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Billingshausen/Neuses am Berg
Hirse, Kichererbsen, Süßkartoffeln: Wie der Klimawandel die Landwirtschaft in Unterfranken verändern könnte
Seit Jahren wird es immer trockener in Unterfranken. Die Landwirtschaft ist gezwungen, Wege der Anpassung zu finden. Ein Experte und ein Landwirt zeigen, wie es gehen könnte.
Dieses Feld mit Hirse trägt trotz Hitze und Trockenheit gute Früchte: In Neuses am Berg (Lkr. Kitzingen) erprobt die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft alternative Kulturarten für Unterfranken.
Foto: Tobias Kannapin | Dieses Feld mit Hirse trägt trotz Hitze und Trockenheit gute Früchte: In Neuses am Berg (Lkr. Kitzingen) erprobt die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft alternative Kulturarten für Unterfranken.
Tobias Kannapin
 |  aktualisiert: 08.02.2024 11:45 Uhr

Tot wirkt die Landschaft rund um Neuses am Berg (Lkr. Kitzingen) in diesem Sommer. Tiefe Furchen durchziehen die Äcker. Wiesen und Felder sind braun, verbrannt von der Sonne. Dass dieser Flecken Erde zu den trockensten in ganz Bayern gehört, glaubt man sofort - auch ohne die einschlägigen Statistiken zu kennen, die besagen, dass es hier in Nordbayern mit knapp 540 Millimetern Jahresniederschlag nur etwa halb so viel regnet wie im Süden des Freistaates.   

Kein Zufall also, dass sich die Versuchsflächen des neu gegründeten "Forschungszentrums für Landwirtschaft in Trockenlagen" gerade hier befinden. "Eine grüne Insel im braunen Meer" nennt Wolfgang Miederer vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen-Würzburg (AELF) den kleinen Acker, der zum Staatsgut Schwarzenau der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) gehört. Auf den Parzellen oberhalb von Dettelbach werden Nutzpflanzen angebaut, die sich durch eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber Hitze und Trockenheit auszeichnen. Hier wachsen Erdnüsse neben Kichererbsen, Buchweizen und Anis gedeihen neben Hirse und Amaranth.

Gut an Hitze und Trockenheit angepasst: Kulturarten aus dem Süden

"Die meisten Kulturarten, die wir hier anbauen, kommen aus Südamerika, Afrika oder dem Orient", erläutert Miederer beim Rundgang. An ein trockenes und heißes Klima seien diese Pflanzen daher bestens angepasst. So produziere etwa die Hirse eine weiße Wachsschicht, die sie effektiv vor der Hitze schütze. 

Um sich gegen die Hitze zu schützen, produziert die Hirsepflanze eine weiße Wachsschicht, erklärt Wolfgang Miederer vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen-Würzburg.  
Foto: Tobias Kannapin | Um sich gegen die Hitze zu schützen, produziert die Hirsepflanze eine weiße Wachsschicht, erklärt Wolfgang Miederer vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Kitzingen-Würzburg.  

In Neuses werden verschiedene Sorten einer Pflanze im "Feldversuch" verglichen. Die Sorten mit den besten Erträgen in den hiesigen Gefilden würden dann herausgesucht, gekreuzt und später im besten Fall gezüchtet, erklärt der Fachberater. Rund fünf Jahre dauere diese Züchtungsarbeit. Mit den gewonnenen Erkenntnissen unterstütze die Landesanstalt dann Züchtungsunternehmen, bei denen die Landwirte ihr Saatgut beziehen.   

Ernährungstrend: Hirse und Amaranth als fleischlose Proteinquellen

Bei der Hirse sei man besonders weit. Ein paar Landwirte aus Unterfranken würden das wärmeliebende Spelzgetreide bereits anbauen, sagt Miederer. Es werde sehr viel weniger von Schädlingen befallen und habe einen  geringeren Düngeaufwand als etwa der Körnermais. Mit ihrer Blüte sei die Hirse zudem weitaus insektenfreundlicher. Besonders als Futtermittel, aber auch zur Energiegewinnung als Biogassubstrat sei sie eine Alternative mit viel Potenzial.   

Auch den Speiseplan des Menschen könne die Hirse bereichern, sagt Miederer. Wie der Amaranth hat das mineralstoffreiche Getreide einen höheren Eiweißgehalt als die traditionellen Sorten. Ebenso proteinreich sei die Kichererbse. Der Trend hin zu fleischarmer oder fleischloser Ernährung könne dafür sorgen, dass die alternativen Kulturarten vermehrt in unserer Küche Verwendung finden, sagt der Fachberater.   

Ein junger Landwirt aus Billingshausen setzt auf Kichererbsen und Süßkartoffeln

Einer, der die Entwicklung früh erkannt hat, ist der junge Bio-Landwirt Lorenz Köhler aus Billingshausen (Lkr. Main-Spessart). "Meine Schwester ist Veganerin. Das hat uns eigentlich auf die Idee gebracht", sagt Köhler zur Gründung seiner Firma "Korncorner". Neben klassischen Getreidesorten wie Weizen, Dinkel und Roggen verkauft der Bio-Betrieb Spezialkulturen wie Kichererbsen, Süßkartoffeln, Kidneybohnen, Amaranth oder Quinoa aus eigenem Anbau. Mit Geschäftspartner Thomas Klopf vertreibt Köhler seine Erzeugnisse inzwischen deutschlandweit, sowohl an gewerbliche als auch an private Kundinnen und Kunden.

Lorenz Köhler in seinem Süßkartoffel-Feld. Der junge Bio-Landwirt setzt auf alternative Kulturarten. 'Korncorner' heißt die Firma, die er zusammen mit Thomas Klopf betreibt.   
Foto: Thomas Obermeier | Lorenz Köhler in seinem Süßkartoffel-Feld. Der junge Bio-Landwirt setzt auf alternative Kulturarten. "Korncorner" heißt die Firma, die er zusammen mit Thomas Klopf betreibt.   

Die Umstellung auf neue Kulturarten hält Köhler nur für eine von vielen notwendigen Maßnahmen, um dem fortschreitenden Klimawandel zu begegnen. Es gelte gleichzeitig, sich auch bei den klassischen Kulturarten auf die Folgen des Klimawandels einzustellen: "Wer in Zukunft bestehen will, muss zu Veränderungen bereit sein", sagt der Landwirt. "Vor allem müssen wir unsere Art der Bewirtschaftung ändern."

Altes, neues Konzept zum Schutz gegen Dürre: Bäume am Feldrand als Agroforst

Ein möglicher Schritt zu mehr Resilienz gegen Hitze und Trockenheit: Agroforst-Systeme. Das eigentlich alte Bewirtschaftungskonzept sei mit fortschreitender Rationalisierung und Intensivierung der Landwirtschaft und zunehmendem Maschineneinsatz in Vergessenheit geraten, sagt Köhler. Durch Bäume und Gehölze am Feldrand könne man auf eine einfache und natürliche Art Dürreschutz betreiben: "Die Bäume bilden dann eine Barriere, die das Feld vor Wind schützt. Weniger Wind bedeutet eine viel geringere Verdunstung. Zusätzlich sorgen die Bäume für eine Beschattung." Wähle man für diesen Forst am Feld Nutzpflanzen aus, könne man den Verlust an Ackerfläche geschickt ausgleichen.

Ein natürlicher Dürreschutz: Lorenz Köhler experimentiert mit sogenannten 'Agroforst-Systemen'. Die natürliche Baum-Barriere soll das Feld unter anderem vor Wind und Sonne schützen. 
Foto: Thomas Obermeier | Ein natürlicher Dürreschutz: Lorenz Köhler experimentiert mit sogenannten "Agroforst-Systemen". Die natürliche Baum-Barriere soll das Feld unter anderem vor Wind und Sonne schützen. 

Auch gegen schwere Unwetterereignisse mit Starkregen helfe die flankierende Bepflanzung. Sie "bremse" den Niederschlag, gleichzeitig verhindere sie Bodenerosion. Dazu komme, dass Laub und Wurzeln der Bäume zur natürlichen Humusbildung beitragen: "Humus kann mehr Wasser aufnehmen und länger speichern und hilft damit, die Böden länger feucht zu halten", erklärt Köhler.       

Landwirtschaftsministerin: Intensive Forschung, um Bauern zu unterstützen

Auch im bayerischen Landwirtschaftsministerium hält man diesen Aufbau und Erhalt des Humus im Boden für "einen zentralen Baustein zur Klimaanpassung in der Landwirtschaft". Um Landwirtinnen und Landwirte bei Maßnahmen zur Klimaanpassung zu unterstützen, lasse man intensiv zu Hitze und Trockenheit forschen, sagt Ministerin Michaela Kaniber (CSU). Der Forschungsstandort Unterfranken spiele dabei eine wichtige Rolle: "Schwarzenau wird zum Zentrum des Wissenstransfers zum Thema Landwirtschaft in Trockenlagen. Das hohe Interesse der Praktiker zeigt uns, dass wir hier auf dem richtigen Weg sind."  

 
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  • A. G.
    In einem Kommentar sollte auch etwas wahres stehen.

    Die 60% sind falsch,
    Das Fleischexportland Nr 1 ist falsch
    Und der Schweinefleischexport nach China ist falsch.

    Bei den 60% sind Flächen einbezogen, wo nur die Koppelprodukte verfüttert werden.

    bilanziert (Importe von den Exporten abgezogen) und korrigiert (wenn Holländische, Dänische und Belgische Schweine nur zum Schlachten nach D kommen, sollte es nicht genauso zu "Flwischerzeugung" gerechnet werden, als wenn das Tier auch hier gemästet, aufgewachsen und geboren ist) landet Deutschland bei Fleischexport auf den hinteren Rängen.

    Schon seit 2 Jahren wird kein Gramm Schweinefleisch mehr nach China exportiert.
    Davor florierte der Export nach China, weil dort die ASP derart wütete, dass die unfassbare 200.000.000 Schweine keulen mussten. Schweinefleisch war dort jahrelang totale Mangelware und deutsche Mäster haben halt geholfen, die größte Not ein wenig zu lindern.
    Heute produziert China wieder genug Fleisch. In Hochhausställen!!!
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  • A. G.
    war als Antwort an haas-hyr verfasst.
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  • J. F.
    Bitte nicht vergessen, zur mainfränkischen Landwirtschaft zählen auch Wein, Obst und Gartenbau. Was sagen die Gemüsebauern, Obstler im Maintal und der Fränkische Weinbauverband über eine realistische zukünftige Entwicklung in Erzeugung und Vermarktung?
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  • U. S.
    @freihold

    Wein ist Alkohol und Alkohol ist ein Suchtmittel. Daher unnötig. Raps für Biodiesel ist zwar ein sehr einträgliches Geschäft aber ebenfalls unnötig.

    Was wir brauchen sind Lebensmittel: Gemüse, Kartoffeln, Getreide.
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  • A. G.
    Wenn Sie Gemüse, Getreide und Kartoffeln unbedingt brauchen, wieso bezahlen Sie dafür keinen anständigen Preis, mit dem man hier produzieren könnte, sondern bloß Importware in Frage kommt?
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  • U. S.
    @AndreasGerner

    Wie kommen Sie zu dieser Aussage? Wir kennen uns nicht, Sie können somit gar nicht beurteilen was ich einkaufe und bezahle.

    Mir ist bekannt, dass Rapsanbau lukrativ ist. Mit dem Biodiesel ist es ein Milliardengeschäft geworden. Klar, dass das mit allen Mitteln sprich irgendwelchen Aussagen verteidigt wird. Genau wie der Einsatz von Pestiziden die zum Aussterben von Fauna und Flora geführt haben und das Grundwasser verseuchte. Aber demonstriert schön weiter, der Dumme klatscht noch dazu und isst brav was man ihm auf den Teller gibt. Ich lobe mir die Biobauern, da kommt meine Ware her. Direkt vom Erzeuger.
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  • A. G.
    So viele falsche Behauptungen.
    Nur mal beispielhaft eine herausgegriffen:

    Wo wurde den welches Grundwasser verseucht?

    Meinen Sie tatsächliches Wasser, oder welches in Geschichten?

    100% des in Deutschland an die Haushalte gelieferten Wassers hält alle geltenden Grenzwerte ein. Immer. Ausnahmslos.
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  • H. Z.
    @Gerner:
    Sie sind hier ganz schön bissig!

    Was das Wasser angeht, in Würzburg war das Grundwasser, und damit die Quellen, an der Hettstadter Steige/Zell bereits mehrfach verseucht und musst wieder hergestellt werden!!

    Winnem übertreibt vielleicht ein bischen, aber im Grunde hat er Recht!
    Seien Sie hier doch etwas höflicher, in diesem Forum ist man doch nicht bei der AfD!!
    😶‍🌫️
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  • A. G.
    Raps für Biodiesel unnötig?
    Es soll also noch mehr fossiler Diesel verfahren werden und zu dessen Herstellung noch mehr Erdöl, gefördert und importiert werden? Am besten noch von Russland?

    Und das proteinreiche Koppelprodukt Rapsschrot (anderthalb mal so viel wie das Öl), das in die Futtertröge kommt und massenhaften Import von Sojaschrot (übrigens meist GVO) vermeidet, ist auch nicht nötig?

    Und der Vorfruchtwert von Raps, der auf vielen mageren Standorten in Franken erst den sinnvollen Anbau der Nahrungsfrucht Weizen ermöglicht, ist auch unnötig?
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  • H. H.
    Das sind in der Tat sehr vielversprechende Ansätze. Die deutschen Landwirte sollten sich aber auch fragen, warum sie auf 60% ihrer Fläche Futtermittel anbauen müssen, damit Deutschland das europäische Fleischexportland Nr. 1 wird und Schweine-Billigfleisch bis nach China liefern kann.
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  • G. S.
    Es würde mich sehr interessieren was "der richtige Weg" von Frau Kaniber genau ist.
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