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Bergrheinfeld
Vorschlag für Fulda-Main-Leitung: So soll P43 in Unterfranken verlaufen
Über die Stromtrasse P43 wird in der Region erbittert gestritten. Jetzt legt Netzbetreiber Tennet den Plan für einen konkreten Korridor zwischen Motten und Bergrheinfeld vor.
Die Netzbetreiber haben einen ersten Korridor für den Verlauf der Fulda-Main-Leitung P43 in Unterfranken vorgeschlagen.
Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa | Die Netzbetreiber haben einen ersten Korridor für den Verlauf der Fulda-Main-Leitung P43 in Unterfranken vorgeschlagen.
Henry Stern
 und  Susanne Schmitt
 |  aktualisiert: 10.02.2024 18:30 Uhr

Wo genau wird die umstrittene Wechselstromleitung P43 durch Unterfranken führen? Zu dieser offenen Frage gibt es nun einen ersten konkreten Vorschlag: Der Netzbetreiber Tennet hat an diesem Mittwoch den Antrag auf Bundesfachplanung bei der Bundesnetzagentur eingereicht – und damit einen Trassenkorridor sowie mögliche Alternativen vorgestellt. Der Vorschlag sei noch "keine Vorfestlegung", heißt es von Tennet. Alle "infrage kommenden Korridore" würden weiter detailliert untersucht, die finale Entscheidung treffe die Bundesnetzagentur. In der Region stoßen Tennets Pläne teils auf heftige Kritik.

Der Vorschlag: Die Fulda-Main-Leitung P43 soll über insgesamt rund 130 Kilometer von Mecklar in Hessen über Dipperz (Lkr. Fulda) führen und in Bergrheinfeld im Landkreis Schweinfurt enden. Bereits im Frühjahr hatte Tennet für den hessischen Abschnitt einen ersten Korridor aufgezeigt. Nun folgt das Teilstück zwischen dem Umspannwerk Dipperz und Bergrheinfeld.

Vorschlagskorridor für P43 folgt weitgehend der A7

Dabei handelt es sich bei dem Vorschlag des Netzbetreibers zunächst um einen 1000 Meter breiten Streifen. Dieser würde Unterfranken bei Motten im Norden des Landkreises Bad Kissingen erreichen. Von dort zieht sich der Korridor grob entlang der A7, vorbei an Bad Brückenau, Schondra, Oberthulba und Elfershausen bis in den Landkreis Schweinfurt. Hinter Wasserlosen schwenkt die Trasse am Autobahnkreuz Werneck Richtung Osten und führt schließlich in einer Kurve zum Endpunkt in Bergrheinfeld.

Anders als der SuedLink, der als Erdkabel verlegt wird, sei P43 dabei grundsätzlich als Freileitungsprojekt ausgelegt, sagt Cindy Schemmel, Referentin für Bürgerbeteiligung bei Tennet. Es gebe jedoch "ganz neu die Option, auf Teilabschnitten Erdkabel zu nutzen" - beispielsweise um Siedlungsflächen oder Naturschutzgebiete zu queren. Wo das möglich sei, müsse aber erst geprüft werden.

Vorschlag für Fulda-Main-Leitung: So soll P43 in Unterfranken verlaufen

In Unterfranken gibt es gegen P43 parteiübergreifende Kritik. Immer wieder machten Landräte, regionale Abgeordnete und Bürger ihrem Unmut über die Trasse Luft. So hatten mehrere Bürgerinitiativen aus dem Norden der Region bereits in der vergangenen Woche mit einer "Rhöner Erklärung" ihre Ablehnung gegenüber P43 untermauert. Sie befürchten unter anderem massive Eingriffe in das Biosphärenreservat Rhön.

"Wir lehnen die Trasse P43 ab, weil sie nicht nötig ist", sagt auch Hildegard Beyfuß, Vorsitzende der BI "A7 Stromtrasse Nein" aus Wasserlosen (Lkr. Schweinfurt). Der geplante Netzausbau sei schlicht "überdimensioniert".

Ähnlich sieht das Matthias Göbel, Sprecher der BI "Bergrheinfeld sagt Nein zu SuedLink". Für ihn kommt der vorgeschlagene P43-Verlauf über Werneck nach Bergrheinfeld wenig überraschend.  "Das war abzusehen", so Göbel am Mittwoch. "Uns geht es aber nicht um das Wo, sondern uns um das Warum." Der Sinn solcher Leitungen müsse hinterfragt werden, denn sie dienten nicht der Energiewende, sondern vorrangig dem europäischen Stromhandel

Ganz anders sieht das Netzbetreiber Tennet. Die Fulda-Main-Leitung sei seit 2014 Bestandteil des Bundesbedarfsplan-Gesetzes und ihre Notwendigkeit immer wieder bestätigt worden. Der Bau diene zur Stabilisierung des gesamten Wechselstromnetzes.

Was die Politik zum Trassenvorschlag sagt

Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) erklärte am Mittwoch auf Nachfrage dieser Redaktion, dass sich aus den nun vorgeschlagenen Korridoren noch kein endgültiger Verlauf ergebe. Im Verfahren seien noch viele Änderungen möglich. "Bürger und Kommunen sollen sich intensiv mit ihren Anliegen einbringen", fordert Aiwanger deshalb.

"Die Trassenkorridore durch Unterfranken sind das Ergebnis der politischen Verhandlungen von Herrn Aiwanger im Jahr 2019", kritisiert dagegen der Bad Kissinger CSU-Landtagsabgeordnete Sandro Kirchner. Aiwanger habe eine weitgehende Erdverkabelung versprochen: "Davon ist leider nicht mehr viel übrig." Zudem müsse eine alternative Route durch Hessen weiter eine Option bleiben, fordert Kirchner.

Durch P43 "wird meine Heimatregion zu Unrecht über Gebühr belastet", sagt auch die Schweinfurter CSU-Bundestagsabgeordnete Anja Weisgerber. Sie werde sich deshalb "weiterhin für die Überprüfung von Alternativen stark machen".

Deutliche Kritik kommt auch von Volkmar Halbleib: Der unterfränkischen SPD-Landtagsabgeordnete bemängelt, dass von den Netzbetreibern "Bedenken gegen die weitere Belastung des Knotenpunktes Bergrheinfeld nicht so ernst genommen werden, wie es erforderlich wäre". Völlig offen bleibe, warum die Alternativtrasse durch Hessen nicht mehr weiterverfolgt werde und welche Trassenteile erdverkabelt werden können: "Das aber ist eine zentrale Frage für die Akzeptanz", sagt Halbleib.

Der Grünen-Energieexperte Martin Stümpfig dringt hingegen auf eine schnellere Realisierung der Stromleitung: "Fünf Jahre, bis klar ist, wo ein Mast steht, ist sehr lang." Grundsätzlich sei P43 zur Stabilisierung des Stromnetzes nötig. "Bayern ist seit 2018 Strom-Importland", warnt Stümpfig. Der fehlende Ausbau der Windkraft bei weiter steigendem Strombedarf erhöhe die Notwendigkeit neuer Nord-Süd-Stromleitungen in Deutschland.

Wie es jetzt mit den Planungen weitergeht

Ob es bei der Fulda-Main-Leitung beim von den Netzbetreibern favorisierten Weg bleibt, darüber entscheidet die Bundesnetzagentur. Sie prüft den Vorschlagskorridor sowie die Alternativen und gibt vor, welche weiteren Untersuchungen nötig sind – beispielsweise zum Arten- oder Wasserschutz. Voraussichtlich 2023 soll laut Tennet der finale Korridor feststehen. Strom könnte dann ab 2031 durch die Fulda-Main-Leitung fließen. Zu den Kosten will Tennet-Referentin Schemmel keine konkreten Angaben machen, das sei "zu einem so frühen Planungszeitpunkt schwierig".

Aktuelle Infoveranstaltungen in Zellingen, Elfershausen und Schweinfurt 

Sicher ist: Während der Bundesfachplanung können sich Bürgerinnen und Bürger sowie Vereinigungen oder Behörden beteiligen und Hinweise zu den Korridoren einreichen. Zudem will Tennet bereits in den nächsten Tagen bei Infomärkten über die Hintergründe der Streckenauswahl informieren. Dazu gibt es Veranstaltungen in Zellingen an diesem Donnerstag, 21. Oktober, in Elfershausen am 26. Oktober und in Schweinfurt am 28. Oktober. Eine Anmeldung ist wegen Corona zwingend erforderlich. Weitere Infos unter www.tennet.eu

 
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  • rasputin32
    Gibt es eine Erklärung warum heute eine Info-Veranstaltung in Zellingen stattfindet ?
    Weis Tennet überhaupt, das Zellingen 30 km von der Trasse weg ist.
    Oder ist es Absicht, dass vermutlich nur wenige kommen.
    Den richtigen Durchblick hat Tennet anscheinend immer noch nicht.
    Auf eine Anfrage ob das Grundstück FlurNr.xxxxx , das im erweiterten Korridor liegt, vom Bau tangiert wird, kann die Antwort: Eine Überprüfung wird mehrere Wochen brauchen.
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  • toke
    Seid 1982 wurde in Grafenrheinfeld Strom produziert.
    Warum haben es unseren hellen gutbezahlten Köpfe bis heute nicht geschafft aus den Brennstäben wieder das zu machen was es vor der Anreicherung war?
    In 39 Jahren sollte man doch zu einer Lösung gekommen sein....
    Wie viele Schäden sind denn in ,,Rafeld´´ entstanden daß das Kraftwerk Hals über Kopf abgeschalten wurde?
    zur Trasse:
    Wieso werden die Kabel der Trasse nicht direkt in der A7 im Fahrbahnbelag eingelassen?
    Wären das ganze Jahr Eisfrei. Weniger Nitrat durch Streusalz im Wasser.
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  • HeilHK
    Ich finde die Trasse ganz gut! Am besten wäre es, wenn die 3 Kabel direkt über der A7 "schweben" würden. So fallen sie quasi gar nicht auf...nicht mal aus dem All.
    ...und vielleicht fällt MAN oder DAIMLER Truck noch was tolles ein um die Leitung für die LKW anzuzapfen..
    Gute Idee...oder schönes Märchen?
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  • mainpost@wegner.email
    Charmante Idee!
    Ich pack jetzt trotzdem wieder meine Unke aus, weil bei jeder Aktion auf der Autobahn, bei der eine Drehleiter, eine Unfallstellenausleuchtung, ein Autokran, etc. benötigt wird, die Überlandleitung aus Sicherheitsgründen außer Betrieb genommen werden muss; Stichwort Lichtbogen. Die Entstehung eines Lichtbogens könnte übrigens bei einem Brand unter der Überlandleitung auch schon zum Problem werden.
    Und wenn ich da so weiterdenke, könnte es auch gefährlich sein für Halbleiter, wenn die dauerhaft unter einem magnetischen Wechselfeld mit relativ geringem Abstand bewegt werden.
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  • mainpost@wegner.email
    Charmante Idee!
    Ich pack jetzt trotzdem wieder meine Unke aus, weil bei jeder Aktion auf der Autobahn, bei der eine Drehleiter, eine Unfallstellenausleuchtung, ein Autokran, etc. benötigt wird, die Überlandleitung aus Sicherheitsgründen außer Betrieb genommen werden muss; Stichwort Lichtbogen. Die Entstehung eines Lichtbogens könnte übrigens bei einem Brand unter der Überlandleitung auch schon zum Problem werden.
    Und wenn ich da so weiterdenke, könnte es auch gefährlich sein für Halbleiter, wenn die dauerhaft unter einem magnetischen Wechselfeld mit relativ geringem Abstand bewegt werden.
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  • Inschenioer
    Hätte Merkel mit der GroKo nach Fukushima 2011 nicht überhastet den Atomausstieg gewählt , dann hätten wir diese Fallbacklösung. Momentan wird Grafenreinfeld abgebaut.

    Das ist die reale deutsche Energie und Umweltpolitik…

    Irgendwie suboptimal…
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  • spenser
    Das war nicht überhastet, sondern konsequent. Tschernobyl konnte man noch auf "schlechte Ostblock-Technik" schieben. Fukushima hat aber deutlich gezeigt, dass nicht der Standort oder der Betreiber das Problem ist, sondern die Technologie.
    Atomstrom war doch nur deswegen so "billig", weil sich niemand über die Folgekosten Gedanken gemacht hat. Wenn man das gleich mit eingepreist hätte, sähe die Rechnung auch anders aus.
    Es wird Zeit für eine echte Energiewende, dann gehts sicher auch ohne Atom- und Kohlestrom.
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  • rainergaiss
    Typisch, alle wollen sie grünen und billigen Strom, aber bloß nicht vor der Haustür. Kann man nicht doch noch alternativ Grafenrheinfeld weiter nutzen?
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  • jhuller@gmx.de
    Den Kernreaktor wieder in Betrieb zu nehmen, macht sicherlich keinen Sinn. Selbst wenn man mal die Milchmädchenrechnung vom billigen Atomstrom außen vor lassen würde: das Ding ist jetzt bereits soweit "zurückgebaut" (so nennt man das heutzutage wohl, wenn man etwas abreißt), dass ein erneuter Wiederaufbau unrentabel wäre. Der ganze Aufwand für Abbau und wieder erneut Aufbau wäre vergeudet.

    Vielleicht könnte man eine andere Energieform dort nutzen. So könnte man z.B. Flüssigsalz mit regenerativen Strom aufheizen, um die Energie dann nachts wieder zu entnehmen und über Dampf Strom zu erzeugen. Dazu könnte man die vorhandene Infrastruktur und das Generatorenhaus weiter nutzen. Das ist bewährte Technik, die in Solarwärmekraftwerken, z.B. in Spanien "Gemasolar Thermosolar Plant" oder Chile "Cerro Dominador", schon kommerziell im Einsatz ist. Die können zwischen 15 bis 17 Stunden von der gespeicherten Wärme Strom erzeugen.

    Platz wäre auf dem Gelände in Grafenrheinfeld genug.
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  • al-holler@t-online.de
    genau, wie bei den Mobilfunkmasten: Schon die Kleinsten müssen ein handy haben aber gegen die _Masten anplärren
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  • rasputin32
    Zu dieser Erkenntnis kommt man erst, wenn die Kühltürme gesprengt sind.
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  • spenser
    Und damit dann die Verantwortung für den Müll auf die nächsten 100 Generation verlasten, wenn jetzt weltweit noch niemand weiß, was man mit dem Müll von heute überhaupt anfangen soll?
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