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Schweinfurt
Windkraft in der Krise: SKF hält an Ziel fest und baut 400 Stellen bis Ende 2025 in Schweinfurt ab
Die Windkraft-Branche ist festgefahren. Trotz sozialgerechtem Abbau blicken Teile der Belegschaft mit Sorge auf den Trend im Unternehmen und in der Industrie.
Der Ausbau der Windkraft stagniert. Beim Wälzlagerhersteller SKF, der in Schweinfurt Großlager für Windkraftanlagen produziert, spürt man das besonders.
Foto: Anand Anders | Der Ausbau der Windkraft stagniert. Beim Wälzlagerhersteller SKF, der in Schweinfurt Großlager für Windkraftanlagen produziert, spürt man das besonders.
Marcel Dinkel
 |  aktualisiert: 18.03.2024 02:42 Uhr

Die Meldungen über den geplanten Stellenabbau innerhalb mehrerer Unternehmen der Schweinfurter Großindustrie haben in den vergangenen Tagen für Aufsehen gesorgt. Nach SKF und ZF hatte der Automatisierungstechniker Bosch Rexroth zuletzt angekündigt, bis Ende 2028 bis zu 240 Stellen an den Standorten Schweinfurt und Volkach sozialgerecht abbauen zu wollen.

Auch die Gewerkschaft IG Metall hat in mehreren Mitteilungen ihre Sorge über die Zukunft des Industriestandorts Schweinfurt ausgedrückt. Demnach drohen langfristig Tausende Arbeitsplätze in Schweinfurt unwiederbringlich zu verschwinden. Ein Unternehmen, das bereits seit längerem inmitten der Transformation steckt, ist der schwedische Wälzlagerhersteller SKF.

In den vergangenen 18 Monaten hat das Unternehmen nach eigenen Angaben in "enger Abstimmung mit dem Betriebsrat" rund 500 Arbeitsplätze sozialverträglich abgebaut. Ausschlaggebend sind dafür gleich mehrere Gründe. Zum einen, so Unternehmenssprecher Holger Laschka, kämpfe SKF mit der anhaltend niedrigen Nachfrage im Bereich Windkraft und der damit verbundenen niedrigen Auslastung in der Komponentenfertigung. Zum anderen spiele die Verlagerung von Teilen der Produktion ins Ausland im Zuge der Unternehmensstrategie eine Rolle.

400 Stellen sollen bei SKF bis Ende 2025 abgebaut werden

Diese sieht vor, Produkte, die beispielsweise in Asien oder Amerika benötigt werden, nach Möglichkeit auch dort vor Ort vom Konzern zu produzieren. Im Rahmen dieser Regionalisierungsstrategie wurde ein spezielles Programm für Beschäftigte aus der Produktion aufgelegt, um diesen einen früheren Wechsel in den Ruhestand zu ermöglichen. "Dieses Programm wurde von rund 300 Beschäftigten in Anspruch genommen", erklärt Laschka weiter.

In mehreren Pressemitteilungen der IG Metall hatte die Gewerkschaft die Lage bei SKF als kritisch bewertet. Aufgrund der wirtschaftlichen Lage fürchte man zusätzlich zum bereits erfolgten Stellenabbau bis Ende 2025 um den Verlust weiterer 400 Stellen am Standort Schweinfurt. Auf Nachfrage der Redaktion hat das Unternehmen diese Zahl bestätigt.

"Wir sehen bei SKF in Schweinfurt auch in diesem und im kommenden Jahr perspektivisch einen Personalüberhang von jeweils rund 200 Beschäftigten", erklärt Unternehmenssprecher Holger Laschka. Ältere Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern sollen daher weiterhin Angebote zum frühzeitigen und sozialverträglichen Wechsel in den Ruhestand erhalten. Hierzu befinde man sich derzeit noch in Abstimmung mit dem Betriebsrat, so Laschka.

Transformation trifft SKF in Schweinfurt hart

Derweil sind auch andere SKF-Standorte in Deutschland mit denselben Herausforderungen konfrontiert. Die Rationalisierung von SKF greife weltweit, erklärt Laschka. Die Dimension davon hänge jedoch auch vom jeweiligen Standort, den dort gefertigten Produkten und den belieferten Märkten ab.

Und deshalb trifft die Umstrukturierung den Standort in Schweinfurt besonders hart. "Schweinfurt als nach wie vor weltweit größter Produktionsstandort ist auch aufgrund seiner traditionellen Exportstärke stärker betroffen als andere", sagt Laschka. Ziel sei es, künftig die regionalen Märkte in Europa, dem Mittleren Osten und Afrika auch aus Schweinfurt mit wettbewerbsfähigen Produkten zu versorgen.

Einen weiteren Stellenabbau über 2025 hinaus bestätigt das Unternehmen auf Nachfrage nicht, schließt diesen zum jetzigen Zeitpunkt jedoch auch nicht explizit aus. "Je nach Entwicklung der wirtschaftlichen Lage kann es darüber hinaus in den kommenden Jahren zusätzlichen oder geringeren Personalbedarf geben", sagt Laschka. Ziel sei es, den Standort Schweinfurt so zu entwickeln, dass profitables Wachstum möglich ist. Insgesamt komme man mit dem Transformationsprozess gut voran. Die Veränderungsbereitschaft im Betrieb sei groß, so Laschka.

Betriebsrat: "Es ist eine gewisse Anspannung da."

Die schlechte Auftragslage und der Stellenabbau wirkt sich auch auf die Belegschaft aus. "Es ist eine gewisse Anspannung da", erklärt Norbert Völkl, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der SKF in Schweinfurt hinsichtlich des laufenden Transformationsprozesses im Unternehmen. Um auf die unterschiedliche Auslastung in Schweinfurt zu reagieren, haben sich Firmenleitung und Betriebsrat vor einiger Zeit auf ein Angebot für Beschäftigte geeinigt, diese vorzeitig in Ruhestand zu versetzen.

"Das Personalkarussell im Unternehmen dreht sich schnell."
Norbert Völkl, Gesamtbetriebsratsvorsitzender der SKF in Schweinfurt.

Auch wenn der Stellenabbau dadurch bei SKF sozialverträglich ablaufe, werde viel über einen solchen Prozess im Betrieb gesprochen und diskutiert. Klar sei, so Völkl, dass ein Altersteilzeitangebot immer besser als eine Kündigung sei, jedoch würden durch den Abbau perspektivisch viele der Arbeitsplätze langfristig wegfallen. Und: Durch die schlechte Auslastung werde in einzelnen Bereichen viel umgeschichtet. "Das Personalkarussell im Unternehmen dreht sich schnell", verdeutlicht Völkl.

Mit Blick in die Schweinfurter Industrie sagt der Gesamtbetriebsratsvorsitzende: "Uns besorgt der Trend, den wir gerade sehen." Man sehe, dass in fast allen ansässigen Schweinfurter Unternehmen entweder ein Personalabbau stattfinde oder eben künftig bevorstehe. "Wir machen uns schon Gedanken, wie sich das auf den Industriestandort, die Stadt und die Region auswirkt."

 
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