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SCHWEINFURT
Streit um Landesgartenschau geht weiter
Fingerzeig in die Zukunft: Der Schweinfurter Baureferent Ralf Brettin inmitten der Baustelle in den Ledward-Kasernen. Bei den Bäumen entsteht die Carus-Allee, dahinter ist das Gelände für die Landesgartenschau geplant.
Foto: Oliver Schikora | Fingerzeig in die Zukunft: Der Schweinfurter Baureferent Ralf Brettin inmitten der Baustelle in den Ledward-Kasernen. Bei den Bäumen entsteht die Carus-Allee, dahinter ist das Gelände für die Landesgartenschau geplant.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 16.12.2021 11:40 Uhr

Im Sommer war die Laune von Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé bestens. Gutes Wetter, gute Nachrichten, als er Anfang August ins Büro kam und den Brief des bayerischen Umweltministers Marcel Huber auf dem Schreibtisch fand. Huber teilte in warmen Worten mit, wie sehr er sich freue, dass Schweinfurt unter sechs Bewerbern ausgesucht wurde, die bayerische Landesgartenschau 2026 auszurichten.

Der Grund für Hubers Lob: Das LGS-Konzept der Stadtverwaltung, das maßgeblich Baureferent Ralf Brettin entwickelt hat. Landesgartenschauen sind seit Jahren vor allem ein Mittel zur Stadtentwicklung und weniger eine ausufernde Blumenschau. Deswegen stieß die Idee, einen Teil des Konversionsgelände in den früheren Ledward-Kasernen an der Niederwerrner Straße im Anschluss an das Willy-Sachs-Stadion für eine Landesgartenschau zu nutzen und dort dauerhaft einen Naherholungs-Park zu schaffen, auf Wohlwollen bei der Landesgartenschau-Gesellschaft. Es ist Stadtentwicklung par excellence, zumal noch ein weiteres Gelände im so genannten Kessler Field ein paar hundert Meter weiter dazu gehört. Insgesamt geht es um 18 Hektar.

So weit, so befriedigend im Sommer. Im Herbst jedoch dürfte OB Remelés Laune im Gleichklang mit den Temperaturen in den Keller gefallen sein: Jetzt gibt es nämlich einen Bürgerentscheid und Streit im Stadtrat.

Bürgerentscheid im Januar

Am 20. Januar werden die Schweinfurter zu den Wahlkabinen gerufen. Sie sollen entscheiden, ob auf dem für die Landesgartenschau vorgesehenen Gelände in den Ledward-Kasernen nicht besser ein gut zehn Hektar großer Stadtwald angepflanzt werden soll. Diese Idee hatte Stadträtin Ulrike Schneider (Schweinfurter Liste/Freie Wähler) erst wenige Wochen vor den entscheidenden Sitzungen im Juni und Juli aufgebracht. Schneider war auf politischer Ebene mit ihrem Vorschlag gescheitert und hatte sich danach gemeinsam mit Annelie Maidhoff entschlossen, als Privatpersonen ein Bürgerbegehren zu starten.

Das stieß wider Erwarten auf Resonanz. Eine gewisse Skepsis der Schweinfurter gegenüber den hiesigen Landesgartenschau-Plänen und aufgrund der Erfahrungen mit der kritisch beurteilten Landesgartenschau in Würzburg ist vorhanden. 2705 gültige Stimmen für das Bürgerbegehren hatte man nach gut acht Wochen gesammelt und wird nun während der Vorweihnachtszeit für die eigenen Positionen trommeln. Im Stadtrat entbrannte kürzlich ein Streit über die Fragestellung des Bürgerentscheids. Kritiker nannten sie „dilettantisch“, da sie zu ungenau sei und man nicht wisse, wie groß und wo genau der Stadtwald sein solle.

Ökologie versus Stadtentwicklung

Landesgartenschau 2026 oder Stadtwald? Bei einem Bürgerentscheid am 20. Januar entscheiden die Schweinfurter, was mit dem im Moment noch umzäunten Gelände der ehemals von den Amerikanern genutzten Ledward-Kasernen geschehen soll.
Foto: Oliver Schikora | Landesgartenschau 2026 oder Stadtwald? Bei einem Bürgerentscheid am 20. Januar entscheiden die Schweinfurter, was mit dem im Moment noch umzäunten Gelände der ehemals von den Amerikanern genutzten Ledward-Kasernen ...

Schneider und Maidhoff argumentieren, ein Stadtwald an Stelle der Landesgartenschau in den Ledward-Kasernen auf gut zehn Hektar wäre deutlich billiger – nach Abzug der Förderung 100 000 Euro – und ökologisch für das Stadtklima viel besser. Außerdem halten sie die von der Stadt angestrebte Besucherzahl von 750 000 für viel zu hoch gegriffen und befürchten ein Millionen-Defizit.

Die Stadtverwaltung hat vielfältige Argumente pro Landesgartenschau, die über den griffigen Slogan „Blumen statt Panzer“ hinausgehen. Nachdem die us-amerikanischen Truppen im September 2014 aus Schweinfurt abzogen, hat die Stadt 80 Hektar Fläche bekommen, die es neu zu planen gilt. Der Großteil in den ehemaligen Wohngebieten ist für dringend benötigten Wohnraum reserviert, in den Ledward-Kasernen aber gibt es drei parallele Entwicklungen: Im süd-westlichen Teil ist im Moment das unterfränkische Ankerzentrum für Flüchtlinge, im nord-westlichen Teil ist die Landesgartenschau geplant, dazwischen verbindet die so genannte Carus-Allee das Areal mit dem i-Campus der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt, der im Entstehen ist. Anfang der 2020er Jahre wird das Gelände seine Gestalt schon fundamental geändert haben.

Teil des Stadtentwicklungskonzepts

Den Planungen zu Grunde liegt ein vor Jahren einstimmig vom Stadtrat beschlossenes Stadtentwicklungskonzept, in dem ohnehin ein Park vorgesehen ist. Die Verwaltung sieht die Chance, durch die Landesgartenschau und die Fördermittel von fünf Millionen Euro deutlich höherwertige Daueranlagen zu bauen. Beim Durchführungshaushalt ist die Stadt zuversichtlich, die geschätzten Kosten von 12,35 Millionen Euro mit Eintrittsgeldern, Verkaufserlösen, Pachten, Provisionen und Sponsoring komplett zu refinanzieren.

Neben dem Umbau der Konversionsflächen zu einer Landesgartenschau will die Stadt gleichzeitig auch ein grünes Band bis zur Innenstadt und zum Main mit so genannten Korrespondenzprojekten entwickeln. Diese Kosten sind aber nicht im LGS-Haushalt enthalten.

Im Moment ruhen die Planungen zur Landesgartenschau, insbesondere die Gründung der notwendigen Gesellschaft. Alle warten jetzt auf den 20. Januar.

 
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    Die nicht so guten Erfahrungen der LGS Würzburg 2018 als Argument gegen die LGS 2026 in Schweinfurt anzuführen ist ein wenig zu populistisch. Der vorgelegte Plan von Ralf Brettin befriedigt die Bedürfnisse in der Stadtentwicklung für neuen Wohnraum, Erholung, Wissenschaft und Wirtschaft durchaus ausgeglichen. Es ist zu hoffen, dass die Bürgerschaft sich gegen die einseitige Argumentation der Initiative Stadtwald um Ulrike Schneider als Ersatz für eine angeblich jetzt schon ungeliebte Schweinfurter LGS ausspricht. Wichtig erscheint jetzt schon, dass man die Bevölkerung aus der gesamten Region Mainfranken über das Projekt LGS & Stadtentwicklung Schweinfurt auf de Laufenden hält und zum Besuch motiviert. Denn sie ist das Stammpublikum, welches jede LGS als Basis benötigt, um durch gute Mund-zu-Mund-Propaganda über die Region hinaus weitere Besucher anzulocken. Hierbei wird der ÖPNV zwischen den Regionen Frankens für die Erreichbarkeit der LGS Schweinfurt eine entscheidende Rolle spielen.
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