
Als in der Stadtratssitzung am 31. Mai Finanzreferentin Anna Barbara Keck darüber informierte, wie die Baukosten für die vielfältigen Projekte der Stadt im Moment wegen der Inflation, des Ukraine-Kriegs und der Nachwehen der Corona-Pandemie explodieren, war im Grunde klar, was passieren würde: eine intensive Diskussion darüber, welche Projekte durchgeführt, verschoben oder gar gestrichen werden sollten.
Und klar war auch: Die Landesgartenschau 2026 auf zehn Hektar im Nord-Westen der Ledward-Kaserne ist das Projekt, um das es am meisten Streit geben würde. Während Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) vorschlug, dem Stadtrat bei den Haushaltsberatungen im November Vorschläge auf Basis aktualisierter Kostenberechnungen zu machen, wie man mit welchen Projekten umgehen soll, ist bei der Landesgartenschau eine neue Dynamik entstanden.
Der Grund ist eine den Stadträten zwar bekannte, aber von der Verwaltung auch nicht offensiv kommunizierte Frist: der 30. Juni 2022. Das ist das Datum, zu dem eine Kündigung des Vertrages zwischen der Stadt und der Bayerischen Landesgartenschau GmbH eingehen muss, will man zum erstmöglichen Termin am 31. Dezember 2022 aus der Planung aussteigen. Das würde eine Ausgleichszahlung im niedrigen sechsstelligen Bereich nach sich ziehen. Auch später kann die Stadt noch Abstand nehmen von der Landesgartenschau, aber zu deutlich höheren Kosten.
Ausstiegsklauseln für Landesgartenschauen gab es bisher nicht
Die Ausstiegsklausel ist im übrigen für bayerische Landesgartenschauen bisher einmalig und der Finanzreferentin zu verdanken, die aufgrund des massiven Gewerbesteuereinbruchs der Stadt aufgrund der Corona-Pandemie im Jahr 2020 bei den Vertragsverhandlungen darauf drang, dass die Stadt aufgrund der finanziellen Unsicherheiten für den Haushalt Optionen hat, auszusteigen.

Den Ausstieg aus der Durchführung der Landesgartenschau aufgrund des Millionen-Risikos, nicht aber aus den Planungen für einen Bürgerpark und das so genannte grüne Band mit Entsiegelung und Begrünung von Schelmsrasen und Spitalseeplatz sowie Aufwertung der Gutermann-Promenade, fordern nun in Eilanträgen für die Stadtratssitzung am 28. Juni die SPD, die Freien Wähler, die Linken, die FDP sowie Zukunft./ödp.
Im Hauptausschuss am Dienstag, 21. Juni, wurde die Landesgartenschau nicht thematisiert, die Diskussion soll erst in der Stadtratssitzung geführt werden – mutmaßlich wird es hitzig, zumindest aber in Sachen Abstimmung durchaus eng. Ob die Bauverwaltung die vom Planungsbüro erstellte aktualisierte Kostenberechnung schon am 28. Juni präsentiert oder erst wie vom Baureferent Ralf Brettin angekündigt in den Juli-Sitzungen, ist noch offen.
Den Befürwortern einer Absage der Landesgartenschau fehlen drei Stimmen
Nimmt man die AfD-Fraktion mit vier Mitgliedern dazu, die sich schon vor einiger Zeit explizit aus Kostengründen gegen die Landesgartenschau gestellt hat, kommt das Lager der Landesgartenschau-Gegner derzeit auf mindestens 20 Stimmen. Die Mehrheit im 44 Mitglieder umfassenden Gremium plus Oberbürgermeister liegt bei 23.
Was sagen die anderen Parteien? Die Wählergruppe proschweinfurt positionierte sich schon seit langem für die Durchführung der Landesgartenschau wie die schwarz-grüne Koalition. Am 20. Juni trafen sich sowohl der so genannte Koalitionsausschuss, um über die Anträge gegen die Durchführung der Landesgartenschau zu sprechen, als auch die Oppositionsparteien zur Abstimmung vor der Stadtratssitzung.
CSU-Fraktionsvorsitzender Stefan Funk erklärte auf Nachfrage, er sei nach wie vor für die Landesgartenschau in Verbindung mit dem grünen Band. Es werde eine offene Diskussion innerhalb der CSU-Fraktion geben, wie man sich positioniere.
Klar ist aus Sicht von Funk aber, dass es spätestens im Herbst zu den Haushaltsberatungen für alle Projekte genaue, aktuelle Zahlen brauche, um dann eine Priorisierung vorzunehmen. Er sieht die Generalsanierung des Theaters sowie den Neubau der Körnerschule in Bellevue als gesetzt an, vor allem weil diese Projekte kurz vor Baubeginn stehen. Ebenso wichtig neben der Landesgartenschau und dem grünen Band seien der Abriss und Neubau der Maxbrücke.
Die CSU-Fraktion kann sich eine weitere Verschiebung des Kulturforums vorstellen
Explizit nicht auf der Prioritätenliste der Großprojekte ganz oben steht für Funk das Kulturforum am Martin-Luther-Platz, dessen Eröffnung derzeit für 2025 geplant ist. Hier ist der Planungsstand aber bei weitem noch nicht so weit fortgeschritten wie beim Theater oder der Schule.

Grünen-Fraktionssprecher Holger Laschka hält weiter an der Durchführung der Landesgartenschau mit grünem Band fest. Hauptgrund: der Koalitionsvertrag mit der CSU aus dem Frühjahr 2020 nach der Kommunalwahl. "Da steht die Landesgartenschau drinnen und wir halten uns an den Koalitionsvertrag", betont Laschka.
Er hält die Landesgartenschau insbesondere wegen des geplanten grünen Bandes von der Kaserne bis zum Main für zukunftsweisend und auch attraktiv genug, dass mehrere zehntausend Menschen zwischen April und Oktober 2026 nach Schweinfurt kommen. Der durch das Veranstaltungsjahr zu erzielende Marketingeffekt für die Stadt sollte aus Laschkas Sicht nicht unterschätzt werden.
Was aus Laschkas Sicht nicht passieren dürfe, sei ein gegeneinander Ausspielen verschiedener Großprojekte. Sprich: Eine Verschiebung des Kulturforums um weitere Jahre nach hinten ist durchaus denkbar, "aber auf keinen Fall das ganze Projekt streichen".