei das kaum möglich, meint der Unternehmer. Denn den 130-Kilometer-Radius seiner Firma wolle er nicht verkleinern. "Ich kann von Kitzingen und Umgebung allein nicht leben."
Erweiterung des Betriebsgebäudes erst einmal auf Eis gelegt
Immerhin habe er beim Strom für seinen Betrieb einen Ansatz gefunden: Die Gabelstapler hat Brumme auf Elektrobetrieb umgestellt und seit Jahren läuft eine Photovoltaikanlage auf dem Firmendach - zum Teil für den Eigenbedarf.
Freilich sind das gängige Ansätze, die auch aus anderen Unternehmen bekannt sind. Andere Möglichkeiten für eine alternative Energiegewinnung sieht Brumme derzeit nicht. Wie er auf den zunehmenden Kostendruck reagieren kann? "Ich mache mir durchaus grundlegende Gedanken", sagt der Unternehmer. Eine Erweiterung des Betriebsgebäudes habe er zum Beispiel erst einmal auf Eis gelegt.
Mittelstandsunion: Politik ist bei Energiepreisen gefordert
Beim Personal zu sparen, kommt für den 51-Jährigen nicht in Frage. "Wir sind alle Familienbetriebe" mit besonderer Verantwortung für die Beschäftigten, will Brumme für artverwandte Unternehmen in der Region sprechen.
Ähnliches war vor einigen Tagen von der CSU-Mittelstandsunion Unterfranken zu hören, deren Vize-Bezirksvorsitzender Tibor Brumme ist. Die gestiegenen Energiepreise belasteten gerade die kleineren Unternehmen "über Gebühr", heißt es in einer Mitteilung. Der Anstieg der Spritpreise sei bei den Fahrten zur Kundschaft meistens nicht in die Angebote einkalkuliert.
Der Staat müsse den Anteil der Steuern im Spritpreis verringern, um Benzin und Diesel gerade für kleine Betriebe wieder erschwinglicher zu machen, lautet die Forderung der Mittelstandsunion. Immerhin hat die Bundesregierung vor wenigen Tagen bei den Energiepreisen Entlastung für Verbraucherinnen und Verbraucher angekündigt.
Horror-Preise beim Sprit: Wie Speditionen reagieren
Ob das hilft, bleibt abzuwarten. Klar ist: Zwischen März 2020 und März 2022 ist Diesel hierzulande doppelt so teuer geworden. Das tut nicht nur Steinmetzmeister Brumme weh, sondern auch zum Beispiel Speditionen, die naturgemäß einen großen Fuhrpark haben.
Ein mittlerer fünfstelliger Betrag ist das Extra, das die Translog Transport und Logistik GmbH in Schweinfurt nun pro Monat wegen des gestiegenen Dieselpreises zu schultern habe, wie Geschäftsführer Kai Vedder dieser Redaktion sagte. "Wir führen gerade Krisengespräche mit unseren Auftraggebern", wie der neue Kostendruck in den Aufträgen berücksichtigt werden könne.
Kaum anders ist die Situation bei der mittelständischen Spedition Gress in Gerolzhofen. "Wir müssen die gestiegenen Kraftstoffkosten eins zu eins an unsere Kunden weitergeben", betont Geschäftsführer René Kühl. Immerhin: Die Kundschaft habe Verständnis.
Das hat auch Steinmetzmeister Brumme in Kitzingen erlebt. "Auch wenn ich aktuell nichts machen kann" gegen die hohe Preise beim Diesel: "Die Kunden gehen die Preissteigerung noch mit."