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Schweinfurt
Schlechte Stimmung im Schweinfurts Stadtrat: Warum sich die Opposition gegängelt fühlt
Die Stimmung im Stadtrat hat sich in den vergangenen zwei Jahren verschlechtert. Werden Anträge von CSU und Grünen bevorzugt behandelt?
Wie wird mit Anträgen der Opposition im Schweinfurter Stadtrat von Seiten der Verwaltung umgegangen? Aus Sicht der SPD unzureichend, was immer wieder zu Konflikten führt. Das Archivbild zeigt die Sitzung zur Landesgartenschau im Juni 2022.
Foto: Katja Beringer | Wie wird mit Anträgen der Opposition im Schweinfurter Stadtrat von Seiten der Verwaltung umgegangen? Aus Sicht der SPD unzureichend, was immer wieder zu Konflikten führt.
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 08.02.2024 14:26 Uhr

Wer regelmäßig in Schweinfurter Stadtrats- und Ausschusssitzungen als Besucher dabei ist, dürfte bemerkt haben, dass die Stimmung seit der Kommunalwahl 2020 nicht sehr gut ist. Immer wieder kommt es im Gremium zu teils deutlichen Wortgefechten und Streit zwischen Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) und seiner Verwaltung auf der einen sowie den Oppositionsparteien auf der anderen Seite. Woran liegt das?

Ein wesentlicher Faktor ist, wie der Oberbürgermeister die Arbeit des Stadtrates grundsätzlich wertet und dessen Rolle im Zusammenspiel zwischen Verwaltungshandeln und kommunalpolitischen Wünschen. Sebastian Remelé sieht sich seit Amtsantritt 2010 als "Moderator", der die Sitzungen leitet, und den Stadtrat als Teil der Verwaltung und nicht als eine Art Parlament, das die Verwaltung kontrolliert und die Richtung vorgibt. Grundsätzlich ist diese Haltung gemäß der Gemeindeordnung richtig, denn in der Tat sind kommunale Gremien nicht zu vergleichen mit dem bayerischen Landtag oder dem Bundestag.

Bei der konstituierenden Sitzung für die laufende Wahlperiode Anfang Mai 2020 hatte Remelé erklärt, wie er das Gremium sieht: "Ein kollegiales Verwaltungsorgan, geprägt von Orientierung am Gemeinwohl." Er verwies damals auf "eine neue Amtsperiode mit großen Aufgaben", weswegen er auf den "Geist der Gemeinsamkeit" hoffe.

Aus Sicht der Opposition gibt es den nicht, insbesondere seit der Gründung der schwarz-grünen Koalition im Mai 2020. SPD-Stadtrat Peter Hofmann findet gegenüber dieser Redaktion deutliche Worte: "Es stellt sich immer mehr ein, dass Teile der Verwaltung sich über Stadtratsbeschlüsse hinwegsetzen oder berechtigte Anliegen von Stadtratsmitgliedern schlichtweg übergehen."

Vom Bahnhofsvorplatz bis zur Landesgartenschau 2026 in Schweinfurt

Hofmann äußerte seine Kritik bereits mehrfach öffentlich im Stadtrat, insbesondere gegenüber Baureferent Ralf Brettin, wenn es darum ging, die in der Sondersitzung zur Innenstadt im Herbst 2021 ausgemachten Vorhaben nachzuhalten. Nun hat er mehrere Beispiele, die aus Sicht seiner Fraktion eine "Missachtung des Stadtrates" zeigen, zusammengestellt.

Der Vorplatz des Hauptbahnhofs soll sehr zum Missfallen der SPD nach dem Willen der Verwaltung erst Ende des Jahrzehntes saniert werden.
Foto: Anand Anders | Der Vorplatz des Hauptbahnhofs soll sehr zum Missfallen der SPD nach dem Willen der Verwaltung erst Ende des Jahrzehntes saniert werden.

Thema Vorplatz am Hauptbahnhof, der seit langem auf der Agenda der SPD steht und dessen Sanierung in mehreren Anträgen seit Jahren gefordert wird: Zunächst von Seiten der Bauverwaltung immer abgelehnt bzw. verschoben, bis der neue Nahverkehrsplan fertig ist, einigte man sich schließlich darauf, auch den Bahnhofsvorplatz im Rahmen der Korrespondenzprojekte für die Landesgartenschau 2026 bis dahin umzugestalten. Mittel für die Planung dafür wurden in den Haushalt 2021 eingestellt.

Gleichwohl wurde das Vorhaben aus Sicht der SPD stillschweigend auf 2030 verschoben, der Stadtrat aber nicht informiert. Als die Sozialdemokraten erneut verlangten, das Vorhaben wieder auf die Agenda zu setzen, lehnte der Stadtrat das mehrheitlich ab. Der ursprüngliche Beschluss, den Bahnhofsvorplatz zu sanieren, wurde aus Sicht von Peter Hofmann aber nicht aufgehoben.

SPD vermisst das neue Parkkonzept zur Entlastung der Anwohner am Wildpark

Ein anderes Beispiel, das die SPD stört: Ein neues Parkkonzept für den Wildpark wurde schon im November 2018 bei der Bauverwaltung durch den damaligen Stadtrat in Auftrag gegeben. Passiert ist bisher zumindest öffentlich nichts, der Ärger bei den Anwohnern der Harald-Hamberg-Straße aber nach wie vor groß, denn sie haben laut Peter Hofmann Probleme, am Wildpark einen Parkplatz zu finden.

Grundsätzlichen Ärger gibt es zwischen Opposition und Verwaltung auch in Sachen Landesgartenschau 2026. Schon vor Wochen haben Peter Hofmann und SPD-Fraktionsvorsitzender Ralf Hofmann aus Protest ihre Sitze im LGS-Aufsichtsrat niedergelegt. Sie fühlen sich in ihrer Entscheidung spätestens nach der Stadtratssitzung Ende Juni zur Landesgartenschau bestärkt.

Genaue Zahlen zur Kostenentwicklung der Landesgartenschau fehlen noch

In dieser hätten der Baureferent sowie der Geschäftsführer der Schweinfurter Landesgartenschau GmbH, Martin Richter-Liebald, trotz mehrmaliger Nachfrage keine Zahlen der neuen Kostenschätzungen genannt. Dies nicht getan zu haben, sei das Vorenthalten "elementarer Grundlagen für ein Abstimmungsverhalten", so Peter Hofmann. Man könne nicht über die weitere Durchführung der Landesgartenschau abstimmen, wenn die Zahlen nicht genannt würden, so Hofmanns Kritik. Erst im Herbst ist nun von Seiten der Verwaltung geplant, die aktualisierten Zahlen für die Gestaltung der Daueranlagen der Landesgartenschau in der Ledward Kaserne vorzustellen. 

Bezüglich der Kosten für den Bau der Daueranlagen der Landesgartenschau 2026 in der Ledward Kaserne in Schweinfurt fühlt sich die Opposition nicht ausreichend informiert.
Foto: Oliver Schikora | Bezüglich der Kosten für den Bau der Daueranlagen der Landesgartenschau 2026 in der Ledward Kaserne in Schweinfurt fühlt sich die Opposition nicht ausreichend informiert.

Neben den von SPD-Seite genannten Beispielen gibt es weitere zu Anträgen, die unter anderem die Linken, die FDP, die Freien Wähler oder Zukunft./ödp betreffen. Größter Aufreger zuletzt: Der Streit um die Bebauung des früheren SC-1900-Sportplatzes am Gottesberg, bei dem Teile der Opposition Liegenschaftsreferentin Anna Barbara Keck vorwerfen, den Stadtrat übergangen zu haben, was sie mit Verweis auf die Geschäftsordnung von sich weist.

Kann die Verwaltung alle Projekte umsetzen, die der Stadtrat beschließt?

Ein grundsätzliches Thema steckt ebenfalls dahinter, das aber nicht einfach zu lösen ist: Kann die Stadtverwaltung personell alle vom Stadtrat beschlossenen Projekte betreuen und umsetzen? In den Haushaltsberatungen im November 2021 hatten der Oberbürgermeister und die Referenten mehrfach darauf hingewiesen, dass die Grenze der Belastbarkeit erreicht sei: "Mehr geht nicht", brachte es der OB auf den Punkt. Welche vom Stadtrat an sich beschlossenen Projekte aber nun doch verschoben werden müssen, das wird von Verwaltung und OB schlecht kommuniziert.

Nimmt man die Position des OB ein, der Stadtrat sei Teil der Verwaltung, ist die Konsequenz klar: Abspecken der Forderungen, Abarbeiten des Beschlossenen, im Zweifel Priorisieren und Verschieben von Projekten. Aus Sicht einer selbstbewussten Opposition mit Gestaltungsanspruch ist das allerdings völlig unbefriedigend.

 
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  • dohahpt@t-online.de
    Regieren nach "Gutsherrenart", mehr kann OB Remele wohl nicht. Er war einfach ein Fehlgriff als Oberbürgermeister!!!!
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  • Unsere Stadt ist bei Remele und Keck in keiner guten Hand. Er ist einfach überfordert, eine Verwaltung und die unterschiedlichen politischen Strömungen zum Wohl der Stadt zu führen. Wann ändert sich das endlich? Redaktion bleibt bitte am Thema dran und berichtet weiter...
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  • reglim
    Verantwortungsbewusstes Denken und vor allem Handeln ist einigen Menschen, die sich in "Machtpositionen" befinden, leider abhanden gekommen, ganz gleich, welcher Partei sie angehören. Machterhalt statt gemeinsam etwas für die Gemeinde, die Stadt und das Land zu tun, ist das oberste Gebot.
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