
Wer wissen möchte, wo die Gewinne aus den Weinverkäufen früherer Winzergenerationen geblieben sind, der möge sich nur einmal die repräsentativen Häuser der Weinhändler ansehen, wie sie etwa in Kitzingen noch zu finden sind. Die Winzer hatten die Arbeit – die Händler strichen das Geld ein.
1957/58 war die Ernte besonders groß und die Bezahlung besonders schlecht. Deshalb hatten 1959 sieben Ortsgenossenschaften genug davon und beschlossen, eine eigene Vermarktung ihrer Produkte zu organisieren. Sie gründeten den Vorläufer der GWF, früher Gebietswinzergenossenschaft Franken, heute Winzergemeinschaft Franken. Fortan wurden die Trauben in eigenen Keltereien gepresst, der Wein zentral gelagert und verkauft. Den Gewinn strich nun die Genossenschaft ein und verteilte ihn gerecht an ihre Mitglieder, erzählt Cornelius Lauter, heutiger GWF-Geschäftsführer.
"Extrem visionär", so schildert es Lauter, habe dieser Kern der GWF-Mitglieder sieben Hektar Land auf der Höhe von Repperndorf auf historischem Boden erworben. Dort hat sich über die Jahrzehnte und in mehreren Bauphasen ein Zentrum des Frankenweins entwickelt und eine Genossenschaft, die heute zu den sechs größten in Deutschland zählt.

Aufbruchstimmung und Zeit des Wachstums
Bis Anfang der 1970er Jahre erfasste die Aufbruchstimmung immer mehr Ortsgenossenschaften; die GWF vergrößerte sich ständig. Begünstigt durch die Flurbereinigungen in Unterfranken wuchsen das Wegenetz, die Rebflächen und folglich die Weinmenge. Während die Weinschwemme der Qualität nicht immer zuträglich war und GWF-Weine damals oft billig verkauft wurden, professionalisierte sich die Arbeit im Weinberg mit den Jahren. Spätestens als nicht mehr die Ortsgenossenschaften, sondern die einzelnen Winzer selbst Mitglieder wurden, hatte die GWF-Führung direkten Zugriff auf den Weinanbau. So konnte sie ihre Vorstellungen von Menge, Qualität und Rebsorten immer besser durchsetzen.
Mit dieser Struktur stieg auch der Auszahlungspreis; die GWF-Mitgliedschaft lohnte sich für die beteiligten Winzer. "Mit ein bis zwei Hektar war man schon richtig betucht", sagt Lauter rückblickend. So konnten sich die Winzer nicht nur den einen oder anderen neuen Schlepper leisten, sondern auch einen Mercedes.
Auch in der Bevölkerung wuchs der Wohlstand und mit ihm die Reisekasse. So entdeckten die Weintrinker auch die guten Tropfen aus dem Ausland. Konkurrenz aus Frankreich und Italien, später auch aus Süd- und Nordamerika und sogar aus Südafrika und Australien schwemmte auf den deutschen Markt. Dort hat der Frankenwein traditionell das Hochpreissegment inne. Die Bearbeitung in den Steillagen ist aufwändiger als in der Pfalz oder gar im Ausland, das mehr Weingärten als -berge kennt.

Neue Trends in der GWF
So öffneten sich Frankens Winzer neuen Trends. In der Heimat des Silvaners und der Weißweine, wie Müller-Thurgau und Bacchus, finden sich heute verstärkt Rotweine, wie Spätburgunder, Portugieser, Domina oder auch der Rotling, ein Verschnitt aus roten und weißen Trauben. Ein Chardonnay aus dem Barrique-Holzfass kommt mittlerweile längst nicht mehr nur aus Frankreich. Frische, junge Weinlinien, etwa die erfolgreichen "Jungen Frank'n", sind entstanden. Aber auch "1er-Trauben" verkauft die GWF – Gewächse, die nach Herkunft und Qualität zu den Spitzenweinen der Genossenschaft gehören, auch beim Preis.
Der Grund ist klar: Die Winzergemeinschaft will verschiedene Kundensegmente ansprechen. Der eine sucht den täglichen Feierabendschoppen, der andere den edlen Tropfen für besondere Anlässe. Mit dieser Bandbreite ist die GWF mittlerweile deutschlandweit präsent. "Absatzschwierigkeiten gibt es keine", bewertet Lauter die Marktbilanz. "Wir sind gut unterwegs." Mittlerweile kennt man den Frankenwein auch in Japan, China oder Israel. Dabei helfen der GWF errungene Weinprämierungen, wie der Preis für den besten Weißwein bei der Berliner Wein Trophy.
Davon profitieren letztlich die Winzer über das Traubengeld, das an sie ausbezahlt wird. Die GWF versucht, es hoch zu halten, "damit die Winzer Spaß am Wein haben", wie der Geschäftsführer es nennt. Die Genossenschaft selbst muss keine Reichtümer anhäufen. Der Erlös spiegelt sich im Weinpreis wider: "Franken ist das teuerste Anbaugebiet in Deutschland", erklärt Lauter. Daraus erwächst sein Credo: "In der Breite und in der Masse muss Franken top sein. Wir müssen über Qualität überzeugen." Deshalb entscheiden Lauter und der GWF-Vorstand über die Strategie der Genossenschaft. Wo wird was in welcher Qualität angebaut?
9000 Parzellen mit eigenen Aufgaben
Dafür hat jede der 9000 Parzellen, die zum GWF-Gebiet gehören, eine besondere Aufgabe. Sie alle unterliegen einem Anbauprogramm, das die GWF ihren Winzern zuordnet. Innerhalb ihrer Möglichkeiten können die Mitglieder sich für bestimmte Programme bewerben. Wer höhere Qualität erzeugt, bekommt mehr Geld. Im Gegenzug wird die Arbeit im Weinberg immer wieder überprüft. Nur wer die Vorgaben einhält, bekommt die Höchstprämien.
Aber auch die GWF muss sich verändern. Aktuell investiert sie 14 Millionen Euro in eine zentrale Kelteranlage neben dem Standort in Repperndorf, schon auf Buchbrunner Gemarkung.
So viel zum Ist-Zustand, aber was kommt auf die GWF zu? Der Klimawandel mit Starkniederschlägen einerseits und längeren Trockenperioden andererseits wird eine Herausforderung. Eine Antwort darauf sind Bewässerungssysteme. Und auch der Öko-Weinbau ist für die GWF ein Thema. "Allerdings lässt sich der nicht vom Schlepper aus machen", erklärt Lauter. Er sei mit mehr Arbeit, weniger Ertrag und folglich viel Herzblut verbunden. Theoretisch würden Weinkonsumenten für Ökowein auch mehr bezahlen; vor dem Weinregal greife dann mancher aber doch zur günstigeren Flasche.
Am Ende zählt für den GWF-Geschäftsführer aber vor allem das fränkische Lob seiner Kunden: "Der GWF-Wein ist gut. Da weiß ich, was ich hab'."
