In eine neue Sehenswürdigkeit Schweinfurts hat sich das Haus in der Burggasse 17 im Zürch verwandelt: Aus einer Bruchbude wurde wieder ein prächtiges Bürgerhaus mit geschwungenem Volutengiebel und mit rotem und gelbem Fachwerk an den Seiten.
Dass sich das wohl älteste Bürgerhaus der Stadt aus dem 16. Jahrhundert zu so einem Schmuckstück entwickelte, verdankt es den neuen Eigentümern Philomena und Peter Müller. Das Restauratorenpaar erhielt jetzt dafür den mit 25.000 Euro dotierten Förderpreis des Bezirks Unterfranken.
Jeden Tag aufs Neue begeistert sich der Kirchenmaler an seinem Bau, entdeckt immer wieder Besonderes, Ausgefallenes, Details aus der Bauzeit: Unzählige Malereien an Wänden, Decken und Balken, ein liebevoll gefertigtes Wandschränkchen aus dem frühen 16. Jahrhundert, eine Ofennische aus dem 18. Jahrhundert oder intakte Beschläge und -schlösser an Türen von 1562. "Wenn man als Handwerker so etwas erlebt, das zieht einem die Schuhe aus", schwärmte der Restaurator. "So ein Haus muss man spüren".
Ein Investor nach dem anderen sprang ab – dann kam das Ehepaar Müller
Das gelang offenbar den drei vorherigen Eigentümern nicht. Wie Oberbürgermeister Sebastian Remele bei der Preisverleihung in der Salvatorkirche nebenan erläuterte, hatte sich die Stadt seit 1996 über das "Schweinfurter Modell" um das Gebäude bemüht. Sie kaufte es von den Privatbesitzern, ließ Voruntersuchungen durchführen, die Grenzmauer sanieren und die Bodenordnung zu den Nachbarn erledigen. Drei Investoren fand sie in der Folgezeit, drei zogen sich wieder zurück.
Denn das Gebäude bot seit dem Zweiten Weltkrieg einen erbärmlichen Anblick. Bei einem Bombenangriff war der Renaissancegiebel und ein großer Teil des Daches getroffen, dann abgerissen und nicht mehr aufgebaut worden. Mit Dachpappe und Pultdach wurde der Rest des Obergeschosses einfach abgedeckt, der große Hof mit Nebengebäuden bestückt. Stadttauben bevölkerten schließlich den Dachboden, richteten weiteren Schaden an.
Stand hier die Burg der Henneberger? Manches deutet darauf hin
Nichts war mehr sichtbar von der einstigen Pracht des Anwesens, dessen Anfänge bis in die Zeit vor dem großen Stadtverderben 1554 zurückreicht. Peter Müller vermutet sogar, dass dort die Burg der Henneberger gestanden haben könnte, die der Gasse auch den Namen gab. Denn der Gewölbekeller unter dem Gebäude stimmt nicht mit dem Grundriss des Erdgeschosses überein. Überdies wurden unter dem entfernten Lehmputz im Erdgeschoss, an dem derzeit noch saniert wird, weit gespannte Bögen in der Außenwand sichtbar. Und in den Ecken tauchten Sandsteinkonsolen auf, die nur schwer einzuordnen sind. "Die Rück- und die Außenwand dürften aus der Zeit stammen."
In diesen Erdgeschossräumen gab es im 17. Jahrhundert die Wirtschaft "Zum grünen Baum". "Da drüben war die Küche dazu", deutete der Bauherr bei der Führung durchs Haus in den Nebenraum. Den Kamin entdeckte er ebenfalls unterm Putz.
Im Fachwerkgebäude waren Fremdenzimmer für die Posthalterei untergebracht
An das stattliche Renaissance-Vorderhaus, das früher auch eine Kutschenstation gleich neben der Salvator-Kirche beherbergte, bauten die damaligen Eigentümer ab 1563 das zweigeschossige und lang gestreckte Fachwerkgebäude nach hinten an. "Das waren dann die Fremdenzimmer zu der Posthalterei oder dem Fuhrunternehmen", meinte Müller.
Dass die Besitzer sehr wohlhabend gewesen sein dürften, machte der Fachmann auch an den Baumaterialien aus. Denn unter der zehn bis 15 Zentimeter dicken Lehmputzschicht an Decken und Wänden kamen mächtige Eichenbalken zum Vorschein.
Ein besonders eindrucksvolles Exemplar überspannt die Eingangshalle und trägt das Gebäude: Bis zu 80 Zentimeter dick und 17 Meter lang ist das Holz. "Das Haus ist sehr solide gebaut, das dürfte ein Amtshaus gewesen sein", folgerte der Restaurator, und wies auf die hohen, festlichen Räume hin.
Die Lehmputzschicht im ganzen Hausen konservierte alles, was darunter war und bewahrte es vor Schäden. "Im 17. Jahrhundert kam das Fachwerk aus der Mode und alles wurde überputzt", wusste der Restaurator. Bei späteren Umbauten wurden die Versorgungsleitungen auf den Putz gelegt, so dass Balken und Wände darunter verschont blieben. Was den guten Zustand erklärte.
Dennoch brauchte Müller bei der Sanierung die finanzielle Hilfe des Landesamts für Denkmalpflege und anderer Geldgeber. Schließlich baute er mit den verschiedenen Fachfirmen den Renaissance-Giebel wieder originalgetreu auf und ergänzte das im Krieg zerstörte vordere Dach. Der historische Laubengang zum Innenhof hin wurde wieder instand gesetzt.
Wohnen mitten in der Stadt, in historischem Ambiente
Drei große Mietwohnungen hat Müller mit seinem Architekten Friedrich Staib dort geschaffen, inklusive Wärmedämmung, Fußbodenheizung, Wärmepumpe als Energiequelle und Glasfaseranschluss. Für das Erdgeschoss sucht er noch einen passenden Gewerbetreibenden.
Für Schweinfurt sei es ein "Glücksgriff" gewesen, dass zwischen den neuen Bauherren und dem Baudenkmal eine "Liebesheirat" zustande gekommen sei, meinte OB Remelé. Man sei der Familie Müller zu größtem Dank für ihre "Sisyphus-Arbeit" verpflichtet.
Förderpreis der Unterfränkischen Kulturstiftung
Die diesjährigen Preisträger sind: Philomena und Peter Müller (Schweinfurt) mit dem Bürgerhaus des 16. Jahrhunderts; Simone und Raymund Müller (Bad Kissingen) mit dem ehemaligen Solereservoir; Heidi und Thomas Stintzing (Obernbreit, Lkr. Kitzingen) mit einem ehemaligen Bäckeranwesen um 1700; Brigitta Böhme und Bernard Esposito (Burgsinn, Lkr. Main-Spessart) mit dem Fronhofer Schlösschen; Linda und Felix Bendikowski (Eibelstadt, Lkr. Würzburg) mit einem Winzeranwesen von 1597; der Markt Mömbris (Lkr. Aschaffenburg) mit dem Hermann Dümig-Haus, einem Gebäudekomplex aus dem frühen 19. Jahrhundert.
- einfacher, so ein Projekt zu verwirklichen, als für eine Privatperson, die sich dann für alles Fachleute holen muss
und natürlich auch
- billiger, denn was ich selber machen kann, dafür brauche ich keine Firma, die ich teuer bezahlen muss!
Nichtsdestotrotz ist es eine Leistung, die absolute Anerkennung und Hochachtung verdient, dieses Schmuckstück aus seinem Dornröschenschlaf erweckt zu haben und den Rest Schweinfurter Altstadt um ein Juwel bereichert zu haben! Da merkt man dann doch, dass es für die Müllers nicht einfach ein "Job" ist, den sie da erledigen, sondern dass sie da mit Leib und Seele und viel Herzblut in ihrem Beruf ihre Berufung gefunden haben - sonst hätten sie sich dieses Projekt nicht privat an Land gezogen. Hochachtung und große Begeisterung!