Baustellen sind meist nicht unbedingt positiv belegt. Dreck, Lärm, Staub, wer baucht das schon. Dass es hämmert und wummert, kracht und staubt, lärmt und Baufahrzeuge das Stadtbild prägen, ist aber im Fall der Konversion in Schweinfurt aus Sicht der meisten Bürger kein Grund zum fränkischen Grummeln, sondern zum wohlmeinenden Lächeln. Es gibt nämlich auf einmal mehrere hundert neue Wohnungen oder Baugrundstücke im Stadtgebiet, von denen man vor Jahren nicht mal zu träumen wagte.
Spötter sagen gerne, das rote SPD-geführte Schweinfurt sei bei der Gebietsreform in den 1970er-Jahren absichtlich nicht mit neuen Flächen bedacht worden, die schwarzen CSU-geführten Stadtrandgemeinden wie Dittelbrunn, Niederwerrn, Bergrheinfeld oder Grafenrheinfeld aber umso mehr. Fakt ist jedenfalls, dass es mittlerweile flächenmäßig durchaus schwierig geworden ist, in der Stadt Bauwilligen auch Grundstücke zur Verfügung zu stellen. Umso mehr passt der Begriff „historische Chance“, von der Oberbürgermeister Sebastian Remelé in Bezug auf die Konversion der ehemaligen amerikanischen, militärisch genutzten Liegenschaften in nun zivile Nutzung spricht.
Ein Fachmann in Sachen Konversion
Baureferent Ralf Brettin ist sichtlich stolz auf das bisher Erreichte. „Turbokonversion“, den Begriff hat sein Chef Sebastian Remelé ebenfalls geprägt, und er stimmt – erst im September 2014 übergaben die Amerikaner die Liegenschaften, seitdem hat sich unglaublich viel getan. Brettin ist übrigens ein echter Fachmann in Sachen Konversion: An allen seinen bisherigen Stationen hatte er damit zu tun. In Feuchtwangen war es eine ehemalige Bundeswehr-Kaserne, in Nördlingen eine Bahnbrache, in Überlingen eine Industriebrache, auf der 2020 die Landesgartenschau stattfindet. So groß wie in Schweinfurt waren die Flächen aber nie.
Der Rundgang über die Baustellen beginnt in den Ledward-Kasernen. Man braucht Fantasie, um sich vorstellen zu können, dass hier in wenigen Jahren im Wortsinne blühende Landschaften sein sollen, wo nun Erde und Sand ist. Die Entsiegelung der 26 Hektar großen Kaserne und der Abriss zahlreicher Mannschaftsgebäude und Hallen war eines der vorrangigen Ziele und natürlich auch Voraussetzung für die rege Bautätigkeit, die nun zu erleben ist. Im Osten wachsen die ersten Gebäude für den neuen i-Campus der Fachhochschule kräftig in die Höhe, der Freistaat kaufte für alle FH-Gebäude achteinhalb Hektar Fläche. Im nördlichen Teil entlang der Franz-Schubert-Straße soll sich nach Fertigstellung des i-Campus eine i-Factory (auf 23 000 Quadratmetern) im Zusammenspiel mit der Industrie anschließen.
Dahinter entsteht die Carus-Allee, sie teilt das Gelände auf 30 Meter Breite und über 600 Metern Länge – ein ganz besonderer Park, „ein Erlebnisraum quasi überdacht mit Bäumen“, so Brettin, eine Oase für die vielen neuen FH-Studenten, aber auch die Bürger am Schelmsrasen und im Musikerviertel. Und ein Projekt von nationaler Bedeutung, mit vier Millionen Euro gefördert vom Programm „Nationale Projekte des Städtebaus“ durch das Bundesinnenministerium. Kaum beachtet bisher übrigens die Verbindung der Carus-Allee zum baumumsäumten Theodor-Fischer-Platz im Osten, die diese an das bestehende Baugebiet integriert.
Ankerzentrum nur bis Sommer 2019
Die Baustellen rund um die Konversions-Areale hat Ralf Brettin alle im Kopf, kennt jedes Gebäude. Der Ehrenhof an der Niederwerrner Straße wird mitsamt den prägnanten Toren erhalten, die Nutzung der Gebäude ist aber bis auf eines, das das Studentenwerk mit 140 Appartements umbaut, noch offen.
Bis Sommer 2019 ist das Ankerzentrum für Flüchtlinge, vormals Erstaufnahmeeinrichtung, noch in den Ledward-Kasernen, danach in den Conn-Barracks. Was dann mit den Gebäuden geschieht, ist noch offen, doch die Verwaltung „ist ganz entspannt“, so Brettin, denn eine Nutzung entweder für studentisches Wohnen oder Büroräume sei denkbar. Außerdem ist angedacht, im Westen der Ledward-Kasernen eine neue Stadthalle zu bauen, was im Stadtrat aber noch nicht entschieden ist.
Ein Herzensprojekt ist für Ralf Brettin die Landesgartenschau 2026, für die er als Baureferent im Stadtrat intensiv warb und sie als große Chance zur Entwicklung des gesamten Kasernen-Areals sieht. Bis auf eine Panzerhalle, die zur Blumen- und Gastronomiehalle werden soll, werden die anderen noch bestehenden Hallen abgerissen, auch das frühere PX-Gebäude. Zwischen Carus-Allee und Kleingartenanlage Alte Warte soll der Park der Landesgartenschau entstehen – „kurze Wege, viele alte Bäume, wir wollen einen guten Mix aus Daueranlagen, Blumenbeeten und altem Bestand“, so Brettin.
Spätestens beim Thema Landesgartenschau, für die der bayerische Umweltminister Marcel Huber im Juli den Zuschlag erteilte und gegen die im Moment ein Bürgerbegehren Unterschriften sammelt, sieht man, dass in Sachen Konversion in Schweinfurt alles mit allem zusammen hängt. Das Landesgartenschau-Gelände erstreckt sich nämlich auch über Teile des Kesslerfields. In diesem Zusammenhang plant die Stadt die Neuordnung der Willi-Kaidel-Straße, Gespräche werden im Moment mit den Baseballern der DJK und dem Reitverein über eine Verlegung ihrer Hallen bzw. Spielfelder geführt.
In der Bellevue brummt es regelrecht
Der Bereich, wo sich im Moment am meisten tut, ist Askren Manor am Kennedy-Ring, jetzt auch offiziell zum neuen Stadtteil Bellevue umbenannt. „Jeden Tag ist es wieder etwas anders“, sagt Ralf Brettin grinsend, während er mit dem städtischen Hybrid-Auto wieder mal an einer Straße umdrehen muss, wo er einen Tag vorher noch fahren konnte, weil die Erschließungsarbeiten nun dort angekommen sind. Es wird kräftig abgerissen, saniert, umgebaut, neu gebaut, riesige Haufen von bereits zermahlenen Steinen der abgerissenen Wohnblocks zeigen, dass sich jede Menge tut.
28 der 34 Wohnblocks werden oder wurden abgerissen, nun entstehen Flächen für Einfamilienhäuser, neue Geschosswohnungen, Eigentumswohnungen, etc. Die Planungen für den Neubau der Körnerschule im Norden von Askren Manor laufen auch, danach soll dort auch noch ein neuer Supermarkt gebaut werden. Bereits eingezogen sind die meisten der 26 neuen Besitzer der ehemaligen Offiziers-Häuser in der Margarethe-Geiger-Straße. Dass sich hier im Frühjahr die Anwohner gegen Auflagen des Bebauungsplanes wehrten, ist heute kein Thema mehr: „Wir sind als Verwaltung auf die Besitzer zugegangen und werden gemeinsam Lösungen entwickeln, wie man hinter den Carports noch Abstellflächen schaffen kann“, so Brettin. Rund um den Amerika-Platz, an der Einfahrt vom Kennedy-Ring kommend, gibt es, wenn alles fertig ist, einen größeren Park für die gut 1500 neuen Bewohner des Stadtteils.
Die Konversion in Schweinfurt
Am 2. Februar 2012 gab die us-amerikanische Armee bekannt, dass sie sich aus dem Standort Schweinfurt zurückzieht. Im September 2014 war die offizielle Übergabe der Ledward-Kasernen an den Bund. Seither laufen die Planungen für die Konversion der einstmals militärisch genutzten Flächen nicht nur auf Hochtouren, sondern sind größtenteils in der Umsetzung.
In Yorktown und Kesslerfield wohnen schon wieder Menschen, in Askren Manor auch schon in den ehemaligen Offiziershäusern, außerdem wird dort rege gebaut, vor allem Geschosswohnungen. Bundesweit für Aufsehen sorgte die Verlosung der Häuser in Yorktown 2016, da die Nachfrage so groß war. Die International School Mainfranken übernahm die ehemalige High School, die frühere Elementary und Middle School wird abgerissen, an ihrer Stelle kommt der Neubau für die Körnerschule.
Seit 1. Juli 2015 wurden mehrerer Gebäude der Ledward-Kasernen an der Niederwerrner Straße für die Erstaufnahmeeinrichtungen (EA) für Flüchtlinge genutzt, die nun das unterfränkische Ankerzentrum ist. Nächsten Sommer wird dieses nach Geldersheim in die ehemaligen Conn-Carracks verlegt.
Auf dem Ledward-Gelände baut die FH im Moment ihren i-Campus, wird die Carus-Allee angelegt und kommt im nördlichen Bereich bis zur Kleingartenanlage Alte Warte die Landesgartenschau 2026, für die der bayerische Umweltminister Marcel Huber im Juli den Zuschlag erteilte.