"Es ist so bitter..." Mit diesen Worten beginnt der CSU-Politiker Steffen Vogel seinen Beitrag auf Facebook, den er am Mittwochmorgen gepostet hat: Darin erklärt der Abgeordnete des Stimmkreises Haßberge/Rhön-Grabfeld, dass er, die Bundestagsabgeordnete Dorothee Bär, Landrat Wilhelm Schneider sowie Eltmanns Bürgermeister Michael Ziegler in einer Videokonferenz mit Klaus Rosenfeld, dem Vorstandsvorsitzenden von Schaeffler, am Vorabend über das Aus für das Werk in Eltmann informiert worden seien. Dass dem so ist, hat der Konzern bestätigt.
Alle Bemühungen hätten nichts gefruchtet. Das treffe die Region hart, weil die Arbeitsplätze nach Schweinfurt verlagert würden, klagt Vogel in seinem Post. Auch stellt der CSU-Mann fest, dass der Betriebsrat zusammen mit dem Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern "riesige Einsparpotenziale" aufgezeigt hätten - vergebens. Vogel lässt in seinem Post durchblicken, das er den Eindruck hatte, die Entscheidung gegen Eltmann sei schon seit Wochen festgestanden, ungeachtet des Dialogs zwischen Konzernleitung und Belegschaft, und "man einfach nicht mehr an der Entscheidung vom September rütteln wollte".
Ein richtig schwerer Schlag für Eltmann und den Landkreis
Im Gespräch mit der Redaktion bekräftigte Vogel später noch einmal seine Einschätzung, dass das Schicksal des Industriestandorts schon lange besiegelt war. "Das ist ein richtig schwerer Schlag für Eltmann und den Landkreis", urteilte Vogel. Auch Eltmanns Bürgermeister Michael Ziegler sprach gegenüber dieser Zeitung am Mittwochmorgen von einem Schock. "Es ist bitter, wenn 80 Jahre Industriegeschichte so enden." Auch er hat den Eindruck, dass trotz des Dialogforums für Belegschaft, Arbeitnehmervertretung und Politik nichts mehr zu machen war.
Ein Top-Gewerbesteuerzahler fällt weg
Ziegler tröstet sich ein Stück weit damit, dass die vielen Arbeitsplätze nicht gestrichen, sondern nach Schweinfurt verlagert werden. Für die Stadt Eltmann fällt allerdings auch einer ihrer Top-Gewerbesteuerzahler weg. "Das werden wir im Haushalt schon deutlich merken", sagte der Lokalpolitiker. Aber das sei nun erst einmal zweitrangig, ebenso wie die Frage der Nachnutzung des riesigen Industriegeländes, das dem Schaeffler-Konzern gehört. "Jetzt geht es erst einmal um die Menschen", stellte Ziegler heraus. Auch Landrat Wilhelm Schneider (CSU) stellte das Schicksal der Arbeiter in den Mittelpunkt, "es geht jetzt in erster Linie und die Menschen und ihre Arbeitsplätze", sagte der Landrat, der trotzdem von einem großen Verlust auch für die Stadt Eltmann und den Landkreis sprach.
Es geht auch um die Jobs drumherum
Parteifreund Vogel mahnte, jetzt nicht blauäugig zu sein: Wenn es jetzt heiße, niemand verliere seinen Job, sei das natürlich relativ. Bei Schaeffler in Eltmann seien immer wieder Handwerksbetriebe tätig gewesen, es habe Catering und Werkschutz gegeben, und die Geschäfte rundherum hätten vom Werk profitiert. "Da fällt jetzt vieles weg", sagte Vogel, und natürlich könne auch nicht jeder Arbeitnehmer umziehen.
Von Seiten Schaefflers heißt es, trotz guter Ansätze und Vorschläge hätten in dem gemeinsamen Workshop die notwendigen Synergien und strukturellen Einsparpotentiale zur Fortführung des Standortes Eltmann nicht im notwendigen Umfang erzielt werden können. "Aus diesem Grund wird die Entscheidung der Schaeffler Gruppe zur Integration des Standortes Eltmann in den Standort Schweinfurt bestätigt", antwortete ein Pressesprecher.
Trost für die Region: Standort Schweinfurt wird gestärkt
Durch die Integration des Werks Eltmann in Schweinfurt werde der Produktionsstandort Schweinfurt gestärkt, tröstet Schaeffler die Region. Und verspricht: "Alle interessierten Mitarbeitenden aus Eltmann bekommen einen Arbeitsplatz in Schweinfurt angeboten." Das Unternehmen will nach eigenen Angaben nun dem Betriebsrat die Verhandlungen zu einem Interessenausgleich zur sozialverträglichen Umsetzung aufnehmen, "um möglichst schnell Klarheit für alle Beteiligten zu schaffen". Der Konzern hat inzwischen auch die Zahl der Mitarbeiter am Standort Eltmann nach unten korrigiert. Ende 2020 seien hier 400 Männer und Frauen beschäftigt gewesen, nicht 500, wie in vielen Medien berichtet.
Sabine Dittmar: Der Konzernspitze geht es nur um den Profit, nicht um die Menschen
Die Bundestagsabgeordnete Sabine Dittmar (SPD) vermag das nicht zu trösten. Sie geht mit dem Konzern hart ins Gericht: "Den Schaeffler-Verantwortlichen geht es nur um Zahlen und nicht um die Menschen, die hinter diesen Zahlen stehen", schimpfte Dittmar am Mittwoch in einer Pressemitteilung. Für die Parlamentarierin ist damit der Beweis erbracht, dass für das Herzogenauracher Unternehmen nur der Profit zählt. "Wenn dem nicht so wäre, dann hätte man dem Plan, den der Betriebsrat erarbeitet hat, eine echte Chance gegeben", schreibt die SPD-Politikerin. Der Betriebsrat hatte ein laut Dittmar "tragfähiges und zukunftsweisendes" Konzept für den Erhalt der Arbeitsplätze vorgelegt, bei dem 18 Millionen eingespart werden sollten.
Dorothee Bär: "Ich bin zutiefst enttäuscht"
Auch Digitalministerin Dorothee Bär, die das Direktmandat im Bundestagswahlkreis Bad Kissingen innehat und aus Ebelsbach stammt, sprach am Mittwoch von "hoch motivierten Einsparpotentialen", die in den vergangenen zwei Wochen die Hoffnung genährt hätten, dass sich das Blatt noch wendet. "Die Ideen waren gut und tragkräftig". Die CSU-Politikerin ist nach eigenen Aussagen seit Bekanntwerden der geplanten Standortverlagerung im September in ständigem Austausch mit dem Betriebsrat, aber auch mit der Konzernspitze gestanden. Umso mehr bedauere sie nun die endgültige Entscheidung, erklärte Bär und gab unumwunden zu: "Ich bin zutiefst enttäuscht". Mit dem Werk, in dem schon ihr Großvater gearbeitet habe, das fest zur Historie der Stadt Eltmann zähle und das ideale Anbindung an Bahn und Autobahn habe, "verlässt ein attraktiver Arbeitgeber, ein Mittelpunkt für viele Familien, unsere wunderschöne Region".
Betriebsrat und Gewerkschaft: "Bitter und schmerzhaft"
Thomas Höhn, 2. Bevollmächtigter IG Metall Schweinfurt, und Ulrich Schöpplein, Betriebsratsvorsitzender Schaeffler Eltmann, erläuterten im Rahmen einer Online-Pressekonferenz am Mittwochnachmittag die Umstände der Werkschließung aus Sicht der Arbeitnehmer. Schöpplein unterstrich, dass Belegschaft und Betriebsrat von Eltmann ein Konzept ausgearbeitet hätten, das ein Einsparpotenzial von 18 Millionen Euro umfasst habe. Dieses Konzept, so Schöpplein, sei von Unternehmensseite abgelehnt worden. "Das ist bitter und schmerzhaft", so der Betriebsratsvorsitzende. Aber nun gelte es, für sichere Arbeitsplätze der Eltmanner Arbeitnehmer in Schweinfurt zu kämpfen. "Es geht am Ende um den Menschen, nicht um den Standort", heißt das neue Ziel.
Immer wieder würden bei Werksschließungen Konzepte ausgearbeitet, so IG Metall-Bevollmächtigter Höhn, "aber was die Schaeffler-Belegschaft von Eltmann hier in zehn Tagen entwickelt hat, habe ich noch nicht erlebt". Aus seiner Sicht werde aber am Beispiel Eltmann überdeutlich, dass kleine Standorte einfach nicht mehr gewünscht seien, egal ob sie profitabel arbeiten.
"Wir haben es hier mit einer politischen Entscheidung zu tun." Nun gelte es, dafür Sorge zu tragen, dass die Eltmanner Arbeitnehmer in Schweinfurt adäquate Jobs erhielten, vor allem auch diejenigen, die nun eine neue Tätigkeit übernehmen müssten. Gewerkschaft und Betriebsrat würden sich dafür einsetzen, dass die Qualität der Jobs in Schweinfurt auf dem gleichen Niveau wie zuvor in Eltmann erreiche. Insgesamt um 300 soll die Zahl der Arbeitsplätze in Schweinfurt steigen. Die Differenz zu den 440 Arbeitsplätzen in Eltmann, so Schöpplein, soll über Auflösungsverträge - zum Teil auch unter der Schweinfurter Belegschaft - erreicht werden.
Zeitrahmen steht noch nicht fest
Einen Punkt hob Thomas Höhn noch heraus. "Die Infrastruktur in Eltmann ist hervorragend mit dem nahegelegenen Bahnhof und der Autobahn. Das geht jetzt alles verloren." Noch nichts Genaues könne man über den Zeitrahmen sagen, so die beiden Arbeitnehmervertreter, in dem die Verlagerung der Arbeitsplätze nach Schweinfurt durchgeführt werden soll. Betriebsintern sei vom Jahr 2023 die Rede. Die Verhandlungen über diese "Rahmenbedingungen" würden jetzt aufgenommen.
Vor etwas mehr als drei Jahren hatte Schaeffler auch seinen unterfränkischen Standort Elfershausen geschlossen und Produktion und Belegschaft nach Schweinfurt verlagert - wie im Fall Eltmann hatte das Werk auch hier bis zuletzt offenbar schwarze Zahlen geschrieben.
Statt in den Tarifrunden den Schulterschluss zu suchen hat man auf Teufel komm raus mit erpresserischen Methoden die Arbeitgeber unter Druck gesetzt und immer mehr gefordert. Die Situation war nach Elfershausen jedem doch klar!
Letzte Woche streiken und jetzt Unterstützung erwarten??? Träumt weiter!
Bedankt Euch bei der IG Metall! Überlegt mal wieviele Arbeitsplätze in der Industrie in den letzten 20 Jahren verloren gegangen sind! Wieviele Streiks, Lohnerhöhungen und Verlagerungen umgesetzt wurden?
Geht alles auf die Kapoe der Betriebsräte und der Gewerkschaften