Das Wetter an diesem furchtbar trüben, grauen, verregneten November-Morgen in Schweinfurt passte wie die Faust aufs Auge zur derzeitigen finanziellen Lage Schweinfurts und dem Ausblick für die nächsten Jahre. Knapp eineinhalb Stunden lang gab Finanzreferentin Anna Barbara Keck einen Einblick in die Finanzen zum Beginn der Haushaltsberatungen. Die Quintessenz: Es muss gespart werden.
Wenn die Gewerbesteuer nicht wieder deutlich anzieht in den nächsten Jahren, werden Stadtverwaltung und Stadtrat nicht umhin kommen, die bisher geplanten Projekte komplett neu zu überdenken. "Wir müssen", so Kecks eindringliche Mahnung, "uns immer stärker die Frage stellen, was im Fokus stehen soll und worauf wir verzichten können." Im Zweifel, betonte die Finanzreferentin, müsse "Substanzerhalt vor neuen Projekten" stehen.
Das Problem der Stadt ist eines, das sich schon 2019 begann abzuzeichnen und das durch die vergangenen drei harten Jahre mit Corona-Pandemie sowie Energie- und Baukostensteigerung noch verstärkt wurde: Die Rücklagen schmelzen wie ein Schneemann am Strand von Mallorca im Hochsommer. In Windeseile. Das so genannte strukturelle Defizit im Haushalt bleibt und die Tatsache, dass von Seiten der Industrie weniger Gewerbesteuer kommt, hat auch damit zu tun, dass sie mitten im tiefgreifenden Transformationsprozess zur Energiewende steckt. Und der wird andauern.
Die Rücklage der Stadt Schweinfurt wird Ende 2024 vollständig aufgebraucht sein
"Das Ziel für uns muss heißen, die Handlungsfähigkeit zu erhalten", betonte Keck. Ein Satz, den es von Seiten einer Schweinfurter Finanzreferentin in den vergangenen guten Jahren, Ende der 2010er Jahre, nicht gegeben hat. 2019 hatte die Stadt noch 119,3 Millionen Euro auf der hohen Kante und warb mit dem Projekt "Lebenswerte Stadt". Theatersanierung, Konversion in Ledward, Bellevue und Kessler Field, Landesgartenschau 2026, Kulturforum – es sprudelte vor Projekte, es gab Ideen zu Hauf, wie die Stadt weiter entwickelt werden sollte.
Schon im Herbst 2022 war es den Finanzen geschuldet, dass die Landesgartenschau-Planungen von Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) einkassiert wurden. Die für 2023 geplante Eröffnung des Kulturforums am Martin-Luther-Platz ist um einige Jahre verschoben worden. Gebaut wurde in dieser Sache noch nichts.
Nun hat die Regierung von Unterfranken der Stadtverwaltung zum ersten Haushaltsentwurf 2024 ihre Bedenken zur Genehmigungsfähigkeit deutlich mitgeteilt. Die Stadt hat Ende 2023 nur noch 40,2 Millionen Euro Rücklagen, braucht für die Zukunft Kredite, um alle Projekte finanzieren zu können. Der Entwurf für den Haushalt 2024, den Keck Mitte November zu den Haushaltsberatungen präsentierte, ist aufgrund der Einwände der Regierung ein völlig anderer als der, der den neun Fraktionen und Gruppen im Stadtrat im Oktober vorgestellt wurde.
Auch wenn sie das Wort "Sparhaushalt" nicht explizit in den Mund nahm und diese Bezeichnung angesichts der großen laufenden Projekte auch falsch wäre, ist doch klar: haushalterische Maßnahmen waren zwingend, um auch in den nächsten Jahren soweit handlungsfähig zu sein, dass die gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtaufgaben wahrgenommen werden können.
Servicebetrieb-Sanierung kann in der geplanten Form nicht finanziert werden
Ein Thema, das der Finanzreferentin Sorgen macht: Die "Bugwelle an Investitionen", wie sie es nannte. Dazu gehören nicht die Projekte, die derzeit umgesetzt werden, wie die Theatersanierung oder der Neubau der Körnerschule mit Kindertagesstätte in Bellevue. Sondern das, was an Sanierungen von Infrastruktur auf die Stadt zukommt und was in den vergangenen Monaten immer wieder Thema verschiedener Diskussionen war.
Beispiele? Der Abriss und Neubau der Maxbrücke, derzeit in der Finanzplanung für 2029 und 2030 vorgesehen. Oder die Sanierung des Servicebetriebs Bau und Stadtgrün am Sennfelder Bahnhof. Eine Pflichtaufgabe der Stadt und angesichts des Zustandes einiger Gebäude eine Notwendigkeit, damit die über 200 städtischen Mitarbeitenden dort vernünftige Arbeitsbedingungen haben. Doch die vor einigen Monaten präsentierte Kostenschätzung von 67 Millionen Euro "ist derzeit nicht finanzierbar", formulierte es Anna Barbara Keck in aller Deutlichkeit. Es sei zwingend, dass hier eine neue Planung mit dem Ziel, massiv Baukosten zu sparen, erfolgen müsse.
Rechnet man alle Projekte zusammen, die in einem zeitlichen Horizont von fünf Jahren auf die Stadt zukommen, beträgt die Summe 220 Millionen Euro. Die Förderungen dafür durch Bund oder Freistaat beläuft sich aber nur auf knapp 92 Millionen Euro. Kein Wunder also, dass sich Keck auch nicht scheute, ein Bündel von "Konfliktthemen", wie sie sie nannte, anzusprechen.
Als da wären: Steigerung der Personalkosten, Steigerung der Baukosten und Energiepreise, Risiken bei den städtischen Tochtergesellschaften Leopoldina Krankenhaus und Stadtwerke oder der große Bauunterhalt der städtischen Liegenschaften. Alles Themen, bei denen es nicht nur eine strikte Haushaltsführung braucht, sondern unter Umständen auch schmerzhafte Entscheidungen.
"Was uns Kopfzerbrechen bereitet, ist der laufende Unterhalt und der laufende Haushalt", betonte Keck. Man müsse sich die Frage stellen, ob man alle städtischen Liegenschaften behalten könne und auch, wie man weitere Einnahmen generiert. Über Jahrzehnte habe man zum Beispiel eine sehr "wirtschaftsfreundliche" Politik in Sachen Gewerbesteuer-Hebesatz betrieben. Der liegt seit 1988 bei 370 Punkten, was deutlich unter dem Durchschnitt in der Region liegt.
Gerade bei der Gewerbesteuer als wichtigste Einnahmequelle der Stadt zeigt sich aber der schmale Grat, auf dem Schweinfurt balanciert: Von Seiten der Großindustrie kommt seit einigen Jahren kaum noch Gewerbesteuer, 90 Prozent des Volumens von derzeit gut 50 Millionen Euro kommen von Handwerksbetrieben. Diese nicht über Gebühr zu belasten, ist ein ebenso wichtiges Anliegen.