Der Streit zwischen der Bauverwaltung und Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) auf der einen und der Koalition aus CSU und Grünen im Bauausschuss auf der anderen Seite, wegen der Sanierung der Keßlergasse 5 und 7 in der Schweinfurter Innenstadt, geht unvermindert hart weiter. Die Verwaltung verweigert die Baugenehmigung, da die Denkmalpflege die Pläne des Eigentümers strikt ablehnt.
In der jüngsten Bauausschusssitzung gab es die nächste Eskalationsstufe: Der OB hatte die im November vom Ausschuss befürwortete Baugenehmigung für rechtswidrig erklärt. Das Prozedere sieht vor, dass dem Ausschuss der rechtswidrige Beschluss zur Korrektur vorgelegt werden muss. Doch der Ausschuss blieb bei seiner Haltung, "denn es entspricht dem überwiegenden Wunsch des Bauausschusses", wie es CSU-Stadtrat Rüdiger Köhler ausdrückte. Nun wird die aus Sicht der Verwaltung immer noch rechtswidrige Genehmigung dem Stadtrat zur Korrektur vorgelegt. Bleibt die Mehrheitsmeinung, geht es zur Regierung von Unterfranken.
Die Anmerkung von Ordnungsreferent Jan von Lackum, der Ausschuss solle sich "bewusst sein, welchen Schaden er für den Ruf der Stadtverwaltung hier anrichtet", änderte ebenso wenig die Meinung der Befürworter wie die Aussage, die Regierung habe bemerkt, "dass sie so einen Fall noch nie hatte."
Denkmalpflege ist strikt gegen die Pläne des Schweinfurter Bauherren
In der Tat ist das Verhalten der Bauausschuss-Mehrheit bemerkenswert und auch ein Machtkampf zwischen dem Stadtrat und der Verwaltung, insbesondere Oberbürgermeister Remelé. Seit Monaten wird speziell über diesen Bauantrag in der Innenstadt gestritten, sind die Fronten zwischen Bauherrn und Stadtverwaltung verhärtet.
Das Gebäude Keßlergasse 5 ist ein Einzeldenkmal, durch die Umbaupläne des Eigentümers befürchtet die Denkmalpflege den Verlust der Denkmaleigenschaft. Aus ihrer Sicht hat das Gebäude eine „besondere stadtgeschichtliche Bedeutung“, es stammt aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Der Bauherr, ein Ehepaar aus Schweinfurt, beantragte, das Haus in der Keßlergasse 7 abzureißen und neu zu bauen sowie das daneben stehende Einzeldenkmal Keßlergasse 5 in Teilen abzureißen und wieder aufzubauen. Entstehen sollen im Erdgeschoss eine rund 130 Quadratmeter große Gewerbeeinheit, in den Obergeschossen mehrere Wohnungen.
Eine denkmalgeschützte Stuckdecke im ersten Stock sowie ein bauzeitlicher Türstock sollen erhalten werden. Um sie vom gewerblichen Erdgeschoss aus sichtbar zu machen, soll die Decke zum ersten Stock geöffnet werden. Aus Sicht der Denkmalpfleger ist diese Idee des Architekten des Bauherren "eine Degradierung zu einem lächerlichen Accessoire."
Die Denkmalpflege ist strikt gegen die Pläne des Bauherren, weil man befürchtet, dass die Umbauten so groß sind, dass das Haus seinen Denkmalcharakter verliert. Den eingereichten Entwurf des Architekten lehnen Bauverwaltung und Denkmalpflege ab. Den Entwurf des Stadtheimatpflegers Dag Schröder, selbst Architekt, lehnt wiederum der Bauherr als nicht umsetzbar ab.
Der Eigentümer, erklärt die Verwaltung in ihrer Vorlage, habe bezüglich der Pläne von Dag Schröder bis heute nicht schriftlich nachgewiesen, dass dieser Alternativvorschlag tatsächlich finanziell unzumutbar sei.
Warnung vor einem Präzedenzfall, der der Denkmalpflege nachhaltig schadet
Die Debatte zum Thema war relativ kurz. Ulrike Schneider (Zukunft./ödp) warnte eindringlich vor einer Genehmigung: "Wir öffnen Tür und Tor für ein Gebaren, das der Stadt nicht guttut." Da der Bauherr ihrer Kenntnis nach auch Mitbesitzer von historischen Häusern am Georg-Wichtermann-Platz ist, deren Abriss vor Jahren schon verweigert wurde, sei zu befürchten, "dass auch dort über kurz oder lang das Gleiche passiert."
Unterstützt wurde Schneider von Johannes Petersen (SPD): Man müsse "den Mut haben, sich den privaten Interessen des Investors zu widersetzen." Natürlich seien die Gebäude in schlechtem Zustand, doch das Beispiel Burggasse 17 zeige, was in Kooperation mit der Denkmalpflege möglich sei.
Holger Laschka (Grüne) hat da eine ganz andere Meinung. Der Stadtrat dürfe in eigener Hoheit Beschlüsse fällen, die aus stadtplanerischen Gründen den Denkmalschutz übergehen. Beide Gebäude seien "Schandflecke", so Laschka, "es kann nur eine Aufwertung geben." Er könne nicht nachvollziehen, "warum wir uns hier auf die Hinterbeine stellen", obwohl der Bauherr Decke und Türstock erhalten wolle.
Für die Pläne des Investors stimmten Werner Christoffel, Rüdiger Köhler, Uli Hader, Oliver Schulte, Theresa Schefbeck (alle CSU), Holger Laschka, Reginhard von Hirschhausen (beide Grüne), Adi Schön (Freie Wähler) sowie Julia Stürmer-Hawlitschek (SPD). Für das Versagen der Baugenehmigung stimmten Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU), Johannes Petersen (SPD), Ulrike Schneider (Zukunft./ödp) sowie Robert Striesow (Linke).
Warum kann der Vorschlag von Dag Schröder nicht aufgegriffen werden?
Da hoffe ich mal, dass die zukünftige Entwicklung in der Innenstadt wichtiger ist als die umfassende Erhaltung eines Baudenkmals, dessen Außenansicht durch Schaufenster und Fassadenverkleidung schon ziemlich verhunzt ist. Von dessen noch verblieben historischen Werten im Inneren haben bisher nur wenige etwas gesehen und - wenn es nach den Denkmalschützern geht - soll das auch zukünftig so bleiben. Das ist Denkmalschutz als reiner Selbstzweck und voll am Bürger vorbei.
Es ist typisch für unser Land, das menschgemachte Regeln gegen jede private Initiative antreten, auch Regeln, von denen wahrscheinlich niemand etwas hat.