Die reine Zahl hinterlässt einen erst mal ein wenig ungläubig staunend: 61,21 Millionen Euro. Das sind die derzeit angenommenen Kosten für Sanierung und teilweise Neubau des Servicebetriebs Bau und Stadtgrün auf dem Gelände am Sennfelder Bahnhof.
Im Bauausschuss stellte Sven Franke, Geschäftsführer der mit der Masterplanung beauftragten FMP design engineering GmbH aus Schweinfurt, die Zahlen vor –und wie sie zustande kamen. Seit einigen Jahren schon wird die Sanierung des Servicebetriebs diskutiert. Unklar war bisher, wie viel das genau kosten wird. Für die Stadtverwaltung wie den Stadtrat sind die geschätzt 61,21 Millionen Euro auch deswegen so ein dicker Brocken, weil dafür wohl keine Förderung zu erwarten ist.
Bis gebaut wird und alles fertig ist, wird noch viel Wasser den Main hinabfließen, wie es so schön heißt. Die Bauverwaltung möchte Ende 2024 die Entwurfsplanung fertig haben, bis Mitte 2025 alle Genehmigungen und dann zwischen Mitte 2025 und Ende 2028 die Baumaßnahmen durchführen. Ein großer Vorteil an dem vorgestellten Plan ist, dass "wir im laufenden Betrieb bauen können, ohne dass der Servicebetrieb umziehen muss oder bei seinen täglichen Arbeiten eingeschränkt wird", so Sven Franke.
Kann sich Schweinfurt in Zukunft noch alle Projekte leisten?
Auch wenn die Restrukturierung, wie Franke das Vorhaben nennt, mit Abriss und teilweise Neubau von Gebäuden und Hallen, womöglich noch zeitlich gestreckt werden kann, um die finanziellen Lasten im Haushalt besser zu schultern, stand dennoch eine große Frage im Raum: Kann sich Schweinfurt angesichts dieser Kosten noch die vielen anderen Projekte leisten?
Beantwortet wurde das natürlich im Rahmen der Bauausschusssitzung nicht, zumal auch Finanzreferentin Anna Barbara Keck urlaubsbedingt nicht anwesend war und erst in der Stadtratssitzung am 26. September detailliert Auskunft geben kann über die finanziellen Auswirkungen.
Eines aber ist klar: Die Haushaltsberatungen mit dem Stadtrat im November könnten für die langfristigen Aussichten mancher Projekte schmerzliche Auswirkungen haben. Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU): "Ich habe eine klare Priorisierung für alles, was wir tun: wünschenswert, erforderlich, notwendig." Sprich: Zuerst muss das Notwendige geplant, finanziert und umgesetzt werden, zuletzt das Wünschenswerte.
Im Zweifel, so der OB, "müssen andere Projekte neu priorisiert werden". Der Servicebetrieb gehört zur Daseinsvorsorge der Bürgerinnen und Bürger, "das öffentliche Leben würde ohne ihn zusammenbrechen", betonte Baureferent Ralf Brettin. Ob das nun Müllabfuhr, Winterdienst oder Wertstoffhof sei. Sebastian Remelé erklärte mit Blick auf die finanzielle Lage der Stadt und die nach wie vor unterdurchschnittlich fließende Gewerbesteuer: "Wir können uns Wünschenswertes nicht mehr leisten und Erforderliches nur in begrenztem Umfang."
Lob für detaillierte Auflistung in der Masterplanung
Rüdiger Köhler (CSU) brachte die Empfindung vieler Stadträte auf den Punkt: "Es ist schockierend und zugleich beeindruckend. Schockierend wegen der Kosten, beeindruckend wegen der Größe der Anlage und der Qualität der Masterplanung."
In der Tat erschließen sich die Kosten bei einer Erklärung über die Nutzung des 2,5 Hektar großen Areals und die unabdingbaren Vorgaben zum Beispiel für die zahllosen Maschinen und Fahrzeuge. Deren Zahl ist in den vergangenen Jahren auch gestiegen, weil der Grad der Automatisierung viel höher ist als früher, was auch weniger Mitarbeitende bedeutet.
Planer Franke schilderte zum Beispiel, dass ein Müllfahrzeug früher rund sieben Meter lang war, heute aber zwölf Meter misst, entsprechend breiter und höher sei und nicht mehr in die alten Unterstellhallen passe. Auch die Hallen müssen verschiedene Vorgaben erfüllen. Beim Winterdienst ist Frostfreiheit nicht deshalb wichtig, damit die Fahrer es kuschelig haben, sondern damit die vielen elektronischen Geräte nicht einfrieren oder das Fahrzeug vor dem Einsatz in der Nacht nicht aufwändig von Schnee und Eis befreit werden muss.
Von Brandschutz über Leitungsnetz bis zu Asbest
Die schiere Größe des Areals am Sennfelder Bahnhof erklärt die Kostenschätzung auch. Beim Abbruch bestehender Gebäude geht es um 46.500 Kubikmeter umbauten Raum – fast so viel wie das gesamte Theater der Stadt. Dazu kommt das Thema Schadstoffe, insbesondere Asbest. Die entsprechenden Entsorgungskosten sind mit eingerechnet.
Der Neubau beinhaltet eine Gebäudekubatur von 72.500 Kubikmetern, eineinhalb Mal so viel wie das Theater. Reiht man die notwendigen unterirdischen Leitungen aneinander, ergibt das eineinhalb Kilometer Länge. Das Planungsbüro hat großen Aufwand betrieben, die Struktur auf dem Gelände und in Absprache mit den Nutzenden die Notwendigkeiten zu erfassen. Insofern kommt die Kostenannahme der Realität relativ nahe.