Was da in der Presse stand, sagt Jürgen Schenk, Betriebsratsvorsitzender bei Schaeffler in Schweinfurt, das habe den Arbeitgeber ziemlich aufgeregt: Stellenabbau bei Schaeffler. Man baue doch keine Stellen ab, habe es geheißen.
"Mal ganz ehrlich", sagt Schenk dann, auf der Bühne vor dem Rathaus stehend. "Wir sind in Schweinfurt 6000 Beschäftigte, wir haben die Standorte Elfershausen und Eltmann geschlossen", Fluktuation werde nicht nachbesetzt, befristete Leiharbeiten liefen aus. Schenk wird deutlich: "Also, sorry, aber das ist Personalabbau, das darf man auch ganz ehrlich sagen." Lauter Applaus kommt aus dem Publikum.
Vor Schenk stehen an diesem Donnerstagvormittag die Belegschaften aller großen Industriebetriebe der Region auf dem Schweinfurter Marktplatz versammelt: ZF, SKF, Schaeffler, Bosch Rexroth und Valeo. Etwa 5000 Personen sind trotz des unbeständigen Wetters zur Kundgebung gekommen – nicht nur aus Schweinfurt, sondern auch aus Würzburg, Bamberg, Bad Neustadt, Lohr und sogar Homburg/Saar.
Sie alle wollen ein Zeichen setzen. Mit schrillen Pfeifen und einem Meer aus roten Flaggen gegen den in vielen Teilen bereits begonnenen Stellenabbau innerhalb ihrer Betriebe und für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze und den ihrer Kinder demonstrieren. "Wir sind hier und wir sind laut, weil ihr uns die Zukunft klaut", skandiert eine Stimme über die Lautsprecheranlage.
Am Morgen trafen sich zahlreiche Beschäftigte aus den unterschiedlichen Standorten an der Hahnenhügelbrücke, um gemeinsam in Richtung Marktplatz zu laufen. Auf dem Weg stießen weitere Gruppen dazu. Verkehrsprobleme gab es keine.
IG Metall fürchtet Abbau tausender Arbeitsplätze in Schweinfurt
Seit Wochen warnt die IG Metall vor dem Verlust tausender Arbeitsplätze in der Schweinfurter Industrie und der Verlagerung örtlicher Produktionsstätten ins Ausland. Immer mehr Betriebe kündigten zuletzt an, Stellen nicht mehr nachbesetzen zu wollen. Bei SKF verschwinden bis Ende 2025 insgesamt 900, bei Bosch Rexroth bis 2028 rund 240 Arbeitsplätze. In Bad Neustadt will der Automobil-Zulieferer Valeo seine Fertigung für Elektromotoren nach Polen verlagern – 310 Menschen kostet das ihren Job.
Bei ZF fürchten Gewerkschaft und Betriebsrat ebenfalls ein mögliches Ende der Fertigung für Elektromobilität in Schweinfurt. Schaeffler hat jüngst ein Programm aufgesetzt, bei dem 50 Personen freiwillig aus der Produktion ausscheiden sollen. Zudem wurde für rund 700 Mitarbeitende bis Jahresende eine Absenkung der Arbeitszeit auf 32 Stunden pro Woche vereinbart.
Zurück auf die Bühne. Neben Schenk stehen die Betriebsratsvorsitzenden von SKF, Bosch Rexroth und ZF. Der Stellenabbau brennt ihnen auf der Seele. Oliver Moll von ZF Schweinfurt betont die Bedeutung der Entwicklung neuer Produkte am Standort. Ansonsten sei es "ein Stellenabbau durch die kalte Küche". Auch wenn es "sozialverträglich und schleichend" sei, sei es "ein Abbau, ein Verlust von Arbeitsplätzen, ein Verlust von Perspektiven für Menschen", sagt Jürgen Schenk von Schaeffler zu den Plänen. Reiner Gehring, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt, stellt daraufhin fest: "Stellenabbau ist nie sozialverträglich." Erneut Applaus.
Wie wichtig die Industrie für Schweinfurt ist, macht Thomas Höhn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Schweinfurt, anhand von Zahlen deutlich: "27.000 Menschen im produzierenden Gewerbe in einer Stadt mit 54.000 Menschen, 40.000 Einpendler, das fünftgrößte Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Deutschland [...]. Das Herz dieser Stadt ist Industriearbeit", sagt er. Die Region Schweinfurt fungiere wie ein Brennglas für das, was sich derzeit in der Industrie deutschlandweit abspiele.
"Wir verlangen ein Verlagerungsmoratorium [...], bis wir die größten Krisen dieser Welt in den Griff bekommen haben." Zudem erwarte er von jedem Konzern eine konkrete Zukunftsvision ihres Standorts hier sowie die Einrichtung eines Vergabeausschusses auf Ebene der Aufsichtsräte und Gesamtbetriebsräte. Darin sollen, so Höhn, Unternehmen begründen, warum ein Produkt im Ausland angesiedelt werden solle und welche Alternativen zu einer Auslagerung bestünden.
Er wünsche sich außerdem "weniger Opposition, weniger Streit in der Ampel", vielmehr "ein offensives Land". Für die Bundespolitik hat er deutliche Worte und die Aufforderung, gemeinsame Lösungen zu finden: "Reißt euch endlich zusammen."
Höhn richtet sich bei seiner Rede auch direkt an Vertreterinnen und Vertreter der Lokalpolitik, die sich vor der Bühne versammelt haben. "Wir sind uns bewusst, diesen Job anzunehmen, ist keine leichte Aufgabe. Ich weiß, dass es viel auf die Fresse gibt", sagt er. "Trotzdem sind wir hier, um euch konkrete Dinge mitzugeben."
Er glaube, sagt Höhn weiter, dass er und Oberbürgermeister Sebastian Remelé "gemeinsam das Ziel haben, an der Zukunftsfähigkeit des Standortes zu arbeiten". Und auch, wenn die Entscheidungen der Konzerne nicht in Schweinfurt getroffen würden, müsse man gemeinsam "alles in die Waagschale schmeißen, damit Schweinfurt attraktiv bleibt", sagt der IG-Metall-Bevollmächtigte.
Die Großindustrie und Schweinfurt bildeten eine Schicksalsgemeinschaft, sagt Oberbürgermeister Remelé dann selbst auf der Bühne. "Diese Symbiose ist in Gefahr." Von den Unternehmensleitungen fordert der CSU-Politiker "mehr Lokalpatriotismus und ein klares Bekenntnis zur Region". Für Manager in Schweinfurt darf es keine "Durchgangsstation für die Karriere sein", sondern man müsse "Herzblut für den Standort vergießen".
Buh-Rufe gibt es für Remelés Aussage, Deutschland stehe mit 1342 Arbeitsstunden pro Jahr im europäischen Vergleich ganz hinten. Er fordert: "Wir müssen zurück zu Fleiß und Freude an der Leistung." Sätze wie "Wie viel sollen wir denn noch arbeiten" sind daraufhin aus dem Publikum zu vernehmen.
Nachwuchskräfte sorgen sich vor ihrer Zukunft
Ebenfalls zur Kundgebung erschienen ist Justin Rieck. Der 21-Jährige wurde kürzlich als Jungingenieur in der Robotik im Bereich E-Mobilität bei ZF übernommen. Einer Zukunftsbranche, in der die Aussichten kaum besser sein sollten – könnte man zumindest meinen. Doch wie viele Menschen aus seiner Generation sorge auch er sich um seine berufliche Perspektive in Schweinfurt, sagt Rieck, der gleichzeitig auch Jugendvertreter bei der IG Metall in Schweinfurt ist.
"Mein großer Bruder hat hier eine Ausbildung gemacht, mein Vater, mein Opa. Mein kleiner Bruder und ich wollen auch hier her." Auch wenn ihm die heutige Kundgebung die Angst vor der Zukunft nicht nehmen kann – sein Resümee fällt trotzdem positiv aus. "Ich denke, dass in den Betrieben und der Politik angekommen ist, dass wir Azubis und Nachwuchskräfte nicht hinten runterfallen lassen dürfen."
Ähnlich sieht das auch Sandy Pfeufer. Die 34-Jährige arbeitet als Disponentin in der Produktion bei ZF in Schweinfurt. "Ich möchte meinen Arbeitsplatz behalten und gerne meine Rente hier noch erleben", bekräftigt sie. Auch ihr bereiten die derzeitigen Entwicklungen in vielen Betrieben Sorge. "Die Unsicherheit ist da – gerade, wenn man in die Familienplanung gehen möchte, ist es schwierig, wenn man merkt, dass immer mehr ins Ausland verlagert wird", sagt Pfeufer.
Richtung Unternehmen und Politik, findet die 34-Jährige klare Worte. "Ich hoffe, dass alle mitmachen und an einem Strang ziehen, um die Industrie in der Stadt Schweinfurt dazubehalten." Den Reden müssten nun Taten folgen, so Pfeufer.
Und die nächste Bundestagswahl wird's auch nicht mehr richten können denn bis dahin hat die jetzige Ampelregierung zuviel kaputt gemacht und die Arbeitsplätze die jetzt weg sind kommen niemals wieder zurück.
Man fordert,
Mann will...
Er wünscht...
Er wünsche sich außerdem "weniger Opposition, weniger Streit in der Ampel", vielmehr "ein offensives Land".
Weniger Opposition? Wie bitte?
Es braucht eine andere Regierung, die eine 180 Grad Wende in der Wirtschaftspolitik hinlegt!
Diese Regierung kann es nicht! Kann nichts außer Wohltaten für Minderheiten verteilen.
Nochmal, wo ist der Beitrag der Gewerkschaft?
Wo der Beitrag der Arbeiter die es betrifft?
Der OB hat vollkommen recht! Die Arbeitszeit und die Wohlfühlprogramme ruinieren den Standort!
Unverständlich warum auch die Presse Kritik oder Gegenreden abspeist. Oder will man das bewusst ausblenden?
Mich würde vorallem mal interessieren wie der Einwohner auf der" Insel der Glückseeligen "konsumiert.
Kauft er die Brötchen beim Discounter weil sie dort 2 Cent billiger sind, oder bei einem kleinen Bäcker um die Ecke?
Kauft er seine Klamotten aus Bangladesch, oder von einer Firma die vernünftige Löhne bezahlt?
Kauft er bei Amazon ein und unterstützt dadurch die moderne Sklavenhalterei?
Fragen über Fragen!
Aber der hiesige Arbeiter hat ein Anspruch auf Motorrad, Skiurlaub, Mallorca, Auto etc,etc...
Solidarity forever