
Das vergangene Jahr war vor allem wegen der Unsicherheit über die Zukunft des Krankenhauses St. Josef ein herausforderndes für alle, die in der Gesundheitsversorgung in der Region Schweinfurt tätig sind. Im Exklusiv-Interview mit dieser Redaktion blickt der Geschäftsführer des Leopoldina-Krankenhauses, Jürgen Winter, aber lieber nach vorne und schildert seine Vision, wie die Krankenhauslandschaft 2030 aussehen könnte.
Jürgen Winter: Warum? Sollten wir?
Winter: Grundsätzlich ist Wettbewerb nichts Schlechtes, wenn es um die Qualität geht und darum, um das Vertrauen der Patienten zu werben. Es ist nachvollziehbar, dass das Krankenhaus St. Josef jemanden gesucht hat, der das Management übernimmt. Mit der Sana AG hat man einen seriösen Partner gefunden, der bekannt ist für seine Management-Verträge im Auftrag von Krankenhausträgern an verschiedenen Orten.
Winter: Wir haben die Zeit genutzt, um unsere Zusagen umzusetzen. Wir starten mit einer eigenen Akutgeriatrie als Teilbereich der Neurologie mit Professor René Handschu und Dr. Tanja Bauer in der zweiten Märzhälfte. Das bayerische Gesundheitsministerium unterstützte uns wohlwollend und konstruktiv und wir erfüllen alle Kriterien. Die Räume werden gerade fertiggestellt, das Therapieteam steht. Es bleibt auch unsere Zusage, dass wir die Palliativstation von St. Josef weiter übernehmen würden. Das ist von Seiten der Kongregation derzeit nicht gewollt. Wir haben die Aufstockung der Betten-Kapazität im Bereich der Intensivmedizin schon erreicht. Personell sind wir auch in der Zentralen Notaufnahme gut aufgestellt. In den vergangenen zwei Jahren ist bereits die Zahl der zu behandelnden Fälle um 25 Prozent gestiegen, wir behandeln jeden Tag mehr als 100 Patienten in der Notaufnahme. Und die KV-Bereitschaftsdienst-Praxis wird zum 1. April bei uns im vierten Stock im Haupthaus eröffnet. In diesem Zusammenhang möchte ich noch unsere Kooperation mit der Geomed-Kreisklinik ansprechen. Wir pflegen eine sehr gute Zusammenarbeit. Auch kurzfristig notwendige Abstimmungen in der Patientenversorgung funktionieren hier hervorragend.
Winter: Die Entwicklung war natürlich überraschend. Wir haben uns davon aber entkoppelt und bis heute gibt es keine erkennbaren Gründe, warum wir unsere Entscheidung als Stadt und Leopoldina-Krankenhaus, das Krankenhaus St. Josef nicht zu übernehmen, nicht so hätten treffen sollen. Generell kann man sagen, dass diese Entwicklung seit Juli 2024 bei uns eine Dynamik entfacht hat, die positiv ist. Viele Mitarbeitende haben sich mit Vehemenz der Herausforderung gestellt und wir haben tolle Ergebnisse erzielt.

Winter: Wir waren auf einem guten Weg, hatten gute Ideen und Konzepte, die noch heute Gültigkeit haben. Man kann das nur zur Kenntnis nehmen, das Kapitel ist geschlossen und das Leopoldina-Krankenhaus gestärkt aus der Diskussion hervorgegangen.
Winter: Ich stelle fest, dass wir in den vergangenen Jahren einen Zuwachs an Personal haben. Wir haben weder in der Pflege noch beim ärztlichen Personal eklatante Lücken. Wir konnten vergangenes Jahr auch tolle Kolleginnen und Kollegen von St. Josef bekommen, die uns bereichern. Natürlich war es an der einen oder anderen Stelle auch zu Beginn mit Unsicherheit verbunden. Aber das Resümee ist: Wir sind gut gerüstet. Auch was die Krankenhausreform anbelangt, sehen wir viel Potenzial.
Winter: Da sind wir in guten Gesprächen, werden die Ergebnisse aber erst bekanntgeben, wenn alles in trockenen Tüchern ist.
Winter: Die Situation ist nicht blendend, keine Frage. Für 2023 hatten wir ein negatives Ergebnis von 1,2 Millionen Euro für den Konzern Leopoldina Krankenhaus. Es zeichnet sich ab, dass es für 2024 auf einem ähnlichen Niveau ist. Gleichzeitig ist die Situation so, dass wir nach wie vor darunter leiden, dass Krankenhäuser unterfinanziert sind, weil es keinen Inflationsausgleich für die gestiegenen Kosten gibt. Wir können derzeit nicht erkennen, wann wir wieder deutlich schwarze Zahlen schreiben können. Als Beispiel: Die Energiekosten sind von 1,8 Millionen auf 4,2 Millionen Euro in 2024 gestiegen. Davon sind aber nur 2,2 Millionen Euro gegenfinanziert und den Rest muss man erwirtschaften. Gut ist natürlich, dass wir im vergangenen Jahr im stationären Bereich knapp acht Prozent mehr Patienten behandelt haben. Das ist ein starker Vertrauensbeweis der Bevölkerung, eine gute Entwicklung und hat manches abgefedert. Natürlich schauen wir auch überall, was wir einsparen können.
Winter: Ich habe von Anfang an befürwortet, dass Gesundheitsminister Karl Lauterbach eine Krankenhausreform angestoßen hat, denn die Ziele waren richtig. Ich bin überzeugt, dass bei guter Krankenhausplanung und richtig durchgeführten Konzentrationsprozessen die Versorgung nicht schlechter werden muss. Auch aus dem DRG-System (Fallpauschalen, Anm. d. Red.) herauszugehen, war sinnvoll. Aber man kann mit der Art und Weise, wie Minister Lauterbach diesen Prozess gestaltet hat, nicht zufrieden sein. Man hat sich nur auf einen kleinen Kreis von Beratern verlassen, den Kontakt mit den Praktikern eher distanziert wahrgenommen und am Ende mit viel Detailregelungen das Rad überdreht. Überhaupt nicht zufrieden sein kann man damit, dass ein unplanmäßiges und unkoordiniertes Kliniksterben durch Insolvenzen bewusst mit einkalkuliert ist. Wichtig wäre auch gewesen, schon früher Mittel für die notwendige Transformation zur Verfügung zu stellen. Es ist unverständlich und war kein Aushängeschild der Bundesregierung. Für das Leopoldina gilt, dass wir schon 90 Prozent der neuen Leistungsgruppen haben und wir überlegen, welche Weichen wir stellen, um das komplette Portfolio anbieten zu können. Aber auch das ist viel Arbeit und eine Herausforderung.
Winter: Die Gefahr sehe ich nicht. In Nordrhein-Westfalen gibt es mit einem CDU-Gesundheitsminister ja schon eine Krankenhausreform. Die Parteien haben den Grundkonsens, dass es die Reform braucht. Es gibt hoffentlich Nachbesserungen am Gesetz, womöglich nach dem Vorbild Nordrhein-Westfalens. Ich erwarte auch, dass der Inflationsausgleich für die Kliniken von einer neuen Regierung auf den Weg gebracht wird. Und ich hoffe, dass es einen vernünftigen Dialog gibt zwischen den Praktikern, die es umsetzen müssen, und denen, die die gesetzlichen Rahmenbedingungen machen. Da ist unter Karl Lauterbach einiges zu Bruch gegangen.
Winter: Es ist alles geregelt und alles im Zeitplan. Der Abbruch läuft, das Baufeld wird geräumt und wir sind in der Ausschreibung für einen Totalunternehmer, der ab Herbst bauen und im Herbst 2026 fertig sein soll.

Winter: Für die Region muss man festhalten, dass wir per se nicht zu viele Betten haben, wir sind nicht überversorgt. Unser Ziel ist, dass wir der Schwerpunktversorger in kommunaler Trägerschaft sind und in Kooperation mit den umliegenden Kliniken die Versorgung sicherstellen. Unser Bestreben ist, die Qualität der medizinischen Versorgung nicht nur zu sichern, sondern auch weiter auszubauen, um damit den Erwartungen unserer Patientinnen und Patienten gerecht zu werden.