zurück
Schweinfurt
Bauausschuss gegen Oberbürgermeister Remelé: Streit um Sanierung in der Keßlergasse geht weiter
Die Bauverwaltung versagt dem Eigentümer die Baugenehmigung, der Bauausschuss stimmt trotzdem dafür. Was die Regierung von dem Vorgang hält.
Neue Runde im Streit um die Baugenehmigung für die Keßlergasse 5 und 7 in Schweinfurt: Die Stadt hält den Beschluss des Bauausschusses für rechtswidrig und wird ihn der Regierung von Unterfranken zur Entscheidung vorlegen.
Foto: Oliver Schikora | Neue Runde im Streit um die Baugenehmigung für die Keßlergasse 5 und 7 in Schweinfurt: Die Stadt hält den Beschluss des Bauausschusses für rechtswidrig und wird ihn der Regierung von Unterfranken zur Entscheidung ...
Oliver Schikora
 |  aktualisiert: 08.02.2024 10:09 Uhr

Der Streit zwischen der Bauverwaltung und Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU) auf der einen und der Koalition aus CSU und Grünen im Bauausschuss auf der anderen Seite, wegen der Sanierung der Keßlergasse 5 und 7 in der Schweinfurter Innenstadt, geht unvermindert hart weiter. Die Verwaltung verweigert die Baugenehmigung, da die Denkmalpflege die Pläne des Eigentümers strikt ablehnt.

In der jüngsten Bauausschusssitzung gab es die nächste Eskalationsstufe: Der OB hatte die im November vom Ausschuss befürwortete Baugenehmigung für rechtswidrig erklärt. Das Prozedere sieht vor, dass dem Ausschuss der rechtswidrige Beschluss zur Korrektur vorgelegt werden muss. Doch der Ausschuss blieb bei seiner Haltung, "denn es entspricht dem überwiegenden Wunsch des Bauausschusses", wie es CSU-Stadtrat Rüdiger Köhler ausdrückte. Nun wird die aus Sicht der Verwaltung immer noch rechtswidrige Genehmigung dem Stadtrat zur Korrektur vorgelegt. Bleibt die Mehrheitsmeinung, geht es zur Regierung von Unterfranken.

Die Anmerkung von Ordnungsreferent Jan von Lackum, der Ausschuss solle sich "bewusst sein, welchen Schaden er für den Ruf der Stadtverwaltung hier anrichtet", änderte ebenso wenig die Meinung der Befürworter wie die Aussage, die Regierung habe bemerkt, "dass sie so einen Fall noch nie hatte."

Denkmalpflege ist strikt gegen die Pläne des Schweinfurter Bauherren

In der Tat ist das Verhalten der Bauausschuss-Mehrheit bemerkenswert und auch ein Machtkampf zwischen dem Stadtrat und der Verwaltung, insbesondere Oberbürgermeister Remelé. Seit Monaten wird speziell über diesen Bauantrag in der Innenstadt gestritten, sind die Fronten zwischen Bauherrn und Stadtverwaltung verhärtet.

Das Gebäude Keßlergasse 5 ist ein Einzeldenkmal, durch die Umbaupläne des Eigentümers befürchtet die Denkmalpflege den Verlust der Denkmaleigenschaft. Aus ihrer Sicht hat das Gebäude eine „besondere stadtgeschichtliche Bedeutung“, es stammt aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Der Bauherr, ein Ehepaar aus Schweinfurt, beantragte, das Haus in der Keßlergasse 7 abzureißen und neu zu bauen sowie das daneben stehende Einzeldenkmal Keßlergasse 5 in Teilen abzureißen und wieder aufzubauen. Entstehen sollen im Erdgeschoss eine rund 130 Quadratmeter große Gewerbeeinheit, in den Obergeschossen mehrere Wohnungen.

Eine denkmalgeschützte Stuckdecke im ersten Stock sowie ein bauzeitlicher Türstock sollen erhalten werden. Um sie vom gewerblichen Erdgeschoss aus sichtbar zu machen, soll die Decke zum ersten Stock geöffnet werden. Aus Sicht der Denkmalpfleger ist diese Idee des Architekten des Bauherren "eine Degradierung zu einem lächerlichen Accessoire."

Um diese Decke und den Türstock geht es unter anderem in der Diskussion um die Sanierung des Einzeldenkmals Keßlergasse 5 in Schweinfurt.
Foto: Oliver Schikora | Um diese Decke und den Türstock geht es unter anderem in der Diskussion um die Sanierung des Einzeldenkmals Keßlergasse 5 in Schweinfurt.

Die Denkmalpflege ist strikt gegen die Pläne des Bauherren, weil man befürchtet, dass die Umbauten so groß sind, dass das Haus seinen Denkmalcharakter verliert. Den eingereichten Entwurf des Architekten lehnen Bauverwaltung und Denkmalpflege ab. Den Entwurf des Stadtheimatpflegers Dag Schröder, selbst Architekt, lehnt wiederum der Bauherr als nicht umsetzbar ab.

Der Eigentümer, erklärt die Verwaltung in ihrer Vorlage, habe bezüglich der Pläne von Dag Schröder bis heute nicht schriftlich nachgewiesen, dass dieser Alternativvorschlag tatsächlich finanziell unzumutbar sei.

Warnung vor einem Präzedenzfall, der der Denkmalpflege nachhaltig schadet

Die Debatte zum Thema war relativ kurz. Ulrike Schneider (Zukunft./ödp) warnte eindringlich vor einer Genehmigung: "Wir öffnen Tür und Tor für ein Gebaren, das der Stadt nicht guttut." Da der Bauherr ihrer Kenntnis nach auch Mitbesitzer von historischen Häusern am Georg-Wichtermann-Platz ist, deren Abriss vor Jahren schon verweigert wurde, sei zu befürchten, "dass auch dort über kurz oder lang das Gleiche passiert."

Unterstützt wurde Schneider von Johannes Petersen (SPD): Man müsse "den Mut haben, sich den privaten Interessen des Investors zu widersetzen." Natürlich seien die Gebäude in schlechtem Zustand, doch das Beispiel Burggasse 17 zeige, was in Kooperation mit der Denkmalpflege möglich sei.

Holger Laschka (Grüne) hat da eine ganz andere Meinung. Der Stadtrat dürfe in eigener Hoheit Beschlüsse fällen, die aus stadtplanerischen Gründen den Denkmalschutz übergehen. Beide Gebäude seien "Schandflecke", so Laschka, "es kann nur eine Aufwertung geben." Er könne nicht nachvollziehen, "warum wir uns hier auf die Hinterbeine stellen", obwohl der Bauherr Decke und Türstock erhalten wolle.

Für die Pläne des Investors stimmten Werner Christoffel, Rüdiger Köhler, Uli Hader, Oliver Schulte, Theresa Schefbeck (alle CSU), Holger Laschka, Reginhard von Hirschhausen (beide Grüne), Adi Schön (Freie Wähler) sowie Julia Stürmer-Hawlitschek (SPD). Für das Versagen der Baugenehmigung stimmten Oberbürgermeister Sebastian Remelé (CSU), Johannes Petersen (SPD), Ulrike Schneider (Zukunft./ödp) sowie Robert Striesow (Linke).

 
Themen & Autoren / Autorinnen
Schweinfurt
Oliver Schikora
Adi Schön
Bauherren
Christlich Soziale Union Bayern Werneck
Denkmalpflege
Georg-Wichtermann-Platz
Jan von Lackum
Oliver Schulte
Regierung von Unterfranken
Rüdiger Köhler
Sebastian Remelé
Stadt Schweinfurt
Stadtverwaltung Schweinfurt
Uli Hader
Werner Christoffel
Lädt

Damit Sie Schlagwörter zu "Meine Themen" hinzufügen können, müssen Sie sich anmelden.

Anmelden Jetzt registrieren

Das folgende Schlagwort zu „Meine Themen“ hinzufügen:

Sie haben bereits von 50 Themen gewählt

bearbeiten

Sie folgen diesem Thema bereits.

entfernen
Kommentare
Aktuellste
Älteste
Top
  • Florian Evenbye
    Wozu wollen die Stadträte eigentlich Neubauten an dieser Stelle? Man kann froh sein, dass es noch ein paar Denkmäler in dem Gebiet gibt. Saniert kann es ein Schmuckstück werden. Ansonsten kann man gleich ins Shoppingcenter gehen und braucht keine Innenstadt.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Peter Warmuth
    Man sollte schon wissen, was Denkmalschutz bedeutet. Bei diesem Objekt scheiden sich offensichtlich die Geister. Und das zu Recht. Erhaltenswert ist lediglich der Innenbereich in Teilabschnitten. Aber da hört es schon auf. Warum wurde damals diese gruselige Fassade erst genehmigt? Jetzt kommt man um die Ecke und möchte das Rad neu erfinden.....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • E. Böhrer
    Dieser Stil des "Sanierens" ist doch leider schon weit verbreitet: Einfach warten, bis es so unansehlich ist, dass es zusammenfällt oder keiner mehr versteht, warum es stehen bleiben soll. Und den Mieter der 130 qm großen Gewerbeeinheit muss man auch erst haben oder hat man schon.
    Warum kann der Vorschlag von Dag Schröder nicht aufgegriffen werden?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Mike Rösler-Fischer
    Frau Schneider gebe ich voll Recht. Ein komödienstadel ist dies. Schweinfurt ist an vielen Ecken eine Schande.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Peter Warmuth
    An diesem Beispiel erkennt man deutlich, dass man Sturheit über Vernunft legt. Die Keßlergasse ist mittlerweile so unattraktiv geworden, dass ein Aussterben der Innenstadt die Folge ist. Ein Konzept zur Belebung scheitert, wenn man in diesem Stil "weiter regiert". Man kann sich das Leben selbst erschweren und ist hier bei diesem Beispiel auf dem besten Wege.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Klaus Krug
    Solange dieses Haus leer steht, werden junge Künstler der Gegenwart die Fassade als Leinwand nutzen. Diesen Leerstand will der Eigentümer ja beenden und hat dafür die Zustimmung des Bauausschusses und in Kürze hoffentlich auch die Zustimmung der Stadtratsmehrheit. Und die Damen und Herren Stadträte, welche ja die Gesamtheit der Schweinfurter vertreten, werden bestimmt die Interessen von Stadt und Denkmalschutz sorgfältig gegeneinander abwägen.

    Da hoffe ich mal, dass die zukünftige Entwicklung in der Innenstadt wichtiger ist als die umfassende Erhaltung eines Baudenkmals, dessen Außenansicht durch Schaufenster und Fassadenverkleidung schon ziemlich verhunzt ist. Von dessen noch verblieben historischen Werten im Inneren haben bisher nur wenige etwas gesehen und - wenn es nach den Denkmalschützern geht - soll das auch zukünftig so bleiben. Das ist Denkmalschutz als reiner Selbstzweck und voll am Bürger vorbei.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Dieter Hartwig
    Ich persönlich kann nur einen Schandfleck in der Kesslergasse sehen und kein Denkmal. Die Decke und der Türstock im Bild sind für mich auch kein Denkmal. Soll es stehen bleiben -für wen?
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Hans-Ullrich Völker
    Zum Glück hat Schweinfurt nur dieses eine marode Haus, über das dauernd berichtet wird. Zum Glück ist alles andere in der Stadt tip-top in Ordnung und entspricht dem veränderungsfreien Denkmalschutz.
    Es ist typisch für unser Land, das menschgemachte Regeln gegen jede private Initiative antreten, auch Regeln, von denen wahrscheinlich niemand etwas hat.
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Ulrike Schneider
    Der Eigentümer dieser Immobilie kümmert sich ganz bewusst nicht um den desaströsen Zustand seines Hauseingangs… nach dem Motto: Irgendwann wird der Anblick für alle eine Zumutung, dann darf abgerissen werden. Die Rechnung scheint leider aufzugehen…
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten
  • Peter Warmuth
    Frau Schneider, man kann alles so sehen, wie man es gerne für seine Zwecke nutzen könnte. Das sind gegenüber dem Hauseigentümer schon ziemlich schwere Vorwürfe. Es ist Ihre persönliche Meinung und so sollten sie diese auch für sich selbst betrachten. Schlechter Stil scheint ihnen zu liegen....
    • Bitte melden Sie sich an Gefällt mir () Gefällt mir nicht mehr ()
    • Antworten