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Schweinfurt
Ernteerträge im Landkreis Schweinfurt: Wie groß sind die Verluste im Trockenjahr 2022?
Der Sommer war extrem trocken, vor allem in Unterfranken. Müssen Bäuerinnen und Bauern jetzt um ihre Existenz bangen?
Nach dem Dürresommer 2022 bereitet ein Landwirt bei Wasserlosen sein Feld für die nächste Aussaat vor. An der dichten Staubwolke ist die immense Trockenheit des Bodens zu erkennen.
Foto: Sabrina Göbel | Nach dem Dürresommer 2022 bereitet ein Landwirt bei Wasserlosen sein Feld für die nächste Aussaat vor. An der dichten Staubwolke ist die immense Trockenheit des Bodens zu erkennen.
Marius Flegler
 |  aktualisiert: 15.07.2024 10:15 Uhr

Ob Landwirte, Forstleute oder Freizeitgärtner, in diesem Sommer haben alle sehnsüchtig auf Regen gewartet und geklagt, dass das Jahr 2022 viel zu trocken ist. Schon die vergangenen Jahre waren in Unterfranken von Trockenheit oder Extremwetterereignissen geplagt. Das setzt besonders der Landwirtschaft zu, die über Ertragsverlust in diesem Jahr klagt. Müssen Bauern und Bäuerinnen nun um ihre Existenzgrundlage fürchten? Diese Redaktion hat beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Schweinfurt nachgefragt. 

Heinz-Dieter Hofmann (AELF), Ansprechpartner für Beratung und Bildung im Pflanzenbau, kann aktuell noch keine konkreten Zahlen zu Ernte-Ertragsmengen nennen. Durch den intensiven Austausch mit Landwirtinnen und Landwirten aus dem Landkreis Schweinfurt kann er aber sagen, dass die Erträge keineswegs zufriedenstellend sind. Zwar seien sie beim bereits gedroschenen Getreide wie etwa Weizen, Gersten und Dinkel "mit einem blauen Auge davon gekommen", und auch beim Raps sei die Ernte in weiten Teilen in Ordnung gewesen. Aber auch hier rechnet er mit einem Verlust von etwa zehn bis 20 Prozent im Vergleich zu "normalen" Jahren.

"Der Boden ist wie Beton."
Heinz-Dieter Schmitt, AELF

Während das im letzten Jahr angebaute Getreide noch einen Nutzen aus der Winterfeuchte und den Niederschlägen zu Beginn des Jahres ziehen konnte, brauchen die im Frühjahr angebauten Sorten wie etwa Mais, Sonnenblumen, Sojabohnen und Zuckerrüben, die zu weiten Teilen noch auf den Feldern stehen, das Wasser hauptsächlich im Juli und August, erklärt Hofmann. Hier rechnet er mit Ertragsausfällen von 50 Prozent bis hin zum Totalausfall: "In manchen Schlägen diskutiert man, ob überhaupt geerntet werden soll. Der Boden ist wie Beton. Um da eine Erntemaschine durchzuziehen, braucht es erst einmal richtig Niederschlag."

Denn auch die Ernte selbst verursacht Betriebskosten, die bei äußerst schlechten Beständen im Extremfall durch die Einnahmen nicht gedeckt werden können. In der Folge kann es die traurige, aber günstigere Alternative sein, die Felder einfach umzubrechen und die Früchte damit zu vernichten. 

Neben der Niederschlagsmenge spielt auch die Verdunstung eine große Rolle

Nicht nur die geringe Niederschlagsmenge spielt beim ausbleibenden Wachstum der Pflanzen eine Rolle, sondern auch die Verdunstung. Im Zusammenspiel aus Niederschlag und Verdunstung ergibt sich die Wasserbilanz, also die Wassermenge, die der Pflanze tatsächlich zur Verfügung steht. Diese wird im Landkreis Schweinfurt von mehreren Wetterstationen gemessen. Eine wichtige Rolle spielt hierbei die Bodenbeschaffenheit.

Während gute, lehmhaltige Böden bis zu 230 Liter Wasser pro Quadratmeter speichern, können leichte, sandigere Böden, wie etwa im Gebiet um Gerolzhofen, nur 120 Liter oder weniger speichern. Bereits im Mai haben einige Wetterstationen schon eine negative Wasserbilanz von mehr als 100 Liter pro Quadratmeter gemessen – also 100 Liter weniger, als die Pflanzen für ein gesundes Wachstum bräuchten. So kamen die guten Böden etwas länger mit der geringen Niederschlagsmenge zurecht, aber auch hier sei längst "Feierabend", sagt Hofmann. 

Selbst wenn es im September mehr regnen sollte, komme das für Mais und Sonnenblumen, deren Hauptwachstumsphase schon vorüber ist, zu spät. Einzig bei der Zuckerrübe könne sich noch etwas tun, meint Hofmann. Hierzu bräuchte es aber eine Niederschlagsmenge von mindestens 50 Liter, und auch dann sei mit normalen Erträgen nicht zu rechnen. 

Wie werden sich die niedrigen Ernte-Erträge auf die Preise auswirken?

Dass sich die niedrigen Erträge durch die Dürre auf die Lebensmittelpreise auswirken werden oder es gar zu einer Lebensmittelknappheit kommt, glaubt Hofmann nicht. "Das ist ein regionales Problem." In Unterfranken sei es zwar sehr trocken, im Süden sehe das aber anders aus. Außerdem werde viel Ware aus dem außereuropäischen Ausland importiert, wie beispielsweise Zucker aus Südamerika.

Auch bei den Getreidepreisen, die an der Börse gebildet werden, müsse man immer die weltpolitische Lage betrachten, so Hofmann. Das Getreide aus der Ukraine, das aufgrund des Krieges nicht exportiert werden konnte, verlässt inzwischen wieder die Häfen. Die Folge seien fallende Preise für Getreide auf dem Weltmarkt. Außerdem habe die Südhalbkugel noch gar nicht mit der Ernte begonnen. Die unterfränkischen Landwirtinnen und Landwirte würden durch ihre Ernteeinbußen zwar weniger verdienen. Für die Preisbildung auf dem globalen Markt sei das aber nicht ausschlaggebend. 

Was tut die Landwirtschaft, um sich gegen extremer werdende Wettereinflüsse zu rüsten?

Natürlich versuchen die Bauerinnen und Bauern, sich an die immer extremer werdenden Wetterbedingungen anzupassen, sagt Hofmann. So möchte man durch Züchtung erreichen, dass die Pflanzen weniger Wasser benötigen. "Aber ganz ohne Wasser geht es nun mal nicht." Ein wichtiger Aspekt sei deshalb, die Wasseraufnahme-Fähigkeit der Böden durch Humusbildung zu steigern. Sind die Böden zu dicht, kann das Regenwasser bei Starkniederschlägen nämlich nur schlecht aufgenommen werden und fließt vom Feld ab. 

Bedroht die schlechte Ernte jetzt die Existenz der Landwirtinnen und Landwirte?

Nicht nur das Jahr 2022 war von extremer Trockenheit geplagt: 2021 gab es in der entscheidenden Phase zu viel Niederschlag. Die Jahre zuvor, insbesondere 2018, waren ebenfalls zu trocken. Dass Landwirtinnen und Landwirte deshalb inzwischen den Verlust ihrer Existenzgrundlage fürchten, kann Heinz-Dieter Hofmann nicht verneinen.

"Auch als Landwirt muss man Geld verdienen. Ist das nicht der Fall, kann man auch nicht existieren."
Heinz-Dieter Schmitt

In den letzten Jahren verringerten sich die Einnahmen. Die Kosten hingegen, etwa für Düngemittel und Maschinen, gingen in die Höhe. Ob manche nun ihren Beruf deshalb an den Nagel hängen? "Diese Reaktionen wird es geben. Gerade wenn Betreiber in den Ruhestand gehen und die Hoferben merken, dass das alles nicht mehr so toll ist, werden sie etwas anderes machen. Auch als Landwirt muss man Geld verdienen. Ist das nicht der Fall, kann man auch nicht existieren."

 
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