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ELFERSHAUSEN
Schaeffler Elfershausen: Nach 67 Jahren ist Schluss
Noch im Januar wurde im Werk Elfershausen protestiert.
Foto: Siegfried Farkas | Noch im Januar wurde im Werk Elfershausen protestiert.
Von Ralf Ruppert
 |  aktualisiert: 16.12.2017 02:47 Uhr

Wehmütig blickt Gerhard Schmitt aus Morlesau zurück: Der 61-jährige begann am 1. Juli 1977 seine Ausbildung im damaligen FAG-Werk Elfershausen. „Ich habe den ganzen Laden durchlaufen“, erzählt er, zuletzt leitete er den Werkzeug-Service. Mit den Kollegen, die noch da sind, feierte er jetzt seinen Ausstand: Gerhard Schmitt ist einer von rund 50 Mitarbeitern, die den Wechsel nach Schweinfurt nicht mitmachen wollten. Ende kommender Woche verlassen dann die letzten seiner Kollegen das Werk Elfershausen.

„Das Werk ist immer gewachsen und war aus meiner Sicht gut geführt“, sagt Gerhard Schmitt. Alle hätten den Fortschritt mitgemacht, regelmäßig sei investiert worden. „Ich hätte niemals erwartet, dass ich so einen Abgang mitmachen muss“, sagt der 61-Jährige kopfschüttelnd, und: „Aus meiner Sicht ist das ein Riesen-Fehler, denn so flexibel wie wir ist sonst niemand im Unternehmen.“ Jeder habe jeden gekannt, kurze Wege hätten vieles erleichtert.

Nur zehn nutzten Altersteilzeit

Das sieht auch Rudolf Herrmann so: Der 74-Jährige arbeitete 48 Jahre bei FAG, davon 44 Jahre im 1950 von FAG übernommenen Werk Elfershausen und 26 Jahre als Betriebsratsvorsitzender. „Da blutet einem das Herz, das kann niemand verstehen.“ Früher habe er die Kollegen öfter mal besucht, seit die Maschinen nach Portugal transportiert werden könne er den Anblick nicht mehr ertragen: „Das muss ich mir nicht mehr antun.“, sagt er und bedauert, dass das Geld für die Verlagerung nicht lieber in den Standort investiert wurde. Stattdessen zahle Schaeffler lieber viele tausend Euro für leer stehende Werkshallen.

Herrmanns Nachfolger als Betriebsratsvorsitzender, Michael Walter, hält sich mit Kritik zurück, schließlich wechseln er und sein Stellvertreter nach Schweinfurt und bleiben im Unternehmen. „Die Geschäftsführung hat sich an die im Interessensausgleich verhandelten Vereinbarung gehalten“, sagt Walter, und: „Alle Kollegen haben in Schweinfurt eine vergleichbare und zumutbare Tätigkeit bekommen, was das Arbeitsumfeld und die Entlohnung betrifft.“

Die Belegschaft in Schweinfurt bemühe sich, die Kollegen aus Elfershausen zu integrieren, aber: „Das Familiäre geht halt etwas verloren, damit müssen sich die Leute erst einmal zurechtfinden.“ Ein Lob hat Walter für Behörden übrig: „Die Agentur für Arbeit oder die Rentenversicherung haben hier vor Ort die Kollegen beraten.“ Einen „hohen Symbolgehalt“ sieht Norbert Lenhard, Vorsitzender des Schaeffler-Gesamtbetriebsrates, in der Schließung des Werks in Elfershausen, weil es sich um das erste Alt-FAG-Werk handelt, das noch dazu in Franken, also dem Stammland der Familie Schaeffler, geschlossen werde.

Mit der Entscheidung hat er sich längst abgefunden: „Die Wirtschaftlichkeitsprüfung war eindeutig.“ Immerhin sei für alle eine gute Lösung gefunden worden: Rund 40 erhielten einen Aufhebungsvertrag, rund zehn eine schnelle Altersteilzeit-Lösung. Alle anderen würden aktuell gut in Schweinfurt integriert. Das sei auch ein Thema bei den Betriebsversammlungen heute in Schweinfurt. „Es ist schon bitter, dass das Werk nicht mehr besteht“, sagt Thomas Höhn von der IG Metall. Die Gewerkschaft habe versucht, dass die Verlagerung nicht übers Knie gebrochen wird, aber: „Das Unternehmen wollte das noch in diesem Jahr abwickeln.“

Trotz aller Wehmut hätten sich die intensiven Verhandlungen gelohnt. Die meisten Kollegen seien mit den individuellen Lösungen zufrieden. Und: „Jetzt arbeiten wieder alle unter Tarif-Bedingungen.“ In Elfershausen hatte die Belegschaft freiwillig 40 statt 35 Stunden in der Woche gearbeitet. „Die Beschäftigten haben sich damit abgefunden, aber wir als Gemeinde müssen dafür sorgen, dass dort bald wieder die Lichter angehen“, sagt der Elfershäuser Bürgermeister Karlheinz Kickuth (SPD). Es gebe auch einen Unternehmer, der Interesse habe, berichtet Kickuth. Er habe die Info an Schaeffler weiter gegeben und frage alle vier bis sechs Wochen nach, aber: „Ich habe keine Rückmeldung, die halten sich komplett bedeckt.“ Der Gemeinde verliert durch die Schließung rund ein Fünftel ihrer Gewerbesteuer-Einnahmen.

 
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