Streit und Spaltung statt Einigkeit und Gemeinsinn zum Jahresschluss, nach knapp zwei Jahren zehrender Corona-Pandemie. So präsentierten sich Teile des Schweinfurter Stadtrats und die Verwaltung in der Jahresschlusssitzung, die alles andere als besinnlich war. Ein Spiegelbild des Zustands der Gesellschaft im Moment, das traurig stimmt. Und alle Beteiligten an diesem Streit dazu veranlassen sollte, ernsthaft zu überdenken, wie es weitergehen soll, im persönlichen Verhältnis.
Die Stadträtin Ulrike Schneider und ihre – in Teilen überzogene – Kritik am Verhalten der Verwaltung bezüglich der Fütterung der Stadttauben mit der Querdenker-Szene und Anti-Corona-Demonstranten zu vergleichen, ist unwürdig. Ordnungsreferent Jan von Lackum hat das zwar nicht explizit so gesagt, aber wohl gemeint. Um es klar zu sagen: Eine Entschuldigung der Verwaltung ist angebracht.
Um auch das klar zu sagen: Beide Seiten haben ihren Anteil an dieser Eskalation, denn es war die Eruption eines seit Jahren schwelenden Streits zwischen Schneider, Oberbürgermeister Sebastian Remelé und von Lackum. Er begann mit dem Bürgerbegehren pro Baumschutzverordnung, ging weiter mit Schneiders Widerstand gegen die Landesgartenschau 2026 und kocht immer wieder hoch, wenn es um Klimaschutz geht, für den Schneider vehement eintritt.
Die Bemerkung von Lackums war aus seiner Sicht nachvollziehbar und vor allem der enormen Belastung geschuldet, der sein Amt und er selbst durch die Corona-Bekämpfung ausgesetzt sind. Da kann einem schon mal die Hutschnur platzen, wenn man sich mit vermeintlichen Nebensächlichkeiten wie der Frage, ob die Tauben nun gefüttert werden müssen oder nicht, beschäftigen muss, während die Intensivstationen voll sind, die Impfkampagne organisiert werden muss und Querdenker durch die Stadt ziehen.
Aber genau wegen dieser Rahmenbedingungen war die Bemerkung unwürdig. Denn dieser Streit überschattet die Resolution, die der Stadtrat gegen die so genannten "Spaziergänge" verfasste. Sich wie die Kesselflicker zu streiten und gleichzeitig die Bürger zur Solidarität zu ermahnen, passt schlicht nicht zusammen. Gut, dass jetzt Weihnachten ist. Da könnte von Lackum in aller Ruhe zum Telefonhörer greifen oder eine Mail schreiben und sich entschuldigen. Es wäre ein erster Schritt der so dringend nötigen Versöhnung.