Am Sonntagabend um 19.06 Uhr erfolgte die erste Gratulation: Schweinfurts Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) beglückwünschte seine Parteikollegin Anja Weisgerber (Schwebheim) zur Wiederwahl in den Bundestag. Zu diesem Zeitpunkt stand das Ergebnis noch lange nicht fest, aber nach Auszählung eines Viertels aller Stimmen stand Weisgerber bei etwa 34 Prozent der Erststimmen.
Die Konkurrentinnen und Konkurrenten lagen da schon weit abgeschlagen zurück. Am Ende stoppte Weisgerbers Resultat bei 40,9 Prozent. Das heißt: Obwohl sie ähnliche Verluste hinnehmen musste wie ihre Partei in Bayern, konnte sie ihren Status in der Region behaupten. Vor vier Jahren hatte sie den Wahlkreis mit 47,9 Prozent der Stimmen gewonnen.
Ihre Wiederwahl sei ein Lohn für die acht Jahre im Berliner Parlament, sagte sie gegenüber dieser Redaktion: "Dass ich alle drei Wochen Bürgersprechstunden anbiete, hat sich herumgesprochen." Ihr Kontakt zu den Menschen zahle sich aus.
Lohn für die Fleißige
"Die Fleißige wird von Erfolg nicht verschont", sagte die Kreisvorsitzende der CSU Kitzingen, Landtagsabgeordnete Barbara Becker, über den Erfolg von Anja Weisgerber vor 80 Gästen der CSU-Wahlveranstaltung in Volkach. Die Stimmung unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern war nach Bekanntgabe der ersten Hochrechnung ruhig, noch fast emotionslos gewesen. Die Abgeordnete wurde dann aber mit stehendem Applaus begrüßt. Weisgerber zeigte sich sehr zufrieden mit ihrem Erfolg und betonte, dass sie mehr als doppelt so viele Stimmen im Wahlkreis errungen habe wie der SPD-Kandidat Markus Hümpfer.
Für ihn stand eine spätabendliche Zitterpartie an: Denn Hümpfer hatte Chancen, doch noch als 21. Listenkandidat seiner Partei in den Bundestag einzuziehen. Das hängt mit den zu erwartenden Überhangmandaten der CSU und den Ausgleichsmandaten für die SPD zusammen. Ob das gelang, stand am späten Sonntagabend nicht fest. 2017 schaffte die Bayern-SPD mit 15,4 Prozent 18 Abgeordnete.
SPD wartete lange im Digitalen
Insofern bezeichnete Hümpfer am Wahlabend seine Stimmung am frühen Abend als "vorsichtig zuversichtlich". Die Schweinfurter SPD schmiss keine Feier, sondern Hümpfer und seine Genossinnen und Genossen trafen sich auf einem digitalen Kanal für den Rest des Wahlabends. Nachdem auch kurz vor 22 Uhr keine Neuigkeiten in Sicht waren, beendeten sie die Konferenzschaltung.
Im Schweinfurter Rathaus, in dem etwa 20 Politikerinnen und Politiker sowie Journalistinnen und Journalisten ab 18 Uhr die Resultate verfolgten, herrschte lange angespannte Ruhe. Die wirklich einzig spannende Frage war die, ob der Schonunger Hümpfer den Sprung nach Berlin schafft.
Strahlende Augen hatte Nicolas Lommatzsch (Grüne). Schließlich hat seine Partei bundesweit das bislang beste Ergebnis eingefahren. "Wir gehören zu den Wahlgewinnern", sagte Lommatzsch, weswegen er einen Regierungsauftrag der Wählerinnen und Wähler für die Grünen ableitete. Sein eigenes Ergebnis war am Abend lange schwer einzuschätzen. Am Ende lag es bei 9,5 Prozent. Zufrieden sei er, sagte er später auf der Grünen-Wahlparty, auch wenn es gerne ein bisschen mehr sein durfte.
FDP-Mann Stark für Jamaika
Bei der FDP wusste man zunächst noch nicht so recht, wie man das Ergebnis bewerten soll. Direktkandidat Daniel Stark sagte, er habe schon auf etwas mehr als elf Prozent auf Bundesebene gehofft, "13 Prozent hätten es schon sein dürfen. Die Jamaika-Koalition wird die Zukunft für Deutschland sein", sprach sich Stark für ein Bündnis zwischen Union, FDP und Grünen aus und war sich mit der wiedergewählten Weisgerber einig. Dass er selbst wohl nicht als Direktkandidat in den Bundestag einziehen würde, überraschte Stark nicht: "Ich bin Realist." Immerhin fuhr der Sulzheimer fast 8,0 Prozent ein.
Die AfD, die im Schweinfurter Rathaus nicht vertreten war, hat am Sonntagabend mit leichten Verlusten ihr Resultat von 2017 weitgehend gehalten. Mit 9,9 Prozent verpasste der Schwebheimer Kreisrat Bernd Schuhmann knapp ein zweistelliges Resultat.
Von einem "katastrophalen Ergebnis" sprach indes Klaus Ernst, Direktkandidat der Linken, der zum fünften Mal für den Bundestag kandidierte. Nur noch 4,2 Prozent machten am Sonntag ein Kreuz neben seinem Namen, worüber er "sehr enttäuscht" sei. 2017 hatten noch 7,8 Prozent der Wählerinnen und Wähler für ihn gestimmt. Auf Bundesebene habe man die Stimmen "ungefähr halbiert". Für das insgesamt schwache Abschneiden sei die Partei selbst verantwortlich, sagte Ernst selbstkritisch.
Überholt wurde Ernst von der Freien Wählerin Andrea Graham, die auf 5,0 Prozent kam.
Auf Bundespolitischer Ebene hat die Regionalpartei mit Bär, Scheuer & CO eh keine Kompetenz mehr.